Die Sicherheitsparteien |
Geschrieben von Ralf Leonhard | |
Mittwoch, 7. November 2007 | |
Die Koalitionsparteien werden wider besseren Wissens an ihrer Fremdenrechtspolitik festhalten, meint Ralf Leonhard. Wenn Kritik am Fremdenrecht laut wird, wie zuletzt von Verfassungsgerichtshofspräsident Karl Korinek, so heißt es in den Regierungsparteien unisono, man sehe keinen Handlungsbedarf, in zwei Jahren werde man evaluieren. Es gibt wenige Politikbereiche, wo man Fakten so wenig zur Kenntnis nehmen will, wie im Fremdenrecht. Nach Flüchtlingswellen in den 1990er Jahren und der spürbaren Verengung des Arbeitsmarktes vertiefte sich die zuwanderungsfeindliche Grundstimmung in der Bevölkerung. Getrieben von populistischer Angstmache der FPÖ beschlossen SPÖ- und ÖVP-geführte Regierungen immer höhere Hürden für Zuwanderung einerseits und Asyl andererseits.Nicht nur die üblichen Verdächtigen, wie Grüne und Amnesty International finden diese Abschottungspolitik verfassungsrechtlich bedenklich und wirtschaftlich kontraproduktiv. Der Wirtschaftsflügel der ÖVP hat längst erkannt, dass der derzeit schnurrende Konjunkturmotor ohne Zuwanderung nicht ausreichend genährt werden kann und die Demographen sind sich einig, dass ein für das Sozialsystem verheerender Bevölkerungsschwund durch Gebärprämien allein nicht gebremst werden kann. Diese Diskussionen finden aber außerhalb des Parlaments statt. Für die Regierungsparteien ist Fremdenpolitik eine Sicherheitsmaterie und untersteht daher konsequenter Weise dem Innenminister. Verfassungswidrigkeiten werden in Kauf genommen, weil sie erstens erlauben, schneller durchzugreifen und zweitens nur in äußerst überschaubaren Zirkeln Empörung auslösen. Die breite Bevölkerung hat damit keine Probleme. Dafür sorgen schon die alarmistischen Schlagzeilen der Boulevardpresse, wenn ein Ausländer beim Dealen oder beim Einbruch ertappt wird. Es ist politisch ertragreich, sich als „Sicherheitspartei“ zu profilieren. Das Etikett „Menschenrechtspartei“ oder gar „Zuwanderungspartei“ überlässt man gerne den Grünen. Der Verfassungsgerichtshof wird nach und nach die menschenrechtswidrigen Bestimmungen außer Kraft setzen müssen. Auf ein Entgegenkommen der Regierungsparteien kann er nicht hoffen. Man muß kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass bei der Evaluierung in zwei Jahren kein Bedarf für Entschärfungen festgestellt werden wird. Denn dann herrscht bereits Vorwahlkampf. |
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