Samstag, 24. Januar 2009
 
Die Polizei darf alles PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Bernhard Redl   
Mittwoch, 30. Januar 2008

Eine Dokumentation des ORF zeigt die Staatsmacht wieder einmal äußerst unkritisch. Der politische Kontext ist dabei kaum zu übersehen.

Ein Häftling wird nackt und mit auf den Rücken gefesselten Händen von Justizwachebeamten in eine Isolationszelle geschleift und dort aufs Bett geworfen. Das ist keine Szene aus einem Spielfilm und auch keine aus einer Dokumentation über die Brutalität in türkischen Gefängnissen. Nein, es handelt sich um eine — nachgestellte — Szene aus einer äußerst wohlwollenden Dokumentation über die österreichische Polizei-Eliteeinheit “Cobra” (aus der Reihe: Menschen & Mächte, letzten Donnerstag auf ORF2). Gezeigt wird die Verbringung des bereits festgenommenen Geiselnehmers Adolf Schandl. Off-Ton der Doku: Die Geiselnehmer werden “einzeln in eine spezielle Absonderungszelle gesperrt”. Vorher wurde geschildert, wie böse und brutal Schandl bei seinem Ausbruchsversuch inclusive Geiselnahme 1996 in der Karlau gewesen war. Kein Wort der Kritik über eine solche Behandlung, der Zuseher erhält den Eindruck, der Delinquent habe nichts Besseres verdient.

Daß Menschenrechte auch für die schlimmsten Verbrecher zu gelten haben, ist kein Kontext, der in dieser Dokumentation zu finden gewesen wäre — hier wird eine herabwürdigende, rechtlich wie gerichtlich nicht gedeckte und durch sämtliche Menschenrechtskonventionen geächtete Bestrafung exekutiert. Zudem ist eine dauerhafte Fesselung eines tobenden Häftlings eine schwere Gefährdung und kann sehr leicht zu einem “plötzlichen Gewahrsamstod” führen, besonders dann, wenn der Gefangene dann auch noch ohne Aufsicht bleibt, wie im Film dargestellt.

Der Zuseher erfährt nicht, ob sich diese Szene wirklich so abgespielt hat, oder ob die Phantasie des Regisseurs, der das Geschehene nachstellen ließ, hier mit ihm durchgegangen ist. Was bleibt, ist die Botschaft, daß man mit bösen Buben so verfahren kann, ja geradezu muß. Das Strafgesetzbuch indessen sieht das anders: “Quälen oder Vernachlässigen eines Gefangenen” ist mit bis zu zwei Jahren Haftstrafe bedroht, bei Folgeschäden aber auch noch höher (StGB §312) — ein Paragraph allerdings, der in österreichischen Amtsstuben wohl eher unter “Kavaliersdelikte” abgelegt ist.


Auch die Schilderung des Endes einer anderen Geiselnahme Anfang der 80er-Jahre, die mit dem Tod des Geiselnehmers endete, der im Bericht als “vermutlich psychisch kranker jugoslawischen Gastarbeiter” bezeichnet wurde, erscheint sehr bedenklich. Einmal abgesehen davon, daß die Erwähnung seiner Nationalität entbehrlich erscheint, darf dann auch noch der damalige Kommandant, der nunmehrige General a.D., Johannes Pechter, im Interview vermelden: “Ich bin heute noch stolz: Von den vier Beamten, die von der Waffe Gebrauch gemacht haben, wurden niemals die Namen genannt. Nicht einmal das Ministerium hat davon Bescheid gewußt”. Sprich: Es gab nicht einmal im Ansatz eine unabhängigen Untersuchung. Ein Mensch kommt zu Tode, jedes Nachfragen wird im Keim erstickt und alle sind happy darüber. Einen “vermutlich psychisch kranken jugoslawischen Gastarbeiter” darf man als Cobra-Mann ja ruhig über den Haufen schiessen.

Der Rest der völlig unkritischen Dokumentation von Andreas Mannsberger besteht hauptsächlich aus einem Bericht über der Sicherungsmaßnahmen beim Papstbesuch und der Schilderung, wie hart die Burschen in der Ausbildung herangenommen werden, wenn sie richtige Cobra-Männer werden wollen.


Begründet wurde die jetzige Ausstrahlung dieser Polizei-Belangsendung mit dem 30-jährigen Bestehen der Eliteeinheit. Doch fällt diese Doku gerade in eine Zeit, wo die Polizei wegen ihres Umgangs mit Asylwerbern immer mehr ins Gerede kommt. Währenddessen rüstet Minister Platter massiv auf — mit der Begründung “Euro 08”. Unter anderem bekommt die Polizei für ihre “Greiftrupps” 180 spezielle Körperschlagschutzsysteme. Da werden wir uns bei den nächsten Demos auf richtige Robocops freuen dürfen.

Und es paßt ins Bild, wie die Umsetzung der Datenvorratsspeicherungs-Richtlinie im Parlament passiert ist; genauso wie zu befürchten steht, daß die polizeifreundlichste Fassung des derzeit diskutierten Entwurfs zur legistischen Verankerung der Online-Durchsuchung (“Bundestrojaner”) vom Innenminister durchgedrückt werden wird.

Wir sind alle unter Verdacht. Alle — außer den Polizisten selbst. Oder wie schon Georg Kreisler forderte: “Schützen wir die Polizei vor Verdruß und Schererei!”

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