Samstag, 24. Januar 2009
 
Bolivien: Ständige Putschgefahr PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Harald Neuber   
Freitag, 7. Dezember 2007

Angesichts der anhaltenden politischen Spannungen in Bolivien möchte Staatspräsident Evo Morales die Bevölkerung in einem Referendum über die Fortsetzung seiner Präsidentschaft entscheiden lassen. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines drohenden Staatsstreiches möchte sich Präsident Morales der breiten Unterstützung der Bevölkerung für sein  linksgerichtetes politisches Projekt versichern.

Boliviens Staatschef Evo Morales will die Bevölkerung in einer Volksabstimmung über die Fortführung seiner Präsidentschaft entscheiden lassen. Das verkündete er in der Nacht zum Donnerstag in der nationalen Presse. Zugleich fordert er Referenden über die politischen Ämter von sechs oppositionellen Gouverneuren. "Das Volk soll entscheiden, ob es diese Etappe politischer Veränderung unterstützt oder nicht", sagte Morales. Dies sei notwendig, um weitere Tote und Verletzte in der politischen Auseinandersetzung zwischen seiner Regierung und der rechten Opposition zu vermeiden.

Am 24. November legte die verfassunggebende Versammlung in der zentralbolivianischen Stadt Sucre den Text für eine reformierte Konstitution vor. Die Regierungsgegner hatten die Arbeit im Verfassungskonvent seit August 2006 blockiert. In den vergangenen Wochen und Monaten waren Konventsmitglieder der Regierungspartei "Bewegung zum Sozialismus" (MAS) zudem Opfer physischer Angriffe geworden. Als die Versammlung ihre Arbeit daraufhin in eine Kaserne verlagerte, zogen sich die Vertreter der Oppositionsparteien zurück. Sie protestieren nun in mehreren Regionen des Landes gegen die neue Verfassung. Durch sie würde die Kontrolle über die natürlichen Ressourcen Boliviens demokratisiert, zudem sollen der indigenen Bevölkerungsmehrheit mehr Rechte zugestanden werden.

Um den festgefahrenen Streit mit den meist weißen und wohlhabenden Widersachern endgültig zu entscheiden, will Morales nun einen Gesetzesvorschlag im Kongress einbringen, mit dem die Möglichkeit von Abwahlreferenden geschaffen würde. Die Initiative soll im ersten Semester 2008 gesetzkräftig werden. Unklar ist jedoch, welche Chancen das Projekt hat. Denn während Morales' MAS im Abgeordnetenhaus des Kongresses die Mehrheit hat, kontrolliert die rechte Opposition den Senat aus 27 Mitgliedern.

Doch die Regierungsgegner arbeiten nicht nur auf der parlamentarischen Ebene gegen Morales. Mit einem landesweiten Hungerstreik wollen sie den Druck auf die sozialistische Staatsführung erhöhen. Zum einen wollen die Morales-Gegner damit erreichen, dass die MAS die Verfassungsreform aufgibt, zum anderen protestiert sie gegen die Kürzung der Haushalte der neun Departements. Aus den Einsparungen, die vor wenigen Tagen auf Regierungsebene beschlossen wurden, soll eine neu eingeführte Sonderrente bezahlt werden.

Zeitgleich zu der politischen Kampagne im Land versucht die Opposition, international Stimmung gegen die Regierung von Evo Morales zu machen. Am Dienstag kam eine Delegation regierungskritischer Gruppen mit Vertretern der Organisation Amerikanischer Staaten in Washington zusammen. Doch die Regionalgruppierung hielt sich zurück. Man werde höchstens einen einzelnen Berichterstatter nach Bolivien entsenden, und nicht, wie das von der Opposition gefordert worden war, eine offizielle Beobachtungsmission. Schließlich handele es sich nicht um eine "Krise auf hohem Niveau".

Das könnte sich allerdings ändern. Am Donnerstag warnte Carlos Romero, Regierungsabgeordneter im Verfassungskonvent, vor der erneuten Gefahr eines Putsches in Bolivien. Die Opposition solle erklären, warum sich einige ihrer Vertreter in den USA mit dem Ex-Präsidenten Gonzalo Sánchez de Lozada getroffen haben, forderte er. Denn nicht nur das sei ein "Anzeichen für einen geplanten Staatsstreich", sagte Romero und fügte an: "Wenn es dazu kommt, ginge es ihnen darum, Evo Morales zu ermorden." Die Opposition gegen die sozialistische Regierung werde nicht noch einmal einen Fehler begehen wie ihre Gesinnungsfreunde in Venezuela, vermutete Romero. Im April 2002 hatten dort Unternehmer und rechsgerichtete Militärs gegen die Linksregierung von Hugo Chávez geputscht. Nach wenigen Stunden war Chávez wieder aus der Geiselhaft der Putschisten freigekommen, der Aufstand konnte daraufhin endgültig niedergeschlagen werden.

Quelle und weiterführende Informationen:
www.haraldneuber.de
www.amerika21.de

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