Die AGEZ, Arbeitsgemeinschaft Entwicklungspolitik, der österreichischen entwicklungspolitisch engagierten NGOs, vermißt bei den zögerlichen Koalitionsverhandlungen ein Bekenntnis zu den Millenniums-Entwicklungszielen und zur gesetzlich verankerten aber stets vernachlässigten Kohärenz der Politik.
NGOs richten entwicklungspolitische Forderungen an die Politik Wien, 18. Dezember 2006 – Anlässlich der aktuellen Koalitionsverhandlungen von SPÖ und ÖVP rufen die entwicklungspolitischen NGOs den Verhandlungsteams die Bedeutung der Entwicklungspolitik in Erinnerung. Die im Dachverband AGEZ zusammengeschlossenen NGOs haben bereits vor der Nationalratswahl ihre Zielsetzungen an die künftige Regierung und Nationalrat vorgelegt. Sie erwarten von der neuen Regierung quantitative und qualitative Fortschritte in der Entwicklungspolitik und haben konkrete Ziele formuliert, die bei entsprechendem politischen Willen in die kommende Regierungserklärung aufgenommen werden können. „Entwicklungspolitik und Entwicklungszusammenarbeit dürfen neben wichtigen innenpolitischen Themen, die derzeit verhandelt werden, nicht vergessen werden“, appelliert Elfriede Schachner, Geschäftsführerin der AGEZ, eindringlich an die Verhandlungschefs Dr. Gusenbauer von der SPÖ und Dr. Schüssel von der ÖVP. „Entwicklungspolitik trägt entscheidend dazu bei, weltweit gerechte Verhältnisse zu schaffen und den Menschen Wege aus der Armut zu erschließen. Als eines der reichsten Länder muss Österreich eine größere globale Verantwortung übernehmen und Entwicklungspolitik als Aufgabe quer durch alle anderen Politikbereiche verankern“, so Schachner. Kohärenz bedeutet, dass alle Politikfelder wie Außen-, Wirtschafts-, Finanz- und Agrarpolitik mit den Zielen der Entwicklungspolitik abgestimmt werden sollten. Beispiel Landwirtschaft: Österreich kann nicht im Rahmen der EU die Liberalisierung im Agrarsektor und handelsverzerrende Subventionen für Agrarprodukte in arme Länder unterstützen, durch deren Verkauf zu Dumpingpreisen die Kleinbäuerinnen im Süden in den Ruin getrieben werden, und gleichzeitig Entwicklungsprojekte fördern, die dann als Pflaster diese Armutslöcher wieder überkleben sollen. Die AGEZ weist auf den Zusammenhang von Umwelt und Entwicklung hin und fordert Maßnahmen im Bereich Klimawandel. Im Bereich Migration und Entwicklung tritt sie gegen die Verknüpfung der Entwicklungshilfezahlungen mit einer restriktiven Migrationspolitik in den Herkunftsländern der Flüchtlinge auf. Sie fordert einen verbindlichen Stufenplan für die Erreichung des Ziels, 0,7% des BNE für Entwicklungszusammenarbeit aufzuwenden. Die AGEZ fordert Schuldenerlass und innovative Finanzierungsinstrumente wie z.B. eine Devisentransaktionssteuer, um die ehrgeizigen Millenniumsentwicklungsziele (Halbierung der weltweiten Armut) bis 2015 erreichen zu können. Die AGEZ setzt sich für die Stärkung der Zivilgesellschaft und einen eigenen NGO-Budgetbereich ein, betont die Bedeutung der entwicklungs-politischen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, fordert mehr Gerechtigkeit im Welthandel und mehr Engagement in den Bereichen HIV/AIDS und Gesundheit.
Dass die Arbeit der Entwicklungsorganisationen über den eigenen Tellerrand von Inlandsarbeit und Projektarbeit in Afrika, Asien und Lateinamerika hinausgeht, zeigt auch ihre Forderung nach rechtlichen Rahmenbedingungen und Corporate Social Responsibility für Firmen. In Entwicklungsländern tätige Unternehmen aus den Industrieländern müssen Menschenrechte, Sozial- und Umweltstandards auch dort einhalten. Die neue Regierung möge zur besseren Verankerung der großen entwicklungspolitischen Herausforderungen wie Armut, Globalisierung und Migration in der Regierungsarbeit ein Zentrum innerhalb der Regierungsstrukturen schaffen. Die AGEZ-Forderungen an die neue Regierung sind abrufbar unter www.agez.at (Positionspapiere).
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