Geschrieben von Ralf Leonhard
|
Freitag, 14. Dezember 2007 |
Was geht in einem Politiker vor, wenn er mit einem Federstrich die Zukunft eines Menschen vernichtet?
Österreichs Innenminister Günther Platter hätte von seinem Recht, der 15jährigen Arigona Zogaj und ihrer Mutter humanitären Aufenthalt zu gewähren, Gebrauch machen können und damit zweierlei signalisiert: erstens hat auch der als Hardliner positionierte Sicherheitsfanatiker ein Herz und zweitens zahlt es sich aus, sich vorbildlich zu integrieren. Die Zogaj-Kinder sind in Oberösterreich aufgewachsen und haben da ihre Ausbildung genossen. Die bereits abgeschobenen Geschwister haben im Kosovo weder Freunde, noch Aussichten auf einen Job. Platter hätte die humane Geste als weihnachtlichen Gnadenakt verpacken können, ohne damit von seiner Linie „Gesetz ist Gesetz und gehört vollzogen“ abweichen zu müssen. Er hat sich dagegen entschieden und das, wie man annehmen muß, mit dem vollen Rückhalt der ÖVP-Führung. Die erwartbare Schelte von SPÖ, Grünen, Menschenrechtsorganisationen und den meisten Medien nahm er gern in Kauf um unmissverständlich klarzustellen: Österreich macht die Grenzen dicht.
Man dürfe Asyl nicht mit Zuwanderung vermischen, mahnt Platter immer wieder ein, so als hätten er und seine Parteifreunde nicht dafür gesorgt, dass legale Einwanderung aus Drittstaaten praktisch nicht mehr möglich ist. Die immer geringerer Zuwanderungsquoten werden vom Familiennachzug beansprucht. Seit Asylanträge nicht mehr im Ausland gestellt werden können, bleibt nur der Weg über teure und gewissenlose Schlepper.
Daß Österreich längst ein Einwanderungsland ist und wie die meisten EU-Staaten Zuwanderung dringend braucht, wird verleugnet. Die unbequeme Wahrheit könnte Stimmen kosten. Dafür sorgen nicht nur die hetzerischen Rechtsparteien, sondern auch die Regierungsparteien selbst, die das restriktive Fremdenrecht eher noch verschärfen als lockern wollen. Die rechtsstaatlich höchst umstrittene Streichung der Appellation an den Verwaltungsgerichtshof gegen negative Asylbescheide, wie sie letzte Woche beschlossen wurde, passt in dieses Bild. Man muß kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass mit der Ausschaffung der unglücklichen Arigona Zogaj das Thema Fremdenpolitik nicht vom Tisch ist.
|