Die Bevölkerung von Paraguay hat zwar
am 20. April Fernando Lugo als zukünftigen Präsidenten für einen
möglichen Weg des Wandels gewählt. Doch wandelt sich leider nicht alles
über Nacht. Der zentrale Konflikt im Land des "Wassers, dass zum Wasser
geht" (so die Bedeutung von Paraguay auf Guaraní), besteht zwischen
einer kleinbäuerlichen, die Existenz sichernden Landwirtschaft und
einem auf den Export orientierten Sojaanbau.
Während mit der Sojaproduktion wenige InvestorInnen und Unternehmen riesige Landflächen für sich beanspruchen, vertreiben sie gewaltsam viele Kleinbauern und -bäuerinnen, machen sie landlos und nehmen ihnen damit die Ernährungsgrundlage. Dass dieser Konflikt anhält und dem angestrebten Wandel im Land noch viele Steine in den Weg legen wird, zeigen nicht zuletzt die drei Kugeln, die Don Pedro Silva am Freitagabend vergangener Woche (25.4.) trafen.
Benigno Acosta, Schwiegersohn von Don Pedro Silva, erzählt: "Am Freitagnachmittag letzter Woche fuhren zwei fremde Jugendliche mehrfach am Haus von Don Pedro vorbei. Sie hielten schließlich an, erbaten sich Werkzeuge, um das Motorrad zu reparieren und verschwanden wieder. [...] Als sich die Familie gegen 19 Uhr zum Abendessen begab, kehrten die beiden Jugendlichen zurück. Sie haben das Haus durch den hinteren Teil betreten, schossen mehrmals auf Don Pedro und flüchteten."
Don Pedro Silva ist, wie man sagt "ein Brot Gottes" ("un pan de Dios"). Er lebt mit seiner Familie in der Gemeinde Yvype im Distrikt Lima des Departements San Pedro. Er ist seit vielen Jahren ein Kämpfer: als aktiver Bauernführer, als Präsident des Nachbarschaftskomitees und als Mitglied der Koordination zur Verteidigung der Souveränität des Departements San Pedro. Treffen müssen organisiert und die Bevölkerung mobilisiert werden im Kampf gegen eine vorrückende Sojaanbaufront, die auf genetisch manipulierte Pflanzen setzt - mitsamt ihren negativen Begleiterscheinungen. Es sind die Agrochemikalien, die Umwelt und Gesundheit der vor Ort lebenden Menschen beeinträchtigen. Es ist die Monokultur des Sojaanbaus, die eine kleinbäuerliche und vielfältige landwirtschaftliche Produktion und ihre Strukturen verdrängt und zerstört.
Mit seiner Familie lebt Pedro Silva von dem, was seine Landflächen produzieren: ein wenig Getreide, Pampelmusen, Bananen. Diese Landflächen und die Ortschaft sind bereits von Sojapflanzungen umzingelt. Praktisch die Hälfte der EinwohnerInnen der Gemeinde hat diese bereits verlassen, hat den Ort und das einstmals bewirtschaftete Land aufgeben müssen. Viele sind aber auch noch da. Sie bleiben (noch) stark und widerstehen dem Druck, der auf sie ausgeübt wird, damit sie ihre Landflächen verkaufen. Der Druck kommt von den Sojabauern oder von den Handlangern, die von den Sojabauern geschickt werden. Auch Don Pedro Silva bekam diesen Druck zu spüren und sprach bereits im vergangenen Jahr von der Furcht und den Ängsten, die dieser Druck für ihn und seine Familie bedeuten. Diese Ängste waren nicht unbegründet.
Pedro Silva wurde am vergangenen Freitag Opfer von drei Kugeln. Sie trafen ihn in den Magen, Brust und Arm. Über mehrere Stationen wurde er in ein Krankenhaus in der Hauptstadt Asunción gebracht und dort am vergangenen Samstag operiert. Sein Zustand ist zwar stabil, aber weiterhin kritisch.
Die beiden Täter wurden mittlerweile gefunden, von der Polizei verhaftet und von der Familie von Don Pedro identifiziert. Es sind zwei junge Brasilianer, die über keine Dokumente verfügen. Die Bevölkerung von Yvypé sorgt sich nun, dass die beiden durch einen Staatsanwalt auf freien Fuß gesetzt werden könnten. Sie fordert, dass sie bis zu einem Gerichtsprozess, der die Hintergründe des Attentats klären soll, in Haft bleiben sollen. Die Angst ist groß vor den Einflussmöglichkeiten der Sojabauern.
Für Elvio Romero, Stadtrat und Vorsitzender des Distriktes Lima in San Pedro ist der Anschlag auf Pedro Silva eine klare Attacke der Sojabauern. Romero sagt, dass "die Sojabauern damit die in Yvypé angreifen wollen, die sich bisher ihrem Druck nicht gebeugt haben."
Ein Zeichen der Stärke setzte Yvypé erst im Januar dieses Jahres. Die EinwohnerInnen verhinderten in friedlicher Weise und trotz massiver Polizeipräsenz, dass auf den an ihre Häuser und Landflächen angrenzenden Sojafeldern Agrochemikalien gesprüht würden.
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