Am vergangenen Dienstag verurteilte die
Generalversammlung der UNO erneut die Politik der USA gegenüber Havanna. In
einem Interview warnte Kubas Außenminister Felipe Pérez Roque die USA vor einem
eventuellen militärischen Angriff.
Es ist jedes Jahr das gleiche, für die USA entwürdigende
Spiel: Seit 1992 bringt Kuba jeden Herbst eine Resolution in die
Generalversammlung der Vereinten Nationen ein. In den Anträgen werden die
Mitgliedsstaaten aufgefordert, die Blockade der USA gegen den Karibikstaat zu
verurteilen. Der Zuspruch spricht für Havanna und gegen Washington. Für den
ersten Antrag der kubanischen Delegation im Jahr 1992 sprachen sich noch 59
Staaten aus. In den vergangenen Jahren waren es fast alle Mitglieder. So auch
am Dienstag: 184 der 192 UN-Staaten nahmen den Antrag Kubas an, mit dem die nun
45 Jahre währende Blockade der USA als völkerrechtswidrig bezeichnet wird.
Gegen den Antrag stimmten die USA, Israel, die Marshall-Inseln und Palau. El
Salvador, Irak und Albanien nahmen an der Abstimmung nicht teil, Mikronesien
enthielt sich. Im vergangenen Jahr hatte sich dieser pazifische Inselstaat noch
auf die Seite der USA gestellt und gegen den kubanischen Antrag gestimmt.
In dem Papier werden die USA zur sofortigen Aufhebung
ihrer Blockade gegen Kuba aufgefordert. Die UN-Mitgliedsstaaten werden dazu
motiviert, Bestimmungen des sogenannten Helms-Burton-Gesetzes zurückzuweisen.
1996 war damit die bereits Jahrzehnte währende Blockade noch einmal verschärft
worden. Seitdem sind auch Unternehmen aus Drittstaaten durch Strafmaßnahmen
Washingtons gefährdet, sofern sie mit Kuba geschäftliche Beziehungen
unterhalten. Wie Kanada haben mehrere Regierungen daraufhin nationale Gesetze
entlassen, die der Helms-Burton-Regelung entgegenwirken sollen. In der
Welthandelsorganisation sind die Drohungen der USA gegen Unternehmen aus
Drittstaaten ein ständiges Streitthema. Auch die nun in der Generalversammlung
angenommene Resolution bezeichnet die Maßnahmen der USA als "Verletzung legitimer
Interessen von Organisationen oder Personen". Denn sie würden in ihrem
Recht auf freie Wirtschaftsbeziehungen eingeschränkt.
Kubas Außenminister Felipe Pérez Roque nahm die
Abstimmung am Dienstag zum Anlass, um erneut auf den illegalen Charakter der Blockade
hinzuweisen. Gegenüber der US-amerikanischen Nachrichtenagentur Associated
Press erklärte er, dass Washington die Blockade entgegen dem überwältigenden
Willen der UN-Mitgliedsstaaten in den vergangenen Jahren weiter verschärft
habe: "Sie wurde noch nie so entschlossen erzwungen wie im vergangenen
Jahr", sagte Kubas Chefdiplomat. Zugleich warnte Pérez Roque die Regierung
der USA vor einem gewaltsamen Akt. "Wir respektieren die Vereinigten
Staaten", sagte er, "aber wir verlangen auch Respekt uns gegenüber,
und wir würden unser Land gegen jeden Versuch ausländischer Aggression
verteidigen". Der Außenminister bezog sich damit auf eine Äußerung von
US-Präsident George W. Bush. Dieser hatte in der vergangenen Woche indirekt zu
einem Umsturz in Kuba aufgerufen. Das kubanische Volk müsse in seinem Versuch
unterstützt werden, sich vom "Castro-Regime" zu befreien, sagte Bush
bei seiner ersten Ansprache zu Kuba seit vier Jahren.
Auf der Insel konnten die Menschen die Abstimmung
in der Generalversammlung im Fernsehen live sehen. In der Kulturstifung
"Casa de las Américas" verfolgten staatliche Angestellte, Studenten
und Arbeiter die Abstimmung. Als die Ergebnisse des Urnengangs verkündet
wurden, wandte sich der Außenminister telefonisch an die Versammlung, wie die
Nachrichtenagentur dpa berichtet. Nach dem Gespräch, heißt es in dem Bericht,
stimmten die Gäste die kubanische Nationalhymne an.
Hintergrund
Seit 1962 Blockade gegen Kuba
Seit 45 Jahren erhalten die USA eine Wirtschaftsblockade
gegen Kuba aufrecht. Es ist damit die am längsten währende Strafmaßnahme in der
Nachkriegsgeschichte. Nach Angaben der Regierung in Havanna hat die Politik
Washingtons dem kubanischen Staat seither einen Schaden in Höhe von umgerechnet
89 Milliarden US-Dollar zugefügt. Nach Einschätzung der Internationalen
Handelskommission der USA belaufen sich die Handelsverluste für Kuba pro Jahr
auf 1,2 Milliarden US-Dollar.
Obwohl die US-Regierung die neue Staatsführung im Januar
1959 nach dem Sturz des Diktators Fulgencio Batista anerkannt hatte,
verschlechterte sich das Verhältnis zwischen beiden Ländern zusehends. Auslöser
der Krise, die schließlich, im Februar 1962, zur Verhängung der Blockade gegen
Kuba führte, war eine Agrarreform, die im Mai 1959 beschlossen worden war und
Enteignungen von Großgrundbesitzern ermöglicht hatte. Betroffen davon waren
auch zahlreiche US-Unternehmen. Obwohl die neue kubanische Regierung unter
Führung Fidel Castros den Enteigneten Entschädigungen in Form von
Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 20 Jahren und mit einem Zinssatz von 4,5
Prozent anboten, forderte die US-Regierung Havanna auf, die Agrarreform
rückgängig zu machen. Die kompromisslose Linie war jedoch nur ein Vorwand.
Tatsächlich lag der Haltung Washingtons die Befürchtung zugrunde, Kuba könne
sich der Sowjetunion annähern. Unter Historikern gilt es heute aber als
gesichert, dass gerade die aggressive US-Politik zur Zusammenarbeit zwischen
Havanna und Moskau führte.
Nach dem Ende der Sowjetunion wurde die Kuba-Blockade der
USA mehrfach verschärft. Unter anderem wurden die Strafmaßnahmen auch auf
Drittstaaten ausgeweitet. Unternehmen, die gegen die Blockade verstoßen, müssen
in den USA mit Strafen von bis zu einer Million US-Dollar rechnen,
Privatpersonen können mit bis zu 250.000 US-Dollar belangt werden.
Für Widerstand in den USA sorgte vor allem bei den
Exilkubanern die Einschränkung der Reisefreiheit. Auch die Möglichkeit,
Familienangehörigen in Kuba Geld zu überweisen, wurde massiv beschnitten.
Leidtragende dieser Politik sind damit zunehmend die Familien. Das indes hat
die Kuba-Blockade mit anderen Strafmaßnahmen der USA gemein.
|