"Biotreibstoffe" werden zunehmend als saubere Energielösung der Zukunft angepriesen. Doch die großflächig angebauten Ölsaaten nützen nur den großen Agro- und Mineralölkonzernen oder dienen paramilitärischen Gruppen zur Geldwäsche. Umwelt und Nahrungssicherheit bleiben auf der Strecke.
Weltweit gibt es auf den Landwirtschaftsmessen ein Phänomen. Statt Tiere sind immer mehr Autos zu sehen. Mit großer Erdkugel an der Decke und Blümchen auf den Autotüren verkünden die Hersteller lautstark, dass sie den Planeten mit Biosprit retten wollen.
Die Bauern werden als die neuen »Ölscheichs« gefeiert. Obwohl wir noch nicht einmal die Welternährung im Griff haben, soll die Landwirtschaft unser Energieproblem auch gleich mitlösen. Kann unsere Erde das überhaupt verkraften? Geht es nach denen, die daran verdienen werden, gibt es kein Problem. "Man braucht nur die Stilllegungsflächen mit Energiepflanzen zu kultivieren. Unsere BäuerInnen verdienen wieder und wir schicken kein Geld mehr den Ölscheichs", so der Tenor. Diese Betrachtungsweise lässt außer Acht, dass die EU hunderttausende Quadratkilometer landwirtschaftlicher Nutzflächen in allen Ecken der Erde zur Eigenversorgung mitbenutzt. Allein 42 Millionen Tonnen Soja wurden 2003 zur Tiermästung importiert. Dabei schnitt sich der Bioweltmeister Österreich 650.000 Tonnen Soja vom Futtermittelkuchen ab. Würde man die benötigten Futtermittel in Europa selbst anbauen, gäbe es kaum mehr stillgelegte Flächen. Dass in Südamerika der Sojaanbau inzwischen hauptverantwortlich für die Regenwaldzerstörung ist, wird ausgeblendet.
Fleischhunger und Spritdurst
Als ob die Intensivtierhaltung auf Basis globalisierter Futtermittel nicht schon genug Probleme schaffen würde, wittert die Agroindustrie nun bei den Biokraftstoffen den großen Braten. Die Sojabohne zu Sprit und der Presskuchen zu Futtermittel - ein Synergieeffekt, der den Fleischhunger und den Spritdurst der EU stillen soll. Ein Projekt, das nicht nur unsere Autos antreiben soll, auch für die Regenwaldzerstörung wird das wie ein Turbolader wirken. Weltweit gehen die Biokraftstoffproduzenten an die Börse, das globale Geschäft kommt auf Touren. In Brasilien geben sich ausländische Investoren die Klinke in die Hand und suchen nach Beteiligungsmöglichkeiten.
Turbo für Gentechnik
Im Agrobusiness herrscht Goldgräberstimmung. Bunge, Cargill, ADM und Monsanto erwarten sich in den Bereichen Chemie, Maschinen, Saatgut usw. Investitionsbeträge in Milliardenhöhe. Stephan Freyer von BASF bringt es auf den Punkt: "Ohne Grüne Biotechnologie wird eine Bioraffinerie nie effizient sein. Pflanzen müssen gentechnisch gezielt auf die Anwendung zugeschnitten werden."
Die Nachfrage nach Bioenergie wird weltweit zur Produktionssteigerung von Agrarprodukten führen. Der Preis für die Biokraftstoffe wird aufgrund der Globalisierung der Märkte auf dem virtuellen Marktplatz "Börse" zwischen Lebensmittelherstellern und Energiekonzernen ausgemacht werden. Beim Vergleich zwischen der Sucht der Reichen nach Öl mit dem Appetit der Armen werden AutofahrerInnen immer gewinnen. Denn Menschen, die Auto fahren, werden immer mehr Geld haben als Menschen, die hungern. Mit dem Getreide, das für eine Tankfüllung Ethanol gebraucht wird, kann man einen Menschen ein Jahr lang ernähren. Obwohl 2006 erst 1,6 % des weltweiten Ölbedarfs von Biokraftstoffen gespeist wurden, hat der "Ölhunger" bereits die Preise agrarischer Produkte nach oben gedrückt. Die Zuckerrohr-, Soja- und Palmöl-Monokulturen zerstören aber nicht nur den Regenwald auch die Kleinbauern werden vertrieben.
Kyoto zerstört Regenwald
Paradoxerweise beschleunigt das Kyoto-Protokoll die Regenwaldzerstörung, denn beim weltweiten Handel mit CO2 erhält die Biosprit-Industrie große Kontingente gut geschrieben, wenn sie Treibstoff z.B. aus Palmöl produziert. Auch Österreich bedient sich am globalen Markt. Als "Opfer der Globalisierung" beschwört man zwar das Schließen regionaler Kreisläufe durch Biokraftstoffe, doch die Realität sieht anders aus. Österreich muss hunderttausende Tonnen an Ölen für Biokraftstoffe importieren. Viel effizienter und klimaverträglicher wäre es, Biomasse stationär und dezentral zu nutzen. Holzheizungen, Biogasanlagen und Blockheizkraftwerke, die Strom und Wärme erzeugen, weisen einen wesentlich geringeren Energieverlust als die Biokraftstofferzeugung auf. Angebaut werden sollten nur Rohstoffpflanzen, die die Vielfalt des Systems verbessern. Anstelle des großflächigen Anbaus einer einzigen Pflanzenart, sollten prinzipiell nur Pflanzen zum Zug kommen, die ohne Düngemittel und Gifte auskommen. Die Palette reicht hier von Sonnenblumen bis hin zu den verschiedenen Holzarten.
Biolandbau satt Biosprit
Nachwachsende Rohstoffe müssen denselben ökologischen Kriterien wie Nahrungsmittel entsprechen. Anstatt mit enormem Einsatz von Steuergeldern Biokraftstoffe zu forcieren, sollten wir besser all unsere Kräfte in die Biolandwirtschaft lenken. Biokraftstoffe sollten aber nicht nur ein Bio-Gütesiegel tragen, auch ein FairTrade Gütesiegel ist unbedingt erforderlich. Denn neben der Ökobilanz müssen auch die Arbeitsbedingungen vor Ort stimmen. Die Ethanolproduktion in Brasilien z.B. ist die Fortführung der kolonialen Wirtschaftsstruktur, basierend auf Großgrundbesitz, Monokultur und Ausbeutung der Arbeitskräfte. Viele NGOs wie Bauernorganisationen, Landlose (MST), Kirchen warnen daher vor einer sozialen und ökologischen Katastrophe durch Biosprit. Klimaschutz sollten wir auch als Chance sehen, unser gesamtes Ernährungs- und Landwirtschaftsmodell umzustellen.
Bio & regional ist optimal
Das althergebrachte System hat uns nicht nur 800 Millionen Hungernde, sondern auch 1,2 Milliarden Übergewichtige gebracht. Global gesehen ergibt sich für die klimafreundliche Nutzung der Bioenergie die Schlussfolgerung: Auf Basis von Biolandwirtschaft und einer Halbierung des Fleischkonsums bleiben maximal 20% der Flächen für den Anbau von Energiepflanzen und anderen Nutzungen übrig. Denn nur Bio & Regional sind für unser Klima optimal!
Biokraftstoffe sind das trojanische Pferd für die Gentechnikkonzerne
In der aktuellen Diskussion über den Klimawandel werden Biotreibstoffe als wesentliche Schutzmaßnahme präsentiert und Beimengungsziele festgesetzt. Aber schon mit dem Begriff "Bio" beginnt die Irreführung. Besser wäre die Bezeichnung "Agrosprit". Der Flächenbedarf für Agrosprit wird sich weltweit ausdehnen. In Brasilien, wo schon jetzt mit 320.000 km2 die vierfache Fläche Österreichs für Kraftstoffpflanzen beansprucht wird, plant man die Verfünffachung der Zuckerrohrflächen. Aber auch die Machtkonzentration in der Agrokraftstoffindustrie wird atemberaubend sein. Die Investitionen haben sich in den letzten drei Jahren verachtfacht. Auf den Begriff "Bio" aufbauend, entwickelt sich im Hintergrund eine machtvolle Allianz zwischen Auto-, Gentechnik-, Öl- und Getreidekonzernen. Zum Verdienen gibt es genug. In Zukunft werden nicht nur die Tortillapreise in Mexiko steigen, auch bei uns werden die Lebensmittel teurer. In den nächsten Jahren wird man so viel Getreide für die Erzeugung von Bio-Treibstoff brauchen, dass es zu einer Verknappung von Tierfutter kommen wird. Futter macht 60 Prozent der Schweine-Produktionskosten aus, davon 80 Prozent das Getreide. Mittelfristig dürfte das Futter um 30 Prozent teurer werden.
Kolumbien: Paramilitärs kämpfen für Biosprit
Seit Jahren wird die Errichtung von Palmölplantagen nicht zuletzt von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds forciert. Besonders in den armen Ländern des Südens reißen sich Großgrundbesitzer und agroindustrielle Betriebe das Land unter den Nagel, um dort Ölpalmplantagen zu errichten. Besonders schlimm ist die Lage in Kolumbien, wo die paramilitärischen Gruppen zehntausende BäuerInnen und UreinwohnerInnen von ihrem Land vertrieben. Mittlerweile sind dort 285.000 Hektar Fläche mit der afrikanischen Ölpalme bepflanzt. Palmölplantagen sind eine wichtige Einkommensquelle für paramilitärische Gruppen. Anders als bei Koka-Plantagen besteht bei den legalen Ölpalmen keine Gefahr der Zerstörung durch staatliche Behörden. Der Verband der Ureinwohner, ONIC, zieht bereits eine Parallele zur blutigen Geschichte der Plantagen der Kolonialzeit: "Wie damals werden Regenwälder wegen Plantagen verschwinden und die Ureinwohner müssen die besonders schwere und gefährliche Arbeit in den Palmölplantagen machen."
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