BRD: Durchgestrichenes Hakenkreuz strafbar |
Geschrieben von Bernhard Redl | |
Samstag, 11. November 2006 | |
Absurde Prozesse sollen die bildliche Erinnerung an das Hakenkreuz austilgen - was die extreme Rechte freut. Beim diesjährigen "Maisingen" in Tübingen demonstrierte ein Student gegen singende Burschenschaftler. Weil laut Polizei aus seiner Richtung Knallkörper flogen, kontrollierten die Beamten ihn und weitere Demonstranten. Sie fanden an seinem Rucksack einen Button: Er zeigt ein durchgestrichenes Hakenkreuz, ähnlich einem Halteverbotsschild. Die Anklage kann nicht darüber lachen, denn letzte Woche kam es tatsächlich zum Prozeß: "Es geht nicht um Otto Normalverbraucher, sondern um den japanischen Touristen, der nach Tübingen kommt" - so Oberstaatsanwalt Michael Pfohl, der damit wiederum allerdings das Publikum zum Lachen brachte, wie das "Schwäbische Tagblatt" berichtete. Weil die Motive der Tat "nicht unehrenhaft" seien, plädierte der Oberstaatsanwalt indes auf "Verwarnung mit Strafvorbehalt". Die Richterin folgte der Staatsanwaltschaft: 150 Euro "unter Vorbehalt", als Auflage muss der Student 50 Euro an den Förderverein Buchenwald bezahlen. "Auch zum Widerstand gegen Rechtsradikalismus sollen keine NS-Zeichen verwendet werden", begründete die Richterin. "Es soll verhindert werden, dass diese Symbole wieder in den politischen Alltag einziehen." Der Student will nun Rechtsmittel einlegen. Kein Einzelfall Seit Monaten hat der Stuttgarter "Nix Gut-Versand" mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Mittels Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen bekämpft die Staatsanwaltschaft das Verbreiten von Pickerln mit jenem bekannten Sujet, bei dem ein umweltfreundlicher Mitmensch dabei zu beobachten ist, wie er ein Hakenkreuz im Mistkübel entsorgt. Das Landgericht Stuttgart sah dieses Sujet für strafbar an und verurteilte den Versand zu einer Geldstrafe von 3600 Euro. Denn das Männchen könnte mißverstanden werden. Zitat: "Missverständlich könnte auch der ausgestreckte Arm des 'Umweltmännchens' ... sein, der möglicherweise als 'Deutscher Gruß' gegenüber dem Hakenkreuz aufgefasst werden könnte." Die Verurteilten gehen natürlich auch in Berufung. Wem derlei nützt, kann vielleicht auch von den Geschehnissen in Marburg abgeleitet werden. Der Politiker Manfred Thierau ging einen bekannten Antifaschisten verbal an und rief nach der Polizei. Diese leitete ein Ermittlungsverfahren ein, weil ein Anstecker mit durchgestrichenem Hakenkreuz "Zeigen verfassungsfeindlicher Symbole" sein soll. Das Pikante daran: Thierau ist der lokale Chef der bekannt rechtsextremen "Republikanischen Partei".
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