Die Initiative "Ehe ohne Grenzen" dokumentiert die sich massiv verschlechternde rechtliche Situation von binationalen Ehepaaren und AsylwerberInnen allgemein seit Inkrafttreten des neuen Fremdenrechtspaketes. Im jüngsten Fall, auf den die Initiative aufmerksam macht, wurde eine junge Frau aus Nigeria in Rekordzeit abgeschoben - wenige Tage vor ihrer geplanten Hochzeit mit einem Österreicher.
Polizeianhaltezentrum Rossauerlände Donnerstag Morgen 4.20h. Eine Gruppe von Menschen schart sich um Christian (25) den Verlobten von Esther (22). Christian ist über 500 Kilometer von Tirol angereist um sich von seiner Gattin in spe noch verabschieden zu können. Um fünf Uhr Früh soll sie nach Schwechat überstellt werden, um sie dann nach Nigeria via Frankfurt zu deportieren. Doch die Polizei hat es offensichtlich eilig - um 4.30h öffnet sich ein Tor, ein Bus fährt mit quietschenden Rädern heraus mit hoher Geschwindigkeit überfahren sie eine rote Ampel und rasen Richtung Schwechat. Für den Bruchteil einer Sekunde können sich Christian und Esther noch durch die Wagenscheibe in die Augen schauen.
Nach einem Moment der Fassungslosigkeit laufen die Mitglieder von Ehe ohne Grenzen, Esthers Mann und ihr Rechtsberater zu ihren Autos in der Hoffnung am Flughafen Schwechat das Schlimmste noch verhindern zu können.
Bange Stunden
Esther wird zur Polizei in Schwechat gebracht um dort auf die Abschiebung zu warten. Ihr Verlobter versucht vergebens dort einen Beamten zu finden um die Möglichkeit zu bekommen sich zumindest von Esther noch verabschieden zu können - vergeblich - niemand öffnet.
Die Gruppe fährt zum Terminal um die Fluglinien zu informieren das die Abschiebung nicht freiwillig passiert und das Paar in neun Tagen Hochzeitstermin hat. Eine Mitarbeiterin der Lufthansa meinte daraufhin lapidar:" wer wird denn schon freiwillig abgeschoben".
Nun heißt es warten, laut einer Mitarbeiterin der AUA muß Esther durch den Check in - das heißt durch den öffentlichen Terminal. Die Gruppe rund um Christian verteilt sich in und um den Flughafen nervöses telefonieren von Beamten in Uniform und in Zivil ist zu bemerken. Zwischen 7 und 8 Uhr gehen vier Flüge Richtung Frankfurt. Esther ist nirgends zu entdecken ihr Verlobter wird zunehmend verzweifelter.
Das Unfaßbare ist geschehen
Christian fährt erneut zur zuständigen Polizeistation am Flughafen. Nach längerem läuten öffnet ein Polizist die Türen und erklärt trocken Esther befindet sich schon im Flieger, die Abschiebung wird ordnungsgemäß durchgeführt meint er. Christian bricht zusammen.
Ordnungsgemäß?
Esther und Christian sind seit Monaten ein Paar. In neun Tagen wollten sie heiraten. Binnen 48 Stunden wurde sie verhaftet und abgeschoben - der Antrag auf Unzulässigkeit der Abschiebung wurde in Rekordzeit zurückgewiesen. Esther ist in Nigeria der Gefahr einer Genitalverstümmelung ausgesetzt. Die Initiative Ehe ohne Grenzen ist fassungslos und entsetzt - das Recht auf Ehe und Familienleben wird hier mit Füßen getreten. Was für ein Interesse kann der Staat daran haben das er dieses junge Paar nicht heiraten lässt. Eine Frau wird in ein Land abgeschoben in dem sie von akuter Gefahr bedroht ist - wir fragen uns wer dafür die Verantwortung dafür übernehmen wird wenn das Schlimmste geschieht?
Zwischen fünf und acht uhr früh konnten wir in Schwechat übrigens noch drei weitere Abschiebungen beobachten.
Ein schwarzer Tag für die Menschenrechte - nur heute? der Wahnsinn hat Methode.
Christian und Esther - die Vorgeschichte:
Vor einem halben Jahr lernten sich Christian (25), Speditionskaufmann aus Tirol und seine Verlobte Esther (22) Asylsuchende aus Nigeria kennen uns lieben. Und wie es Menschen die sich lieben so tun zogen sie in eine gemeinsame Wohnung und beschlossen im Sommer zu heiraten. Esther besucht seit Monaten Deutschkurse und hätte auch schon einen potentiellen Arbeitgeber gefunden. Vor knapp drei Wochen bestellten sie ihr Aufgebot, mit den Hochzeitsvorbereitungen wurde begonnen. Der Hochzeitstermin wäre der 25.11. gewesen.
Vor zwei Wochen hatte Esther aufgrund ihres Status als Asylsuchende einen Termin zu einem Interview beim UBAS (unabhängiger Bundesasylsenat). Esther die übrigens vor Genitalverstümmelung aus Nigeria geflohen ist berichtete auch dort freudestrahlend von der bevorstehenden Hochzeit mit der Liebe ihres Lebens. Danach ging alles Schlag auf Schlag. Eine Woche später stand die Polizei vor ihrer Wohnungstüre und verlangte nach ihrem Reisepass, welchen Esther den Beamten auch aushändigte. Dem Gatten, der zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend war, wurde später am telefon versichert das es sich um eine Routinekontrolle handelte, und es wurde ein Termin vereinbart um den Pass wieder abzuholen.
Beim vereinbarten Termin ( Dienstag 14.11.) auf der BH Kufstein trifft das nichtsahnende Paar auf Fremdenpolizisten, die den beiden mitteilen, dass der UBAS (in Rekordzeit) das Asylverfahren negativ enschieden hat und Esther direkt dort vor Ort verhaften und in Schubhaft nehmen. Ihr Verlobter meinte außersich am Telefon das sie nicht einmal fünf Minuten gehabt hätten um sich zu verabschieden. Weiters erfährt er das die Abschiebung bereits Donnerstag - 16.11.- stattfinden wird, das Ticket ist schon gebucht. Esther wird Mittwoch noch nach Wien gebracht, um 5h früh vom PAZ Rossauerlände nach Schwechat überstellt wo sie mit der Deportaionairline AUA nach Frankfurt und dann weiter nach Nigeria gebracht werden soll. In Nigeria erwartet sie die Genitalverstümmeling.
Österreich Land der Menschenrechte?
Der Antrag auf Unzulässigkeit der Abschiebung, welcher am Mittwoch noch eingebracht wurde, wurde von den Behörden zurückgewiesen. In einem Telefonat mit Ehe ohne Grenzen meinte Berndt Körner, Chef der Fremdenpolizei, das alles Rechtmäßig abgewickelt wurden und ihm die Hände gebunden sind. Christian, der Verlobte, ist verzweifelt, noch Mittwoch nacht machte er sich auf den Weg nach Wien in der Hoffnung Esther vor ihrer Deportation noch einmal kurz zu sehen. Rein theoretisch hätte Esther noch das Recht beim Verwaltungsgerichthof gegen das UBAS Urteil einspruch zu erheben, dieses Recht wird ihr durch das Tempo, mit dem Abschiebungen passieren, de facto genommen.
|