Samstag, 24. Januar 2009
 
Salzburg Reich und Schön PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Rosalia Krenn   
Freitag, 19. Oktober 2007

Die Salzburger Nachrichten konnten am 15.10.07 verkünden: „Salzburg schwimmt im Geld: 140 Millionen Euro zusätzlich ... Ein Traumjahr für die Politik“. Doch wer profitiert vom unerwarteten Geldsegen. Ein paar Vorschläge aus aktuellem Anlaß.


Die Steuereinnahmen fließen und die Wirtschaft boomt, der Haushalt 2008 beträgt 1,941 Mrd. Euro, das macht ein Plus von 7,19 Prozent aus. Dieses Geld gilt es nun zusätzlich zu verteilen, während ansonsten nur von Sparmaßnahmen die Rede ist.

Da ich in dieser Stadt lebe, freut mich das sehr, insbesonders weil wir doch in einer demokratischen Gesellschaftsordnung leben und sicherlich gefragt werden, was uns denn am meisten helfen könnte: es wird nach Auskunft der Firma Tappe, welche Handrollstühle herstellt, eine EU-Richtlinie geben, die es verbietet, Handrollstühle zu produzieren, die Stufen und Stiegen bewältigen können. Der Gedanke kommt aus den skandinavischen Ländern, die alle Länder barrierefrei gestaltet wissen wollen. Na ja, da dürfte es in Salzburg kein Problem sein, alle Hindernisse für RollstuhlfahrerInnen zu beseitigen.

SozialarbeiterInnen fragen sich, ob sie künftig den gewünschten Beruf auch ausüben können werden. Denn die Länder nutzen gesetzliche Schlupflöcher für die schlechtestmögliche Umsetzung des Kollektivvertrages der sozialen Dienste (BAGS-KV) in Form einer Nivellierung nach unten. Das heißt, die Einkommen sinken. Die Wohnungsmieten sind zu hoch, die Fixkosten eines durchschnittlichen Haushaltseinkommens beschneiden die Menschen in ihrem Recht auf Teilhabe am kulturellen und gesellschaftlichen Leben. Am 23. Oktober findet in Salzburg im Haus St. Virgil die nächste Armutskonferenz statt. Zu viele Menschen leben in dieser Stadt in Armut oder sind armutsgefährdet. Menschen ohne Lohnarbeit drohen durch den zur Begutachtung aufliegenden Entwurf der AIVG-Novelle 2007 massive Verschlechterungen, um überhaupt noch Arbeitslosengeld beziehen zu können, Martin Mair formulierte in der Wochenzeitung akin vom 16.10.07 „De facto droht Zwangsarbeit“. Asylwerberinnen und Asylwerber werden mit dem Grundsicherungsmodell, welches die Caritas verwaltet mit einem Taschengeld konfrontiert, welches nicht einmal annähernd die Grundbedürfnisse abzudecken vermag.

Der Bürgermeister dieser Stadt, Heinz Schaden (SPÖ) ist sehr verständnisvoll und steht all diesen Problemen sehr einfühlsam gegenüber, ist er doch ein unmittelbar Betroffener möglicher fiananzieller Einbußen. Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass Schade, sein Stellvertreter Harald Preuner sowie der Grüne Stadtrat Johann Padutsch seit Jahren keine Pensionsversicherungsbeiträge bezahlen. Die Magistratsverwaltung hatte vergessen, diese einzuheben, es handelt sich „nur“ um einige hundert Euro pro Monat, den Herren ist das nicht aufgefallen. Es ist ungeklärt, wer jetzt die Nachzahlungen zu leisten hat. Jedenfalls hat Herr Schaden bereits kommentiert, mit einer verminderten Pension von etwa 2.500 Euro netto könne er nicht leben, er habe sich eine Wohnung gekauft und eine Tochter würde studieren. Die Junge ÖVP bekundete ihr Mitgefühl mit einer Spendensammelaktion auf dem Marktplatz. Die Spendenaktion darf als Erfolg bezeichnet werden. Was die JVP in ihrer spontanen Barmherzigkeit nicht bedacht hat: Salzburg schwimmt in Geld, das steht sogar in der Zeitung. Ich kann Herrn Schaden nur beipflichten. In welcher Form auch immer in dieser Stadt Wohnungskosten zu leisten sind, sie sind unerträglich hoch. Menschen, die über Durchschnittseinkommen, über Sozialhilfe, Taschengeld oder Arbeitslosengeld verfügen, haben keine Möglichkeiten mehr, für ihre Kinder Chancengleichheit in Bildungsfragen herzustellen. Die Studiengebühren stellen eine weitere Barriere dar. Wer 2.500 Euro als zuwenig zum Leben betrachtet, signalisiert indirekt, dass an alle armutsgefährdeten und in Armut lebenden Personen mindestens dieser Betrag auszuzahlen sei. Angesichts des neuen Reichtums dürfte einer sozial gerechten Umverteilung nichts im Wege stehen. Die Debatte um ein bedingungsloses und garantiertes Grundeinkommen in der Höhe von etwa 1.000 Euro hat sich damit erübrigt.

Oder hab ich da etwa vergessen, die herrschenden Verhältinisse mitzubedenken? Oje, die ersten Gedanken der PolitikerInnen orientieren sich daran, das Geld in die „Volkskultur“ zu investieren und natürlich in den Tourismus, der eine Werbeoffensive braucht, angesichts des schneearmen Winters. Besonders wichtig ist auch die Verkehrsinfrastruktur: es muss unbedingt eine Pinzgaubahn gebaut werden und der Kapuzinerberg muss auch aufgegraben werden, damit Platz für Autoparkplätze geschaffen wird. In das Gesundheitssystem sollte investiert werden und natürlich in den Klimaschutz, da helfen besonders verkehrstechnische Maßnahmen, die den individuellen Autoverkehr unterstützen. Die Kinderbetreuung ist auch ein Anliegen: ganz besonders die Tageseltern sollen gefördert werden, das sind hauptsächlich Mütter, die, weil sie ja ohnehin Kinder haben, bei sich zu Hause noch weitere Kinder betreuen können. Ausbildung und Betreuungsqualität sind in diesem Bereich ebenso wie eine adäquate Entlohnung kaum ein Thema, es geht schließlich um den ideellen Wert der familienähnlichen Rahmenbedingungen, womit wir wieder bei den gesellschaftlichen Verhältnissen wären.

Der Bürgermeister dieser Stadt hat aus seiner unmittelbaren Betroffenheit reagiert. Diese erste emotionale Reaktion ist ernst zu nehmen. Sie hat eine Existenzangst benannt, die beinhaltet, dass ein Mensch mit Betreuungsverpflichtung gegenüber auszubildenden Kindern eine bestimmte Geldsumme benötigt, um nicht nur überleben sondern auch leben zu können. Dieses Recht steht allen in Salzburg lebenden Personen zu.




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