Samstag, 24. Januar 2009
 
Offener Krieg in Sri Lanka steht bevor PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Ralf Leonhard   
Donnerstag, 3. Januar 2008

Sri Lankas Regierung setzt auf eine militärische Lösung des ethnischen Konflikts mit der tamilischen Minderheit. Am 2. Jänner kündigte sie den Waffenstillstand mit der LTTE vom 22. Februar 2002 auf.

Ein nicht erklärter Krieg wird wieder zum erklärten. Mittwoch beschloß das Kabinett auf Antrag von Präsident Mahinda Rajapakse, das vor fast sechs Jahren mit den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) geschlossene Waffenstillstandsabkommen aufzukündigen. Donnerstag überbrachte Sri Lankas Außenminister Rohitha Bogollagam dem norwegischen Botschafter in Colombo die entsprechende Notifikation. Damit tritt in zwei Wochen wieder der Kriegszustand ein: Um Mitternacht am 16. Jänner, nach einem tamilischen Feiertag. Die LTTE reagierte zunächst mit einem Sprengstoffanschlag auf ein Armeefahrzeug im Norden, bei dem mindestens zwei Soldaten starben.

Norwegens Entwicklungs- und Umweltminister Erik Solheim, der das Abkommen vermittelt hatte, bedauerte die Entscheidung, die nach immer häufigeren Waffenstillstandsverletzungen beider Seiten komme. Er fürchtet, dass „die Gewalttaten und Kriegshandlungen weiter zunehmen werden“. In den letzten beiden Jahren starben bereits über 5000 Menschen vor allem in den nördlichen und östlichen Provinzen, wo die LTTE für einen tamilischen Staat kämpft. Erste Konsequenz ist, dass die nordische Monitoring Mission abgezogen werden muß. Damit wird die Lage der Zivilbevölkerung im Norden noch prekärer. Schon jetzt bekommen die Vertreter des Welternährungsprogramms keinen Zugang zu rund 9000 Flüchtlingen im LTTE-kontrollierten Gebiet, weil die Armee die Zufahrtstraße blockiert.  

Dem Kabinettsbeschluß war ein Minenattentat auf einen Armeetransport in der Hauptstadt Colombo vorausgegangen. Zwei Soldaten und zwei Zivilisten kamen dabei ums Leben, über 20 weitere wurden verletzt. Der Anschlag trägt die Handschrift der LTTE, die damit auf die Eskalation der Gewalt im Norden reagiert haben dürfte. Die Rebellen klagen über ethnische Säuberung, weil in von tamilischen Vertriebenen verlassenen Dörfern buddhistische Sinhalesen angesiedelt werden. Außerdem sehen sie einen schmutzigen Krieg gegen die Zivilbevölkerung, in dem sich die Regierung zunehmend auch tamilischer Paramilitärs bedient, um die soziale Basis der Tigers zu bekämpfen. Prominentestes Opfer der letzten Tage war der tamilische Oppositionsabgeordnete Thyagarajh Maheswaran von der United National Party (UNP), der am Neujahrstag in einem hinduistischen Tempel von einem Killerkommando erschossen wurde. Maheswaran hatte vor Weihnachten angekündigt, er wolle Details über die Verwicklung von Regierungskreisen in eine Terrorkampagne der paramilitärischen EPDP im nördlichen Jaffna enthüllen. Unmittelbar darauf strich ihm das Innenministerium 16 von 18 Bodyguards. Die Regierung zeigt wenig Eifer, solche Attentate aufzuklären, was die EU schon wiederholt kritisiert hat.

Was der neue Zustand militärisch bedeutet, ist noch unklar. Die Regierungsarmee hat aber schon in den vergangenen Monaten immer wieder in dem Gebiet zugeschlagen, das nach dem Waffenstillstandsabkommen von der LTTE verwaltet wird. Im November wurde S. P. Tamilselvan, der politische Anführer der Tamilenrebellen, Opfer eines gezielten Luftangriffs. Regierungspolitiker haben zuletzt angedeutet, der Konflikt sei militärisch zu gewinnen. Eine politische Lösung könne es auch ohne LTTE geben. In Kilinochchi, dem Hauptquartier der LTTE, rechnet man jetzt mit einer Großoffensive.

Möglicherweise will man vollendete Tatsachen schaffen, solange George W. Bush im Weißen Haus wohnt. Erklärungen der demokratischen Vorkandidatin Hillary Clinton, man dürfe den Begriff Terrorismus nicht undifferenziert auf alle Rebellenbewegungen anwenden, haben in Sri Lankas Regierung Alarm ausgelöst.



 

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