Samstag, 24. Januar 2009
 
Mehrheitswahlrecht? Nein, danke! PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Demokratischer Salon   
Montag, 28. April 2008

Es dräut uns die Eliminierung kleinerer Parteien, befürchtet der Demokratische Salon.

Letzte Woche präsentierte sich die von Proponenten der beiden Regierungsparteien getragenen „Initiative Mehrheitswahlrecht“, die ein „minderheitenfreundliches“ Mehrheitswahlrecht in Österreich fordert.

Es ist legitim über Wahlrechtsreformen zu diskutieren. Hinsichtlich eines Mehrheitswahlrechts müssen aber zwei grundsätzliche Aspekte bedacht werden:

Erstens: Ist etwas faul am Verhältniswahlrecht? In Österreich werden Nationalratsmandate nach dem d'Hondtschen Verfahren verteilt. Dieses Ermittlungsverfahren sichert den Wahlsiegern schon heute mehr Mandate, d.h. es werden bereits im bestehenden Wahlrecht größere Parteien bevorzugt, was die Regierungsbildung erleichtern soll. Ein „minderheitenfreundliches Mehrheitswahlrecht“ würde dieses Prinzip massiv auf Kosten der kleineren Parteien ausbauen, was wohl auf eine Eliminierung dieser Kleinparteien nach wenigen Wahlgängen auf Bundesebene hinauslaufen würde. Ein „echtes Mehrheitswahlrecht“ würde die derzeitige Opposition hingegen sofort und effektiv von der Bundesebene entfernen.

Dies leitet zur zweiten Frage über: Wer sind die Profiteure des Mehrheitswahlrechts?

Ganz offensichtlich die beiden Großparteien, die sich eine Perpetuierung ihres Einflusses wünschen und nicht unglücklich darüber wären, hätten sie nicht dauernd auf „lästige“ Kleinparteien Rücksicht zu nehmen, die heute in diversen Ausschüssen ihrer Kontrolltätigkeit nachkommen. Das Mehrheitswahlrecht verzerrt ausserdem den Willen des Wahlvolkes, da im Extremfall ein 30%-Wahlsieger mit etwa 50% der Nationalratsmandate rechnen könnte.
Anstatt das Wahlrecht so zu verändern, dass uns WählerInnen nur mehr SPÖ und ÖVP zur Auswahl stehen, sollten die beiden Regierungsparteien viel mehr für ihre Politik werben und ihre Positionen offensiver in der Öffentlichkeit vertreten. Und so soll, anstatt die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich zu scharen, einfach am Wahlrecht gedreht.

Im Sinne einer gelebten, partizipativen Demokratie ist das Mehrheitswahlrecht abzulehnen, denn die politische Machtverteilung würde zu stark verzerrt werden. Stattdessen sollte man die Demokratisierung des Wahlrechts bzw. der parlamentarischen „Spielregeln“ andenken, nämlich die Abschaffung des - zwar offiziell nicht vorhandenen, aber trotzdem effektiven - Klubzwangs, die Stärkung der Bindung der Abgeordneten an ihre WählerInnen, den Ausbau parlamentarischer Minderheitsrechte, die Stärkung von Elementen der direkten Demokratie, die Beseitigung von Wahlhürden für kleinere Parteien usw. usf.

Auch ein erfolgreiches Demokratievolksbegehren würde zu einer besseren demokratischen Kultur in unserem Lande führen. Denn im Bewusstsein, dass die WählerInnen ein einmal beschlossenes Gesetz nachträglich in Frage stellen können, würde die Regierungsparteien schon im Vorfeld der Beschlussfassung zu einem weitaus intensiveren Dialog mit der Wählerschaft zwingen.


Die Initiative "Demokratischer Salon" sammelt derzeit Unterschriften für ein Volksbegehren zur Durchsetzung einer Gesetzgebung von unten mittels Volksinitiative.
Mehr dazu unter
http://demokratischersalon.at
http://demokratievolksbegehren.at
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