Samstag, 24. Januar 2009
 
Weiter Gewalt auf Managuas Strassen PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Ralf Leonhard   
Donnerstag, 20. November 2008

Bald zwei Wochen nach den Kommunalwahlen in Nicaragua steht ein offizielles Ergebnis noch aus. Während die in der Liberalen Allianz formierte Opposition Wahlbetrug reklamiert, demonstriert die Basis der regierenden Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) in Managua, „um den Wahlsieg zu verteidigen“.

Die Strassen der Hauptstadt füllten sich am Mittwoch mit sandinistischen Sympathisanten, die großteils mit Bussen aus der Provinz herbeigekarrt wurden. Teilweise vermummt und mit Waffen ausgerüstet, versuchen sie die Protestdemonstrationen der Liberalen Allianz in Schach zu halten oder zu verhindern. Letzten Sonntag musste eine Manifestation der Liberalen in León, der zweitgrößten Stadt des Landes, abgesagt werden. Aktivisten wurden im Parteilokal von bedrohlich aufmarschierenden Sandinisten regelrecht belagert und am Verlassen des Gebäudes gehindert. Eduardo Montealegre, Spitzenkandidat für das Bürgermeisteramt in Managua, konnte gar nicht kommen. Er wurde schon 40 Kilometer von Managua von einer Strassenblockade aufgehalten und von grimmigen Gestalten zur Umkehr gezwungen. Einer seiner Leibwächter erlitt eine Schussverletzung.

Die FSLN-Aktivisten fordern vom Obersten Wahlrat die Bekanntgabe des offiziellen Ergebnisses. Nach vorläufigen Daten hat sich die FSLN in 106 von 146 Gemeinden durchgesetzt. Die Liberalen kommen auf Grund der Beobachtungen ihrer Wahlordner allerdings zu anderen Ergebnissen und fordern die Neuauszählung Stimme für Stimme. Montealegre legte zahlreiche Beispiele vor, wo einzelne Akte von der Wahlzelle bis zum Rechenzentrum seltsame Veränderungen erfahren hätten. In einem Wahllokal etwa seien nach seinen Dokumenten 101 Stimmen für die Liberalen und 82 für die FSLN abgegeben worden. Gemeldet wurde dann das umgekehrte Ergebnis. In einem anderen Lokal, wo die Auszählung 95:81 zugunsten der Liberalen ergeben hätte, habe der Wahlrat gar 281:5 für die FSLN registriert. Die Oppositionsallianz verlangte darauf eine Neuauszählung, der Roberto Rivas, der Präsident des Obersten Wahlrates, nur für Managua zustimmte.

Bei Zusammenstößen zwischen Gruppen von Demonstranten wurden ein Mann getötet und mehrere Menschen verletzt, darunter vier Journalisten – je zwei von regierungsfreundlichen und regierungskritischen Medien. Die Polarisierung in der Berichterstattung erinnert an die sandinistische Revolution der 1980er Jahre. Demonstranten werden da, je nach Zugehörigkeit als „Terroristen“ verunglimpft oder als „Verteidiger des Wahlsiegs“ gefeiert. Die Zurückhaltung der Polizei wird von Menschenrechtsorganisationen begrüßt, habe sie doch größeres Blutvergießen verhindert. Andererseits sei sie außerstande, die Demonstrationsfreiheit zu gewährleisten.

Die Katholischen Bischöfe riefen zur Mäßigung auf nachdem eine Madonnenstatue in Managua mit roter Farbe beschmiert worden war. Frankreichs Botschafter als Vertreter der EU, empfahl der Regierung, bei der Neuauszählung jene unabhängigen Beobachter beizuziehen, die während der Wahlen nicht zugelassen wurden. Präsident Daniel Ortega selbst, der im Wahlkampf allgegenwärtig war, hat sich bisher zum Wahlergebnis nicht geäußert.

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