Samstag, 24. Januar 2009
 
Abtreibungsverbot in Nicaragua fordert erstes Opfer PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von cimac-sem-poonal   
Dienstag, 21. November 2006
Das frisch verabschiedete Verbot der Abtreibung aus medizinischen Gründen hat schon sein erstes Todesopfer gefordert. Am 3. November starb die 18-jÄhrige Jasmina Bojorge. Die junge Frau war im fünften Monat schwanger gewesen und hatte vergeblich um Aufnahme im Krankenhaus Fernando Vélez Paiz in Managua gebeten. Dies gab nun Yamileth Mejía, Sprecherin der Nichtregierungs-organisation Frauennetzwerk gegen Gewalt (Red de Mujeres contra la Violencia), bekannt.

Jasmina Bojorge sei in der Nacht zum 3. November ins Krankenhaus eingeliefert worden. Sie habe hohes Fieber gehabt, „das eigentlich einen Kaiserschnitt erforderlich macht. Es lag der Verdacht vor, dass der Fötus bereits gestorben war“, erklärt Mejía. Jedoch weigerten sich die Ãrzte ihr zu helfen. Grund war ihre Angst, für eine etwaige Unterbrechung der Schwangerschaft zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt zu werden.

Das neue Gesetz, das noch gar nicht in Kraft ist, erlaubt keinerlei Ausnahmen mehr für die legale Abtreibung und sieht Haftstrafen von vier bis acht Jahren für die Frauen vor, auch wenn durch die Schwangerschaft ihr Leben gefährdet wird. Beteiligten Ärzten droht eine Strafe von bis zu sechs Jahren und der Entzug ihrer Lizenz. Das Gesetz wurde am 26. Oktober vom nicaraguanischen Parlament verabschiedet.

In Nicaragua wie im Ausland regte sich Protest gegen die neue Regelung. Frauen- und Men-schenrechtsorganisationen sowie Ärztever-einigungen und auch die Weltgesundheits-organisation bezeichnen das Gesetz als histo-rischen Rückschritt, da es bereits seit über 100 Jahren ein Recht auf Abtreibung aus medizi-nischen Gründen in Nicaragua gegeben hatte.

„Das neue Strafgesetz wurde im hochpolitisierten Klima vor den Wahlen vom 5. November verabschiedet. Es verletzt nicht nur grundlegende Menschenrechte, sondern greift fundamentale Prinzipien der Mensch-lichkeit an“, so José Miguel Vivanco, Direktor der Amerika-Abteilung der Menschenrechts-organisation Human Rights Watch. „Statt die Rechte der Bürger zu schützen, haben die Parteien den weiblichen Körper als Schlachtfeld für die anstehenden Wahlen missbraucht“, bekräftigt Vivanco.

Das Gesundheitsnetzwerk der Frauen Lateinamerikas und der Karibik (Red de Salud de las Mujeres Latinoamericanas y del Caribe) übersandte dem nicaraguanischen Botschafter in Chile, Luis Alberto Wong, ein Schreiben, in dem es seine Besorgnis Über das neue Gesetz zum Ausdruck brachte und davor warnte, dass dies zu negativen Effekten führen würde, „die man in Chile bereits gut kennt“. Im Jahr 1989 war als eine der letzten Maßnahmen der damaligen Militärjunta unter Augusto Pinochet die legale Abtreibung aus medizinischen Gründen verboten worden. „Dieses Gesetz wurde auch durch die Redemokratisierung Chiles noch nicht wieder rückgängig gemacht“, hebt das Schreiben des Netzwerkes hervor.


In einer Petition an den nicaraguanischen Präsidenten Enrique Bolaños forderten Vorsitzende verschiedener Ãrztevereini-gungen, unter anderem der Gynäkologen, der Geburtshelfer und der Allgemeinmediziner, den Staatschef auf, sein Veto einzulegen. Er solle das Leben der nicaraguanischen Frauen verteidigen, „wie es seine Pflicht als Staatsoberhaupt ist“. Ãhnliche Schreiben schickten verschiedene mexikanische Frauenrechtsorganisationen. Bolaños selbst hatte jedoch das Gesetz eingebracht und sogar eine Haftstrafe von 30 Jahren gefordert.
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