Die Einsparungspläne der Post sind keine betriebliche Notwendigkeit, meint die Werkstatt Frieden und Solidarität. Es geht um kapitalistische Profitmaximierung. Dagegen ist Widerstand vonnöten.
Am Wochenende sind geheime Pläne der Vorstände von Post und ÖIAG an die Öffentlichkeit durchgesickert, denen zufolge bis zum Jahr 2015 die Schließung von weiteren 1.000 Postämtern und die Entlassung von 9.000 Beschäftigten durchgezogen werden soll. Auch wenn sich die Politik jetzt überrascht gibt, die Spitzen der Bundesregierung, insbesondere Molterer und Faymann, sind über diese Pläne schon längst informiert. Immer deutlicher zeigt sich, dass die Liberalisierung und Privatisierung von öffentlichen Gütern und Dienstleistungen in einem Debakel für die Beschäftigten und die KundInnen mündet. Gewinner sind - zumindest über lange Strecken - die Aktionäre und ein unverschämt hochbezahltes Management. Schon die bisherige Bilanz zeigt diese skandalöse Entwicklung:
Beschäftigte: von 35.493 (1999) auf 25.764 = minus 27,5% Zahl der Postämer von 2.468 (2000) auf 1.311 (2007) = minus 47% Gewinn (EBIT): von 28 Millionen (2003) auf 163 Millionen (2007) = plus 580 % Dividende pro Aktie: von 0,51 EUR (2003) auf EUR 1,40 (2007) = plus 275 % (Quelle: www.post.at)
Sollten die jetzt durchgesickerten Pläne des Management verwirklicht werden, würde die Bilanz von Liberalisierung und Privatisierung bis 2015 folgendermaßen ausschauen: Fast Halbierung der Beschäftigten seit 1999 (minus 47%) und Schließung von 88% aller Postämter.
Unglaubwürdig sind die empörten Reaktionen, die jetzt von SPÖ- und ÖGB-Führung kommen. Noch im Frühjahr hat die gesamte SPÖ-Fraktion im EU-Parlament für die Totalliberalisierung der Postmärkte gestimmt, obwohl europaweit Gewerkschaften vor diesem Schritt gewarnt haben. Die ÖGB-Führung hat im Jahr 2006, als die Teilprivatisierung der Post beschlossen wurde, alles getan, um einen Streik der Beschäftigten zu verhindern. Noch vor kurzem hat die FSG-Fraktion einen Streikantrag der - man höre und staune! - FCG-Fraktion in der Post abgeschmettert.
Motor dieser verheerenden Entwicklung ist die Liberalisierungspolitik der EU, die schon bisher schrittweise die Öffnung der Postmärkte vorgeschrieben und zur immer weiteren Ausdünnung des Service geführt hat. Bis 2011 soll die Totalliberalisierung der Postmärkte abgeschlossen werden. Eine Unterordnung unter diese Liberalisierungspolitik führt zwangsläufig dazu, dass einige wenige private Monopole bald den Markt diktieren werden. Ähnlich wie bei der AUA wird über kurz oder lang der mit Abstand größte Anbieter in diesem Bereich, die deutsche Post AG, sich die österreichische Post einverleiben wollen. Ähnlich wie bei der AUA bestehen über den ÖIAG- und Post-Aufsichtsrat schon heute enge Verbindungen zu deutschen Großkonzernen, die ihrerseits an der Deutschen Post beteiligt sind. Was bleibt überhaupt nach diesem Kahlschlag von der österreichischen Post noch über? Offensichtlich soll der Betrieb filetiert werden, einzelne Leistungen wie z. B. die Briefzustellung sollen sukzessive und ohne dass es das Publikum sofort merkt auch an andere Firmen übertragen werden. So hofft man die Totalprivatisierung durch die Hintertür durchzusetzen.
Die EU-Liberalisierungsrichtlinien werden nach dem Mehrheitsprinzip auf EU-Ebene beschlossen, daher können hier die großen EU-Staaten im Interesse ihrer Konzerne kleinere Staaten überstimmen und damit deren öffentlichen Postanbietern den Garaus machen. Appelle an die EU-Mächtigen, sie mögen von ihrer neoliberalen Grundlinie ablassen, sind derzeit Appelle an den Weihnachtsmann, solange nicht einzelne Mitgliedstaaten den Mut aufbringen, diese Liberalisierungspolitik in ihrem Wirkungsbereich zu verweigern.
In den letzten Wochen wurde vielfach der Eindruck vermittelt, die Regierenden hätten aus der Jahrhundertfinanz- und Wirtschaftskrise gelernt. Eine Rückkehr zum neoliberalen "business as usual" kann es nicht geben, hörte man einhellig aus Konzernvorständen und Regierungskonferenzen. Die EU wurde verschiedentlich als Krisenmanagerin und neuer Hort krisenabwehrender Regulierung gefeiert. Alles Show. Die große Abzocke auf Kosten der Arbeitenden und der Gemeinschaft soll wie sich jetzt zeigt ungebremst weitergehen. Es gibt den Weg raus aus der Sackgasse, für eine demokratische Wende. Gehen müssen wir ihn selbst.
Alle, die sich gemeinsam mit der Werkstatt gegen Beschäftigungsabbau und Postamtsschließungen einsetzen wollen, sind herzlich zu unseren nächsten Treffen eingeladen: Linz: Do, 13. November 2008, Ort: Werkstatt-Büro (Waltherstr. 15, 4020 Linz), 18 Uhr. Wien: Do, 20. November 2008, Ort: Amerlinghaus (Stiftgasse 8, 1070 Wien), 19 Uhr. |