Berlin: KØPI vor dem Aus oder was? |
Geschrieben von KØPI/akin | |
Freitag, 18. Mai 2007 | |
Ein besetztes Areal in der Berliner Köpenicker Straße wechselte wieder einmal den offiziellen Eigentümer. Das Projekt ist damit erneut bedroht. Am 8.Mai 2007 kaufte die "VRB B-44 GmbH & Co. KG", eine sogenannte Vorratsgesellschaft, das Grundstück Köpenicker Str. 133-138 in der Berliner City. Das Spannende daran: Häuser und Grundstück bilden das selbstverwaltete Kultur- und Wohnprojekt KØPI, das vor 17 Jahren nach der Ostöffnung durch eine Besetzung entstand. Heute wohnen rund 100 Menschen in den Häusern und auf den Bauwagenplatz.Dubioses Firmenkonglomerat Wie und ob das Projekt weiter existieren kann, ist damit fraglich - wie schon so oft in der Geschichte des KØPI. Von den BewohnerInnen wird angenommen, daß der Käufer eher von der unseriösen Art sein dürfte. Erstens deswegen, weil das Grundstück, das keiner - eben wegen der Besetzung - niemand haben wollte, plötzlich - wie kolportiert wird, zu einem Spottpreis - doch einen Käufer fand und zweitens ein Blick ins Handelsregister nichts Gutes verspricht: Die VRB 8-44 GmbH & Co. KG wurde von der Plutonium 114 GmbH 6 Tage vor der Versteigerung gekauft - die KØPIs vermuten, um die Käufer zu verschleiern. Im Handelsregister sind für die Plutonium GmbH Frau Renate Nehls als Gesellschafterin und ihr Sohn Siegfried Nehls als Geschäftsführer eingetragen. Bis Ende 2006 war diese Firma als Vitalis Altbauten GmbH registriert. Die Firma "Vitalis", in der die Familie Nehls in mehreren Positionen tätig ist, hat einen Anhang von mindestens 50 Unterfirmen und ist verstrickt mit der Firma "Sanus AG". Die angegebene Adresse der jetzigen "Plutonium GmbH" (und ihrer Unterfirmen) in der Lietzenburgerstr 83 existiert nicht wirklich, alle Adressen der Firma "Vitalis Altbauten GmbH & Co" sind verwaist. Dafür hat die Sanus AG Ihre Adresse in einem noblen Haus am Kurfürstendamm. Die KØPIs wollen sich aber auch weiterhin nicht vertreiben lassen. Auch der neue Käufer wird mit Widerstand rechnen müssen. Denn seit 1990 wollten schon viele das lukrative Objekt der marktwirtschaftlichen Verwertung unterwerfen, wie ein Blick in die Geschichte des KØPI zeigt. Eine Geschichte, in der sich paradigmatisch der Umbruch von der DDR in ein Territorium des "Freien Westens" spiegelt. Hier die Schilderung des Geschehenen in den eigenen Worten der BewohnerInnen: Die Besetzung "Im Sommer 1989 fliehen Tausende von Ostdeutschland über Ungarn in den Westen. Im November öffnet sich die Grenze schliesslich ganz, und auch die letzten Ostler dürfen in den goldenen Westen reisen! Gleichzeitig ergab sich auch die Möglichkeit, den umgekehrten Weg zu gehen. So entschlossen sich Ende November mehrere Leute aus West-Berlin ein Haus im Ostteil der Stadt zu besetzen. Die ersten Kontakte zur Ostberliner HausbesetzerInnenscene waren ziemlich frostig (kein Bock auf Westler). Dann lernten wir doch Menschen kennen die uns sofort unterstützten (viele Grüsse an die Schreinerstr.). Kurz vor der Besetzung schloss sich uns noch eine Gruppe an, die vorher ein Haus in der Kreutzigerstr. besetzt hatte. (Die Kreutziger wurde später wieder besetzt.) Am 23.2.1990 besetzten wir das Haus in der Köpenickerstr. 137 im Bezirk Mitte. Das Haus war gerade entmietet worden und sollte abgerissen werden. Die Verwaltung des Hauses unterlag der KWV (Kommunale Wohnungsverwaltung). Sowohl mit der KWV als auch mit den Ostcops gab es eigentlich keine Probleme. Schwierigkeiten hatten wir eher damit, daß wir das erste hauptsächlich von 'Westlern' bewohnte Haus waren. Nach einigen Wochen richteten wir eine Volksküche ein und machten Konzerte, Parties und Soliveranstaltungen. Im Frühling und Sommer zogen immer mehr Menschen in den Ostteil der Stadt und besetzten viele, viele Häuser. Nachdem die DDR im Oktober vollständig annektiert wurde, gab es die ersten gewaltsamen Räumungen. Legalisierung Nach der Räumung der Mainzer Straße gab es im Bezirk Mitte einen runden Tisch, der für die Häuser nach friedlichen Lösungen suchte. Im Sommer 1991 wurde zwischen den NutzerInnen/BewohnerInnen und der WBM (Nachfolgeeinrichtung der KWV) ein Vorvertrag für alle gemeinschaftlich/gewerblich genutzten Räume in der Köpenicker Str. 137 ausgehandelt. Dieser beinhaltet die bauliche Selbsthilfe und Einzelmietverträge. Am 1. Mai 1993 übernahm die GSE (Gesellschaft für Stadtentwicklung ) im Auftrag der WBM die Verwaltung für unser Haus. Die Einzelmietverträge wurden mit der GSE abgeschlossen. Autonomes Wohn & Kulturprojekt Das Haus bietet Wohn und Lebensräume für ca. 60 Menschen, einschl. ihrer Kinder, wovon einige von ihrer Geburt an hier wohnen. Verschiedene Menschen nutzen unseren Hof und Garten um das Leben im Wagen zu geniessen, wobei unserer Garten auch allen andreren zur Verfügung steht, die Bock haben unter Bäumen am Lagerfeuer zu sitzen. Das ehemalige Postgelände auf dem Nachbargrungstück wird seit einigen Jahren als Wagenplatz genutzt. Auf dem Hof kann Streetball gespielt werden, und auch die Sporträume im Haus stehen auf Anfrage zur Verfügung. Das unkommerzielle, selbstverwaltete Kulturzentrum bietet seit 1994 in den ehemaligen Sporträumen im Erdgeschoss vielen Menschen die Möglichkeit, sich zu unkommerziellen Veranstaltungen zu treffen. Es gibt regelmässig vegetarische Volxküche, kostenloses Kino, Konzerte, Diskos, Soliveranstaltungen, eine Cocktailbar, ein Videoarchiv und Kneipenbetrieb auf Selbstkostenbasis. Hunderte von Bands und anderen KünstlerInnen aus 4 Kontinenten sind seitdem bei uns aufgetreten. Wer die Køpi kennt, weiss, dass viel Geld und Arbeit notwendig waren und weiterhin notwendig sind, um Wohnungen, Garten, Veranstaltungsräume usw. in nutzbarem Zustand zu halten. Wir haben in den letzten 17 Jahren nie einen Mark von unserem Besitzer, Vermieter oder vom Staat oder sonstwoher erhalten. DAS SOLL AUCH SO BLEIBEN. Auch ohne Staatskohle sind kontinuierlich dabei das Haus instandzuhalten und instandzusetzen. Im Verlauf der Jahre haben wir unter anderem umfangreiche Dacharbeiten durchgeführt sowie das gesamte Ab- und Frischwassersystem erneuert. Durch die Instandsetzungsarbeiten können wir die Räume im Keller seit 7 Jahren als Werkstatt, Kino und Cocktailbar nutzen. Eine ehemalige Kegelbahn wurde zum Technokeller umgebaut. Die Rückübertragung Die Problematik der Rückübertragung dürfte vielen Leuten wohl bekannt sein. Am 1. Oktober 1995 übernahm die Hausverwaltung Petersen und Partner KG Franzensbaderstr. 6 14193 Berlin die Verwaltung von unserem Haus. Der Besitzer ist Volquard Petersen. Genau ein Jahr später erhielten wir von seinen Handlangern, dem Anwaltsbüro Cetin & Hilger Kurfürstendamm 225 völlig überraschend die fristlose Kündigung mit der Aufforderung das Haus innerhalb einer Woche zu verlassen. Dasselbe noch einmal im November. Da wir der Aufforderung selbstverständlich nicht nachkamen, reichte die Petersen&Partner KG im Dezember 1996 Räumungsklage beim Amtsgericht Tempelhof ein. Dieses erklärte sich erst einmal für nicht zuständig. Schließlich wurde die Klage abgewiesen. Hintergrund der Geschichte waren die Baupläne der Petersen&Partner KG. Der Garten sollte einem Bürokomplex mit Eigentumswohnungen und Tiefgarage weichen!!! Das Hinterhaus (von uns bewohnt) sollte luxusmodernisiert werden, mit Gewerberäumen im Parterre & Büros im Ersten sowie Eigentumswohnungen darüber. Baugenehmigungen wurden vom Bezirk erteilt. Dennoch kam es nicht zur Umsetzung, da Petersen inzwischen Konkurs anmelden mußte. Neuere Pläne stehen im Zusammenhang mit dem großkotzigen 'Media Spree'-Projekt. Der Umbau des Spreeareals ist bereits in vollem Gange. Die Bauarbeiten sind inzwischen bis auf das uns gegenüberliegende Gelände des ehemaligen Baustoffhandels Kapellla vorgedrungen. Die Versteigerungsversuche Nachdem alle Vertreibungsversuche fehlschlugen und sich kein Geld mit der Spekulation mit der Köpi verdienen ließ, leiteten Petersens Gläubiger ein Zwangsversteigerungsverfahren am Amtsgericht Mitte ein. Seine Schulden beliefen sich auf über 5Mio DM. Das Amtsgericht versuchte seit 1999 viermal, die Köpi zwangszuversteigern, um damit einen Teil der Schulden von Petersen hauptsächlich an die Commerzbank, der Hauptgläubigerin (über 2 Mios), wieder einzutreiben. All diese Versuche sind, nicht zuletzt wegen zahlreichen Protest und Soliaktionen in ganz Europa, kläglich gescheitert. Es gab mehrere große Demos mit bis zu 2000 TeilnehmerInnen, Kundgebungen, Aktionen in Commerzbankfilialen, Solikonzerte und vieles mehr. Dank nochmal an Euch alle! Die letzten beiden Versteigerungstermine sind bereits im Vorfeld abgesagt worden. Offizieller Grund: Keine Interessenten! Einem Zwangsverwalter Anton Meichsner, der das Amtsgericht zur Verwaltung eingesetzt hat, wurde inzwischen die Zwangsverwaltung wieder entzogen, weil er die Verwaltung nicht ordnungsgemäß vollzogen hat. Jetzt ist alles wieder beim Alten: Die Verwaltung liegt wieder bei Petersen. Und der ist pleite. Von seiner Seite hörten wir seitdem nichts mehr. Einmal war die Rede von einem Notverwalter. Letztens schickte ein gewisser Manfred Schulz - angeblich ein Generalbevollmächtigter von Petersen - Interessenten vorbei, die unsere Vereinsräume anmieten bzw. besichtigen wollten. Nach einem kurzen Gespräch mit uns, zogen sie desinteressiert ab." Quelle: http://www.koepi.squat.net/ Zusammenfassung: akin |
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