Samstag, 24. Januar 2009
 
Was Demokratie ist PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Bernhard Redl   
Donnerstag, 12. April 2007

Die Verlängerung der Gesetzgebungsperiode macht wieder einmal klar, welchen Stellenwert Demokratie in diesem Land hat, meint Bernhard Redl.

„Speed kills!“ Das war im Jahr 2000 das Motto der schwarzblauen Regierung. Diese Regierung verhält sich ähnlich – vor allem, wenn man ihre Verfassungspläne ansieht. Bis 30.April liegt der Ministerialentwurf zur Verlängerung der Gesetzgebungsperiode zur Begutachtung auf, beschlossen soll das ganz wohl noch vor dem Sommer werden. Ebenso soll bis zur Sommerpause ein Entwurf für die Totalreform der Verfassung vorliegen, der derzeit im stillen Kämmerlein von einer extrem kleinen Gruppe ausverhandelt wird. Für beide Angelegenheiten ist eine Miteinbeziehung des Bundesvolkes, von dem laut Verfassung „alles Recht ausgeht“ in diesem Staat, keine Rede.

Vor der Wahl wurde immer wieder von einer Stärkung partizipativer Elemente gesprochen. Nach der Wahl wird die Gesetzgebungsperiode verlängert – das wäre ein interessantes Wahlkampfthema gewesen, aber nachdem alle Parteien dafür sind und man mit diesem Anliegen kaum Wählerstimmen hätte gewinnen können, bekommen wir das jetzt, ganz zu Anfang der Amtsperiode serviert, in der Hoffnung, daß das die Wähler bald wieder vergessen haben werden. Schließlich werden dank dieser Verfassungsänderung in der Zukunft diese Vergessensperioden noch länger sein können.

Natürlich gilt der alte Spruch: „Wenn Wahlen etwas verändern könnten, wären sie längst verboten!“ Beispielsweise gab es seit 1986 nur Regierungen, in denen die ÖVP den Ton angab – unabhängig vom Wahlergebnis. Aber selbst wenn die SPÖ auch einmal Einfluß auf die Politik hatte, war sie ja doch nur eine Getriebene des Kapitals.

Aber dennoch ist diese vollkommen präpotente Art, den minimalen Einfluß, den wir durch Wahlen doch noch haben, noch weiter zu verschmälern, bezeichnend für das politische System. Denn eben das Schweigen auch der Oppositionsparteien, die sich ja auch Wahlkämpfe ersparen und sich länger ihrer Positionen sicher sein können, aber auch das völlige Fehlen anderer politisch relevanter Institutionen, die sich für mehr Demokratie einsetzen, ist genauso erwartbar gewesen, wie aber doch auch erschreckend.

Denn was Demokratie ist, bestimmen wir! – das ist die unausgesprochene Losung der classe politique. Das Volk darf hin und wieder ein Kreuzerl machen, hat aber sonst nichts mitzureden. Demokratie als politisches System wäre Herrschaft des Volkes inclusive weitgehender Rechte für Minderheiten. Republik als Prinzip wäre Politik als öffentliche Angelegenheit. Die Realität ist das Mauscheln der Eliten die uns ex cathedra verkünden, das sie ja nur das Beste für uns wollen und wir, die wir ja nun keine politischen Profis seien, müßten uns das einfach nur von den Experten erklären lassen.

Dieser allseits akzeptierte Paternalismus des politischen Systems ist allerdings nicht nur ein Zeichen von Verrottung, sondern ein prinzipieller Webfehler in der Idee der bürgerlichen Demokratie. Wenn man Menschen zu Vertretern erhebt, um die politischen Angelegenheiten zu delegieren, dann werden aus den Vertretern politische Führer und letztlich so etwas wie demokratisch geschminkte Diktatoren, die selbst darüber bestimmen, in welcher Form das Volk sie kontrollieren darf.

In diesem Machtgefüge aus Politik und Kapital dürfen natürlich auch die Medien nicht fehlen, die nunmal eben nicht unabhängig von Politik und Kapital agieren. Da wird zwar schon oft Kritik geübt, aber alles bleibt im vorgegebenen Rahmen des business as usual, der durch direkte Intervention, die Schere im Kopf oder einfach nur die Gewohnheit des Medienalltags definiert ist.

Genau deswegen ist es so wichtig, zu versuchen, Dingen wie dieser Verlängerung der Gesetzgebungsperiode ohne jegliche öffentliche Debatte doch noch eine Öffentlichkeit zu geben. Verhindert wird diese Verlängerung wohl kaum werden können, dafür sorgt schon das System. Aber vielleicht wird ein paar Leuten mehr in diesem Land klar, wie sehr wir von der Herrschaft in diesem Land papierlt werden.

In diesem Sinne ist die Gründung der „Initiative Demokratie“, die sich nun für eine Volkabstimmung zu diesem akuten Thema einsetzen will, sehr zu begrüßen. Aber vielleicht kann diese Initiative auch eine thematische Weiterung erfahren, so daß ich mir in Zukunft mein Ceterum Censeo ersparen kann: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es eine NGO für Demokratie und Verfassungsrecht geben müßte.


Siehe auch Aufruf der Initiative

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