Die Idee einer Finanztransaktionssteuer beginnt sich auch in Regierungskreisen durchzusetzen. Allerdings gibt es unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich der Verwendung der Mittel. Der nächste Koalitionsstreit ist vorprogrammiert. Der eigentliche Sinn der Steuer wird dabei verwässert.
Die Veranstaltung des Ökosozialen Forums zu „Besteuerung von Finanztransaktionen. Status Quo und Ausblick“ am 21.1.2008 war mit prominenten RednerInnen besetzt: Jean-Pierre Landau (Französische Nationalbank) stellte die Grundidee der Besteuerung von Finanztransaktionen zur Finanzierung von globalen Aufgaben bzw. zur Abfederung und Verhütung von globalen Risken im Kontext der Globalisierung vor. Landau betonte die Notwendigkeit einer stabilen und vorhersagbaren Finanzierungsquelle für Entwicklungsvorhaben, für die die Devisentransaktionssteuer immer gedacht war. Zugleich vertrat er die Meinung, dass man von der Tobin´schen Idee der Stabilisierung der Finanzmärkte abkommen müsse, da die Steuer nur wenig in die Finanzmärkte eingreifen würde und sollte.
BMF und BMWA haben drei Studien zu Zielsetzung, Machbarkeit und Auswirkungen einer Finanztransaktionssteuer in Auftrag gegeben, welche präsentiert wurden. Sándor Richter (Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche) sowie Stephan Schulmeister und Margit Schratzenstaller (WIFO) erläuterten die Zielsetzungen und stellten konkrete Vorschläge vor. Für sie ist der Lenkungseffekt einer FTA-Steuer bzw. die Verringerung von Volatilität schon eine von mehreren Zielsetzungen. Schulmeister nannte folgende Argumente für eine Besteuerung von Finanztransaktionen:
- Belastung der öffentlichen Haushalte durch Wegfall von Zöllen und niedrige Umsatzsteuern - Supranationale Herausforderungen - Kleine Korrektur zur Steuerbelastung gegenüber Realkapital und Arbeit - Stabilisierung von exzessiv dynamischen Finanzmärkten.
Anders als die ursprünglich diskutierte Devisentransaktionssteuer soll eine Bandbreite von Finanztransaktionen (v.a. auch Geschäfte mit Derivaten, die 80% der Finanztransaktionen ausmachen und in den letzten Jahren massiv angewachsen sind) in die Besteuerung inkludiert sein. Die StudienautorInnen stellten Möglichkeiten zur schrittweisen Einführung einer europäischen FTA-Steuer vor, etwa zuerst auf den großen europäischen Börsen.
Selbst bei einer geringfügigen Besteuerung von 0,01% würde man laut WIFO auf ein Steuervolumen kommen, das 2/3 des EU-Budgets entspricht. Dementsprechend sind auch Begehrlichkeiten von verschiedenen Seiten groß, die sich eine Finanzierung des EU-Budgets aus dieser Quelle erhoffen. Seitens des Vertreters aus dem Wirtschaftsministerium etwa, Michael Losch, war kein Wort zur Zweckbindung einer FTA-Steuer für EZA zu hören, viel jedoch vom EU-Budget. Finanzminister Molterer sagte, die Perspektive auf Besteuerung von FTA sei richtig und würde von ihm unterstützt, zugleich betonte er, wie wichtig die Unabhängigkeit von nationalen Steuern durch eigene EU-Steuern für das EU-Budget wäre. Hingegen sprach sich Bundeskanzler Gusenbauer klar für die Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit durch eine Finanztransaktionssteuer aus. Die Transaktionskosten seien durch den technischen Fortschritt immer billiger geworden, dagegen sei die steuerliche Sonderstellung des schnellen Geldes nur schwer verständlich. Die Österreichische Bundesregierung will sich klar positionieren und ihre Vorschläge auf internationaler Ebene (insb. in der EU) einbringen und Verbündete suchen – es wird mit einem sehr langen Prozess gerechnet, der viel Beharrlichkeit braucht. Die Forderung nach einer klaren Widmung für die Entwicklungszusammenarbeit wurde von Franz Fischler (Ökosoziales Forum) in seinem Schluss-Statement massiv unterstrichen.
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