Samstag, 24. Januar 2009
 
Merkel für EU-Armee und EU-Militärverfassung PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Werkstatt Frieden & Solidarität   
Dienstag, 3. April 2007

Deutsche EU-Präsidentschaften haben sich schon bisher als Meilensteine der Militarisierung erwiesen. Die letzte deutsche Präsidentschaft im ersten Halbjahr 1999 diente dazu, die EU in den Krieg gegen die BR Jugoslawien zu führen und im Rahmen des Kölner EU-Gipfels (Juni 1999) die 60.000 Mann/Frau starke „EU-Eingreiftruppe“ auf die Schienen zu bringen. Die derzeitige deutsche Präsidentschaft wollen Merkel & Co nutzen, um die Durchsetzung der EU-Verfassung und einer stehende Europa-Armee auf die EU-Tagesordnung zu setzen.

Mit dem Vorstoß von Merkel in Richtung Europa-Armee anlässlich des 50. Jahrestag der Gründung der EG tritt der wirkliche Charakter der EU deutlich hervor: die Errichtung einer militärischen Supermacht. Die deutschen Machteliten übernehmen dabei immer unverhohlener die Führungsrolle. Bereits in den 90er Jahren bekräftigte der damalige BRD-Außenminister Klaus Kinkel, dass es für das wiedervereinigte Deutschland darum ginge „zwei Aufgaben parallel zu meistern: Im Innern müssen wir wieder zu einem Volk werden, nach außen gilt es etwas zu vollbringen, woran wir zweimal gescheitert sind.“ (FAZ, 19.3.1993) Die Tonlage der Berliner Außenpolitik wird rauer. Die deutsche Kanzlerin Merkel drohte vor kurzem gegenüber jenen, die sich der EU-Verfassung entgegenstellen, dass "die Idee der europäischen Einigung auch heute noch eine Frage von Krieg und Frieden ist.“ (Bild 23.03.2007) „Europäische Integration“ wie das in Berlin definiert wird, hat mit einer friedlichen und gleichberechtigten Zusammenarbeit nichts zu tun. Angestrebt wird jenes militarisierte, hierarchisierte Europa, wie es in der EU-Verfassung vorgesehen ist:

Umstellung der Stimmgewichte so, dass sich der Einfluss der BRD verdoppelt und der von kleineren und mittleren Ländern sich deutlich verkleinert
Festschreiben der Verpflichtung zur Aufrüstung (Art.I-41) samt verfassungsrechtlicher Fixierung einer Rüstungsagentur, die diese Aufrüstungsverpflichtung entsprechend observiert.
Schaffung der rechtlichen Grundlagen für ein eigenes EU-Rüstungsbudget
Mandat für den EU-Ministerrat zur globalen Militärmissionen – auch ohne UNO-Mandat („Bekämpfung des Terrorismus im Hoheitsgebiet von Drittstaaten.“)
Errichtung eines militärischen Kerneuropas als Führungsgruppe in der EU, das von jenen Staaten gebildet wird, die „anspruchsvolle Kriterien in Bezug auf die militärischen Fähigkeiten erfüllen“.
„Militärische Eskalationsdominanz“

Im „European Defence Paper“, einem im Auftrag des EU-Rates im Jahr 2004 entstandenen Strategiepapier, ist klargelegt, worunter die EU-Mächtigen leiden: „Die Fähigkeit Kriege in einem anspruchsvollen Szenario zu wagen und zu gewinnen ist noch sehr beschränkt ... Noch fehlt es der EU an militärischer Eskalationsdominanz....“. Und auch, welche Aufgaben sie in den nächsten Jahren meistern wollen: „Die Transformation Europäischer Streitkräfte von der Landesverteidigung in Richtung Intervention und Expeditionskriesgzüge ist eine unabdingbare Voraussetzung.“ Die EU muss sich auf „militärische Herausforderungen im Mittleren Osten von der gleichen oder sogar einer größeren Dimension als der Golfkrieg von 1990-1991“ einstellen. Zur Erinnerung: Bei diesem Krieg wurden rd. 300.000 IrakerInnen getötet. Schließlich – so das European Defence Paper abschließend: „Die anspruchsvollste Aufgabe ist die Machtprojektion, die aus der Kombination von Luftschlägen, Landangriffen und amphibischen Operationen besteht.“ (European Defence Paper, ISS 2004)

Verhöhnung der Bevölkerung

Mit den Eurofightern will die österreichische Regierung nicht nur ihren Beitrag zur Erringung „militärischer Eskalationsdominanz“ leisten, immer offener wird die vollständige Unterordnung unter die Berliner Außenpolitik zelebriert. Gusenbauer preist Merkel als „Glückfall für die EU“ (Kronenzeitung, 19.03.2007), als sie die Forderung nach der EU-Streitmacht erhebt. Die SP/VP-Regierung hat es sogar geschafft, den Merkel-Vorstoß für eine Europa-Armee bereits vorsorglich in das rot-schwarze Regierungsprogramm aufzunehmen. Gusenbauer lobt die Inhalte der EU-Verfassung, die von der französischen und niederländischen Bevölkerung in Volksabstimmungen deutlich verworfen worden sind: „Es gibt kein besseres Dokument“ (Kurier, 24.02.2007). Selbstverständlich denkt am Ballhausplatz niemand daran, die österreichische Bevölkerung über die EU-Verfassung, die im Widerspruch zu Verfassung und Neutralitätsgesetz steht, abstimmen zu lassen. Der deutsche EU-Parlaments-Abgeordnete Jo Leinen, Vorsitzender im Ausschuss für konstitutionelle Fragen, darf in einem Standard-Interview unwidersprochen die Bevölkerung verhöhnen: „Für Österreich gibt es keinen Grund, eine Volksabstimmung zu machen, weil das Land schon ratifiziert hat. Die Bevölkerung künstlich zu Themen zu fragen, die längst entschieden sind, erniedrigt das wichtige demokratische Instrument der Volksabstimmung“ (Standard, 9.1.2007). Im Klartext: Nachdem ein SP-VP-FP-Grün-Allianz der österreichischen Bevölkerung im Jahr 2005 – verfassungswidrig – eine Volksabstimmung über die EU-Verfassung verweigert hat, soll diese auch weiterhin das Maul halten. Demokratie wie sie die Eurokraten meinen, ist eine Elitensache, die durch das gemeine Volk nicht beschmutzt werden darf.

Nibelungentreue oder Ausbruch aus dem EU-Militarismus

Wir laden all jene, die diese Verhöhungen durch die Mächtigen satt haben, ein, sich mit der Werkstatt Frieden & Solidarität für eine neutrales, solidarisches und weltoffenes Österreich zu engagieren. Wir müssen mehr werden und uns besser organisieren, wenn wir den Machteliten, die entschlossen den Weg der militärischen Enthemmung beschreiten, etwas entgegensetzen wollen. Ob Österreich weiterhin nibelungentreu den Berliner Großmachtsplänen assistiert, oder ob der Ausbruch eines kleinen, neutralen Landes aus dem EU-Militarismus gelingt, ist auch international keinesweg unbedeutend. Es hängt viel von uns ab und jede/r kann dazu einen Beitrag leisten.

Die Werkstatt Frieden & Solidarität hat bei ihrer Vollversammlung am 10. Februar 2007 ein neues Programm beschlossen: "Friedensrepublik Österreich - für ein neutrales, solidarisches und weltoffenes Österreich!" zu lesen auf www.werkstatt.or.at
Engagieren statt resignieren!

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