Samstag, 24. Januar 2009
 
Wien, die gesäuberte Stadt PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von KPÖ Margareten   
Mittwoch, 12. März 2008

Die KPÖ Margareten meint, das Bettelverbot für Kinder in Wien habe seinen Grund nicht im Kinderschutz.

Immer mehr Bettelverbote werden beschlossen. Die extreme Rechte sagt unverblümt, worum es ihr geht: sie will ausmisten. Menschen sollen wie Dreck behandelt werden. ”Wir säubern Graz” war etwa der Wahlslogan des BZÖ. Die ”gesäuberte Stadt” als Wahlversprechen. Die Mistgabel gehört wieder zur Bildsprache der Politik.

Doch längst werden Bettelverbote nicht nur von reaktionären Saubermänner propagiert, auch die politische Mitte hat sie entdeckt, als Instrument um Städte als saubere, attraktive Standorte zu positionieren. Menschengruppen, die nicht im Hochglanzfolder Innenstadt vorkommen sollen, werden einfach aus dem Bild gerückt. Sie schädigen das Image, das die Regierenden der Stadt zu Werbezwecken geben wollen. Die Standortlogik macht das menschenverachtende Kehraus-machen zum politischen Konsens.

Und im Konsens aller im Wiener Gemeinderat vertretenen Parteien wird auch das Wiener Landesicherheitsgesetz, das die Bettelei regelt, dahingehend verschärft, dass das Mitführen von Kindern beim Betteln unter Strafe gestellt wird. Dabei geht es der SPÖ vor allem um bettelnde Roma, die aus Rumänien und Bulgarien kommend mit Kindern bei U-Bahnstationen und anderen stark frequentierten Plätzen sitzen oder knien.

So wie in Deutschland vor der Fußballweltmeisterschaft etwa in Hamburg ein Bettelverbot verhängt wurde, wird nun in Wien im Vorfeld der EURO 2008 gegen Arme vorgegangen. Seitens der SPÖ und den Grünen, die das neue Verbot ”grundsätzlich begrüßen”, wird selbstredend nicht mit dem Erscheinungsbild der Stadt, sondern mit dem Kindeswohl argumentiert.

Betteln ist natürlich keine Beschäftigung mit oder gar von Kindern. Aber was bewirkt ein Verbot, für das Strafen bis zu EUR 700 oder eine Woche Freiheitsstrafe drohen? Die, die es erwischt, werden noch weiter ins Elend gerissen. Für die betroffenen Roma ist Betteln schlicht eine Überlebensfrage, die einzige Möglichkeit, legal zu Geld zu kommen. Wer mit einem Verbot darauf antwortet, zerstört ihre Existenzgrundlage und ändert nichts an der desaströsen Lage, die sie zum Betteln zwingt. Betteln findet mitunter auch unter Zwang und kontrolliert von kriminellen Organisationen statt. Bettelnde werden in Schuldknechtschaft ausgebeutet und sind Opfer von Menschenhandel. Gegen diese Menschenrechtsverletzungen gibt es allerdings ausreichende gesetzliche Grundlagen, um dagegen vorzugehen. Das würde aber verlangen, polizeiliche Ermittlungen anzustellen und nicht die sichtbaren Opfer, nämlich die bettelnden Frauen mit den Kindern, einzusammeln und zu bestrafen. Ein Bettelverbot setzt folglich keine Menschenrechte durch, sondern nur das reaktionäre, inhumane Konzept der ”sauberen Stadt”.

Ein Bettelverbot, schrieb der Schriftsteller Karl-Markus Gauß, ist der Anspruch einer reichen Gesellschaft, ”ihren Mitgliedern den Anblick jenes Elends zu ersparen, das sie selbst produziert.” Es werde, so Gauß weiter, so getan, als ”gebe es so etwas wie ein Menschenrecht des Wohlhabenden, auf dem Weg durch seine Stadt nicht durch die pure Anwesenheit von Hungerleidern behelligt zu werden.”

Wien soll offenbar nicht länger und schon gar nicht zur EURO 2008 von ”Hungerleidern” behelligt werden. Anders ist es nicht zu erklären, dass Stadträtin Sandra Frauenberger, die das neue Verbot ausgearbeitet hat, noch vor einem Jahr der Wiener FPÖ, die ein Bettelverbot forderte, ausrichten ließ, dass weder Polizei, noch Verbote Armut verhindern können und es vielmehr darum gehe, Armut zu bekämpfen.

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