Samstag, 24. Januar 2009
 
BBA: Land der Spanner PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von BBA/DAZ   
Samstag, 30. September 2006

Die Nominees des Big Brother Awards 2006 sind da. Besonderes Augenmerk wird dabei diesmal auf die ausufernden Verteilung von Überwachungskameras gelegt. Aber auch die Copyright-Mafia wird wohl diesmal nicht leer ausgehen.
Und auch beim per "Volkswahl" zu vergebenden Preis ist das Rennen noch nicht gelaufen.

Etwas verspätet, wie es in technischen Dingen hierzulande manchmal
vorkommt, dafür aber umso gründlicher fällt das Land Österreich dem
Kamerawahn anheim. Vor der Nationalratswahl 2006 werden noch schnell alle
Register gezogen, um dem Volk zu zeigen, was eine Ordnung ist und eine
öffentliche Sicherheit.

BBA-LogoAls sich die Frau Innenminister zu Linz von
TV-Kameras vor Überwachungskameras abfeiern
ließ, die man extra für den TV-Auftritt im öffentlichen
Raum drapiert hatte, gab das einen garstigen
Vorgeschmack darauf, was auf uns zukommt:
Video-Überwachung in allen Lebenslagen.
Egal ob sie nicht mehr bewirkt, als das "subjektive
Sicherheitsgefühl" zu steigern, was eines der
erklärten Ziele des Kamera-Einsatzes ist.

In Linz und Salzburg randaliert der jugendliche
Übermut nun halt woanders als auf den
überwachten Beisl-Meilen. In Wien hat sich die Kleindealer-Szene vom Schwedenplatz in weniger überwachte Teile des städtischen Weichbilds wegbewegt, die schwer Suchtkranken auf dem Karlsplatz hingegen sind geblieben und mittlerweile Akteure im Reality-TV.

In dieser Version der "Big Brother"-Show wird für ein noch exklusives
TV-Publikum von Polizeibeamt/inn/en vor dutzenden Kameras weiterhin
gedealt, gedrückt und auch gestorben. Aus dieser Variante der Reality-Show
werden die Akteure nämlich durch Verhaftung, Krankheit oder Tod
hinausgewählt.

All das läßt man sich auch etwas kosten. Allein in Wien werden 3,7
Millionen Euro in die Vollüberwachung aller U-Bahnzüge investiert, um zu
erwartende Vandalenschäden von 200.000 Euro pro Jahr zu verhindern. Hat
schon mal irgendwer nachgerechnet, wann sich diese massive Investition von
Steuergeldern frühestens amortisieren wird?

Vor Amtszeitende wurde von der österreichischen Regierung noch schnell mit
den benachbarten Innenministern die flächendeckende Video-Überwachung von
Zügen ausgemacht. Die neuesten Garnituren der ÖBB wurden schon davor mit
Kameras bestückt geliefert, sie brauchen nur noch eingeschaltet werden. Das
österreichische LKW-Mautsystem ist wiederum so konstruiert, dass auch alle
PKWs schon jetzt von den Maut-Kameras erfasst und eingelesen werden. Bis
jetzt - wenn es denn wahr ist - werden diese Daten noch gelöscht.

Wie lange noch? Der deutsche Innenminister hat bereits angekündigt, das
deutsche Mautsystem im Kampf gegen den Terror einzusetzen. Bald ist es auch
hier so weit, dass die Regierung anfängt, systematisch und flächendeckend
Zeit-Weg-Diagramme von ihren Bürger/inne/n anzulegen. Dafür darf dann über
einige vollüberwachte Strecken mit Tempo 160 gebrettert werden. Ein
österreichischer Versicherungskonzern bietet billigere Prämien an, wenn das
Fahrzeug rund um die Uhr via Satellit geortet werden kann.

Wer sich im öffentlichen Raum bewegt, muss erst einmal durch sein Verhalten
beweisen, dass er die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet.

Das auch in Österreich zu erwartende, nächste Stadium des Kamerawahns kann
dort, wo er zuallererst ausgebrochen ist, bereits besichtigt werden. In
Großbritannien sind die urbanen Überwachungssysteme bereits zum Teil in
ihre interaktive Phase eingetreten. Die Bilder der Überwachungskameras
werden via TV live in Haushalte übertragen, die Teilnehmer an diesem
Nachbarschafts-Reality-TV sind aufgerufen, verdächtiges Verhalten sofort
per E-Mail oder Telefon bei der Polizei zu melden.

Das ist das eigentliche Ziel.

Staatsbürger/innen sollen sich gefälligst gegenseitig bespitzeln und das
bitte gleich ordentlich. Statt einem Blockwart braucht man jetzt halt
viele, weil die Polizei mit der Auswertung so vieler Bilder längst
überfordert ist. Ein Nebenprodukt ist die Unterhaltung derer, die nicht am
öffentlichen Arbeitsleben teilnehmen, weil sie Arbeitslose, Hausfrauen,
Pensionisten oder Jugendliche sind.

Während sich das gemeine Volk solchermaßen durch wechselweises Belauern
unterhalten soll, wird auch das subjektive Gefühl des Wohlbefindens
gestärkt. Man trägt zur öffentlichen Sicherheit und Ordnung bei, man spielt
auf einmal wieder eine gesellschaftliche Rolle - und sei es die eines
kleinen Spitzels in der großen Spanner-Republik.

Der Tag scheint nicht mehr fern, an dem man auch in Österreichs Haushalten
Drogenkranke live vor der Überwachungskamera zusammenbrechen oder man
U-Bahn-Selbstmörder zur Steigerung des Nervenkitzels der kommenden
Voyeurs-Gesellschaft bei ihren letzten Schritten sieht. (BBA-Aussendung)

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Die Nominees in all ihrer Pracht:
http://www.bigbrotherawards.at/2006wiki/index.php/Nominierungen

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Bis 24. Oktober läuft noch die "Volkswahl":
http://www.bigbrotherawards.at/2006wiki/index.php/Nominieren

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Die Gewinner aus jeder Kategorie werden am 25.10.2006 in einer Gala im Wiener Rabenhof-Theater bekanntgegeben. Beginn ist 20:00, der Eintritt ist frei.

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