Samstag, 24. Januar 2009
 
Tortilla-Krise in Mexiko PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Ralf Streck, Telepolis, und ATTAC   
Montag, 5. Februar 2007

Die Preise für das Grundnahrungsmittel Mais sind in Mexiko stark gestiegen. Mit dem Beitritt von Mexiko zum Freihandelsabkommen Nafta konnten viele Bauern nicht mehr mit dem hoch subventionierten Mais aus den USA konkurrieren. Deshalb geriet das Land immer mehr in die Nahrungsmittelabhängigkeit vom reichen Nachbarn. Da dort die Nachfrage nach dem Korn zur Produktion von Bioalkohol für Autos steigt, können viele Mexikaner das Grundnahrungsmittel zur Herstellung der Tortillas nun kaum noch bezahlen. Nach nur kurzer Amtszeit sieht sich der neue Präsident Felipe Calderón erneut massiven Protesten ausgesetzt. Genutzt wird die Tortilla-Krise zur Propaganda für Gen-Mais.

So läuft "Freihandel" in der Realität: Die USA subventionieren ihre industriellen Maisfarmen, wodurch diese billig in Mexiko verkaufen können.
Dadurch gehen zahllose mexikanische KleinbäuerInnen bankrott und geben auf. In den USA wird der Mais plötzlich für "Bio"-Kraftstoffe benötigt, was die Exportpreise erhöht - und damit die Preise für ein Grundnahrungsmittel in Mexiko. Auf die Schnelle können nicht Tausende Menschen wieder zu MaisbäuerInnen werden. Wie hieß es noch: Freihandel löst alle Hungerprobleme!

In die Abhängigkeit der Launen des Weltmarkts

Da Mexiko seine Selbstversorgung nicht mehr bestreiten kann, ist die Bevölkerung nun von den Launen des Weltmarkts abhängig. Der entscheidet darüber, wie viele Mexikaner hungern oder nicht. Das mexikanische Grundnahrungsmittel Mais wird auf dem Weltmarkt zu Rekordpreisen angeboten. Der Bushel (25,4 Kilogramm) wird an der Börse von Chicago zu Preisen über 7 US-Dollar gehandelt. Vor zehn Jahren waren es noch gut 5 US-Dollar.

Als Ursache für den starken Preisanstieg werden verschiedene Faktoren genannt: Spekulation, die Dürre in Australien, die dort die Getreideernte bedroht, aber vor allem der steigende Bedarf beim großen Nachbarn im Norden. Die US-Bürger haben aber nicht ihre Liebe zur Tortilla entdeckt, sondern immer mehr Mais wird dort zu Bioethanol und damit zu Treibstoff für Autos verwandelt. Waren es 2006 noch etwa 10 % der US-Maisproduktion, könnte es bald sogar fast die Hälfte der Produktion sein.

Schon jetzt werde die für 2012 angestrebte Menge von Bioethanol in den USA erreicht. Seit dem starken Anstieg des Ölpreises werden in den USA die Kapazitäten für die Erzeugung von Bioalkohol stark ausgebaut. Lester R. Brown, Präsident vom Earth Policy Institute in Connecticut warnt davor, immer mehr Mais für die Herstellung von Bio-Ethanol zu verwenden. Ende 2006 habe es in den USA 116 Brennereien gegeben, 11 davon weiteten ihre Kapazitäten gerade aus, 79 weitere seien schon im Bau und weitere 200 in Planung.

In einem Bericht geht er davon aus, dass all diese Brennereien schon 2008 die Hälfte der gesamten Maisernte der USA verschlingen könnten Das führe zu einer steigenden Konkurrenz zwischen reichen Autofahrern und armen Maisessern:

weiter auf Telepolis - Ralf Streck, 29.1.2007 Artikel-URL

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