Ähnlich der Entwicklung in Deutschland hat das wirtschafts- wie gesellschaftspolitische In-die-Mitte-Rücken der SPÖ, insbesondere der Kniefall Gusenbauers vor der ÖVP, als auch die politische Stasis der Grünen in den letzten Jahren die Möglichkeit einer neuen linken Bewegung vor Augen geführt, aber nicht eröffnet.
Eröffnet wurde das Potential für eine neue linke Bewegung erst durch die in Europa durchgezogene wirtschaftsliberale Politik der letzten Jahrzehnte: - stückweise Einschränkung der Rechte und Ansprüche der Arbeitnehmerschaft - Demontage des Gesundheitssystems - Umverteilung im Sinne von Kapitalbesitzern sowie des oberen Ende des Einkommensspektrums - Sozialabbau und Umbau des Steuersystem - Unfähigkeit und Unwille der Gewerkschaften, die Ansprüche der Arbeitnehmerschaft durchzusetzen (zudem ÖGB-BAWAG-Affäre als Sonderfall in Ö.) Die Zeit drängt, ein neues linkes Projekt aufzustellen (auch weil diese Thematiken partiell vom rechten Rand aufgegriffen werden) und es muss eine linke Alternative entgegengestellt werden! Ich persönlich halte aber eine Kandidatur bei der kommenden Nationalratswahl – neben organisatorischen Schwierigkeiten – für wenig sinnvoll: 1. Das Thema Umverteilung und Verbesserung des Lebensstandards für untere Einkommensschichten (egal ob Rentner, Arbeitlose, Prekarisierte, Migranten, Arbeitnehmerschaft allgemein, usw…) wird uns in den nächsten Jahren erhalten bleiben und muss zentrales Thema einer neuen Linken sein! Eine stabile, bei Wahlen konkurrenzfähige Bewegung/Partei aufzubauen, wird aber länger als zwei Monate dauern (wir haben nicht den medialen Status und die politischen Verbindungen eines Fritz Dinkhauser)! 2. Bis dato sind zwar Vorschläge zu Stand- oder Programmpunkten der neuen Bewegung gekommen. Jedoch fehlt ein stimmiges und akkordiertes Wahlprogramm. Eine Bewegung durch einen vorschnellen Antritt bei der kommenden Wahl zusammenhalten zu wollen und nach der Wahl aufgrund von ideologischen und inhaltlichen Problemen Abspaltungen zu erleben, kann das vorzeitig Scheitern des Projekts bedeuten. 3. Es ist notwendig, sich auf einen Minimalkonsens zu einigen, der von uns allen tragbar ist und die Bevölkerungsgruppen in Österreich anspricht, die wir auch erreichen wollen. Durch das Einlassen auf dogmatische Diskussionen und Rhetorik verlieren wir nur Zeit und möglichen Zuspruch in der Bevölkerung – zudem müssen wir trachten, enttäuschte Grüne, Sozialdemokraten sowie generell sozial gesonnene Menschen anzusprechen. Wir haben keine PDS oder Gewerkschaftsabspaltungen wie die WASG als Rückgrat! 4. Vom Ausgang der Nationalratswahlen kann eine neue Linke nur profitieren. Bei Schwarz-Grün-Fritz ernten wir Teile der Grünen, bei Rot-Blau Teile der SPÖ, eine große Koalition lässt den Wählerfrust an die Decke wachsen und Schwarz-Blau wird sicher keine soziale Politik betreiben. Alles Varianten, die einem neuen linken Projekt langfristig nur nützen! 5. Diese Nationalratswahl wird wieder einmal zum Lagerwahlkampf hochstilisiert. Mit sinkender Wahlbeteilung und Wählerfrust ist zwar ein besseres Abschneiden von kleineren Parteien zu erwarten. Ein Antreten birgt aber auch die Gefahr, medial (Teuerung hat sich schon jeder auf die Fahnen geheftet, es treten einige neue und zum Politsprektrum konträre Kleinparteien an) unterzugehen und nach enttäuschender Wahl sich eine Chance durch die Finger gleiten zu lassen. Denke, die Chance eine neue linke Bewegung ins Leben zu rufen, ist groß und wird groß bleiben. Daher muss umsichtig und besonnen vorgegangen werden. Durch zu schnelle Vorstöße, nicht akkordiertes Auftreten, fehlende Einigung auf einen tragfähigen Konsens und eine thematisch/ideologische Zersplitterung kann mehr zerstört als aufgebaut werden. Die neuen linke Bewegung muss sich auf die „Umverteilung“ mit all ihren Facetten (Gesundheitsbereich, Steuerpolitik, Sozialabbau, Arbeitszeitflexibilisierung,…) als zentrales Thema konzentrieren. Ansonsten werden diesem Projekt sehr schnell viele mögliche Wähler und Sympathisanten den Rücken zuwenden!
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