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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 31. März 2022; 10:29
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Krieg:
Wort im Bild
Auf einer mit scharlachrotem Stoff drapierten Rednerbühne hielt ein Sprecher
der Inneren Partei, ein kleiner, hagerer Mann mit unverhältnismäßig langen
Armen und einem großen, kahlen Schädel, über den ein paar dünne Haarsträhnen
gelegt waren, eine feierliche Rede an die Menge. Eine kleine Rumpelstilzchengestalt,
verkrümmt von Haß, hielt er mit einer Hand das Mikrophon, während die
andere, riesig am Ende eines knochigen Armes, sich drohend in die Luft
über seinem Kopf krallte. Seine durch den Lautverstärker metallisch gefärbte
Stimme brüllte eine endlose Aufzählung von Greueltaten, Massenabschlachtungen,
Verschleppungen, Plünderungen, Vergewaltigungen, Gefangenenfolterungen,
Bombardierung von Zivilisten, Lügenpropaganda, unprovozierten Angriffen,
gebrochenen Verträgen heraus. Es war fast nicht möglich, ihm zuzuhören,
ohne zuerst überzeugt und dann empört zu werden. Alle paar Augenblicke
kochte die Wut der Menge über, und die Stimme des Redners ging in einem
wilden tierischen Gebrüll unter, das hemmungslos aus tausend Kehlen hervorbrach.
Die wüstesten Wutschreie kamen von den Schulkindern. Die Ansprache war
seit etwa zwanzig Minuten im Gange, als ein Bote auf die Rednertribüne
eilte und dem Sprecher ein Zettel in die Hand gedrückt wurde. Er entfaltete
und las ihn, ohne seine Rede zu unterbrechen. Nichts in seiner Stimme
oder in seinem Gehaben änderte sich, auch nichts im Inhalt seiner Rede,
doch plötzlich lauteten die Namen anders. Ohne daß Worte gefallen wären,
durchlief die Menge eine Welle des Verstehens. Ozeanien befand sich im
Krieg mit Ostasien! ... Der Sprecher, noch immer mit einer Hand das Mikrophon
umklammernd, die Schultern vorgebeugt, die freie Hand in die Luft gekrallt,
war unbeirrt in seiner Rede fortgefahren. Noch eine Minute, und die wilden
Wutschreie brachen erneut aus der Volksmenge hervor. Die Haßdemonstration
nahm genau wie vorher ihren Fortgang, nur daß die Zielscheibe sich geändert
hatte.
aus: 1.Akt, 1. Szene, Wien. Ringstraßenkorso. Sirk-Ecke. |
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