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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 17. Februar 2022; 05:31
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Wien/Verkehr/Debatte:

> Autoverkehr nicht pauschal beurteilen!

Antwort zum Text von Wolfgang Rehm über den Lobautunnel in akin 3/2022.

Im Text von W. Rehm findet sich eine Vielzahl von Standardargumenten, denen
ich im Großen und Ganzem zustimmen kann. Bei manchen einzelnen Argumenten
kann ich aber nicht umhin, zu widersprechen, weil ich sie viel zu pauschal
finde. In dem von mir betrachteten Fall der Nordumfahrung von Wien sollten
die einzelnen Parameter aber im Speziellen und nicht pauschal bewertet
werden.

Um meine Antwort nicht zu lang werden zu lassen werde ich die mir wichtigen
Punkte nach einem Zitat des Textes von W. Rehm beantworten oder
hinterfragen.

REHM: ". propagierte Verkehrsentlastung . Sie findet nicht statt, . Zunahme
gegenüber dem Bestand . auf der . Südost-Tangente."

Antwort: Eine Entlastung der Südost-Tangente würde sich durch eine
Parallelstrecke durch den Tunnel mit Sicherheit ergeben. Allerdings ist eine
Entlastung für den Verkehr auch nicht das, was man sich vom Standpunkt des
Klimaschutzes wünscht.

REHM: "Der Lobautunnel selbst wäre bereits 2035 wieder verstaut. Wichtig:
Der Gesamtverkehr nimmt stark zu, in Konsequenz auch die
Treibhausgasemissionen. Hier steht die S1 für ein Szenario mit 60%
straßenverkehrsbedingter CO2-Emissionszunahme im Untersuchungsgebiet -- eine
nicht hinnehmbare Entwicklung."

Antwort: Im Untersuchungsgebiet, wo die S1-Verlängerung geplant ist, würden
die CO2-Emissionen natürlich zunehmen. Dort wo dieser Verkehr derzeit
verläuft, würden sie dafür abnehmen.

REHM: ".Vorstellungen im Kopf nach dem Motto 'einmal Verkehr auf zweimal
Straße aufgeteilt ergibt weniger Verkehr pro Straße' -- aber
Verkehrsentwicklung funktioniert nicht nach dieser simplen Formel. Der Grund
dafür heißt in der Fachwelt 'induzierter Verkehr'"

Antwort: Diese für den lokalen Verkehr richtige Aussage gilt aber nicht für
den Ost-West-Durchzugsverkehr.

REHM: "Was Lärmimmissionen (Nachtzeitraum) betrifft, stehen 32.328
berechneten Immissionspunkten mit Zunahmen lediglich 12.246 Immissionspunkte
mit Abnahmen gegenüber."

Antwort: Hängt das nicht von der Verteilung der Messpunkte ab? Natürlich
entsteht an allen Immissionspunkten dort, wo bisher keine Straße, ist eine
Zunahme.

REHM: ".Grundwasserstockwerke (Notwasserreserve) gequert und für große
Baugruben Wasser abgepumpt werden."

Antwort: Bei jedem Bau, der bis in den Grundwasserbereich reicht, muss an
der Baugrube der Wasserspiegel mit Pumpen abgesenkt werden. Dieses Wasser
wird einige Meter weiter wieder dem Boden zugeführt. Also kein Grund für
Wasserknappheit.

REHM: "Der Vortrieb würde nicht ... in dichtem Untergrund, sondern durchwegs
in wasserführenden Schichten (großteils Sand) erfolgen und im Nationalpark
teilweise nur ca. 13 Meter unter Geländeoberkante liegen."

Antwort: Nach den mir zugänglichen Informationen liegt der Tunnel unter dem
Grundwasserkörper im dichten Untergrund und im Bereich unter der Donau und
der Au ca. 60 Meter unter der Geländeoberkannte.

REHM: "... annimmt, dass eine unterirdische Donauquerung schon OK ist, weil
ja oben kein Wald gerodet wird und die Tunnelbautechnik alles im Griff haben
wird."

Antwort: Ein Tunnel ist jedenfalls als schonendste Möglichkeit einer
Donauquerung entschieden worden nach jahrelangen Überlegungen über eine
Brücke und Stelzenstraße -- wie sie über die Donau und Au bei
Deutsch-Altenburg ausgeführt wurde (Andreas Maurer-Brücke).

REHM: "Als A21-Anrainer in Gießhübl erhofft er sich Entlastung."

Antwort: Ich bin kein A21-Anrainer, der aus eigennützigen Gründen eine
Entlastung der A21 möchte. Ich schätze sehr die Möglichkeit über die A21 in
20 Minuten am Ring sein zu können. Ich sehe aber jeden Tag den Schwerverkehr
auf der A21, der sich den Berg mit 5% Steigung hinauf quält und entsprechend
viele Abgasen ausstößt. Dadurch sehe ich in einer Verlagerung des
Ost-West-Durchzugsverkehr in den ebenen Norden einen Gewinn für die
CO2-Bilanz und damit fürs Klima.

REHM: "Da wäre gemessen am Erfordernis ein Ansatz, der versucht, Emissionen
einzusparen, indem gebirgigere Strecken durch ebene Strecken ersetzt werden,
selbst dann nicht problemadäquat, wenn er überhaupt funktionieren würde."

Antwort: Ich denke es ist jedem klar, dass eine Last einen Berg hinauf zu
führen mehr Energie kostet als sie auf der Ebene zu bewegen, oder gilt die
Physik etwa nicht mehr?

REHM: "Betrachten wir die überregionale Ebene, dann förderte eine
Lobauautobahn (die gerade keine Ortsumfahrung wäre) neben mehr
donauparallelem Ost-West Verkehr auch eine neue Transitachse in Nord-Süd
Richtung."

Antwort: Ich verstehe nicht wieso der Regionenring um Wien, für den nur noch
die Donauquerung fehlt, keine Ortsumfahrung sein soll.
Warum sollte der Ost-West-Durchzugsverkehr mehr werden? Er hängt doch nicht
von der Straßenführung ab.
Die derzeitige Nord-Süd-Achse führt über die Südost-Tangente, also mitten
durch die Stadt .

REHM: "Die von Buchner angesprochenen großen Umweltkonflikte Zwentendorf und
Hainburg unterscheiden sich stark voneinander, sie eint, dass beide
top-level Ereignisse waren. Der seit Jahrzehnten währende aktuell wogende
Lobau-Konflikt ist wiederum anders, aber in derselben Größenordnung.

Antwort: Zwentendorf war wegen dem Maximalrisiko Supergau (Tschernobil,
Fukushima) ein großes Problem. Das Hainburg-Staustufen-Projekt hätte die
ganze Au wesentlich beeinträchtig. Der Vergleich mit dem Lobautunnel ist
lächerlich, aber zur Agitation gut zu gebrauchen.

Grundsätzlich finde ich enttäuschend, dass in den sich wissenschaftlich
gebenden Argumentationen fast nur pauschale Erkenntnisse verwendet werden.
Die simple Formel "Jede Straße ist schlecht" kann ich nicht akzeptieren. Im
Sinne einer seriösen Diskussion sollten doch die Einzelfälle genauer
betrachtet und nicht alles über einen Kamm geschoren werden.

Zur Stadtstraße will ich hier keine Stellung nehmen.

*Leo Buchner*



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