**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 20. Januar 2022; 04:46
**********************************************************

Verkehr/Debatte:

> Warum ich für den Lobau-Tunnel bin!

Von *Leo Buchner*

Als direkt betroffener Anrainer des Ost-West-Transitverkehrs möchte ich euch
eine Sichtweise zu diesem Thema nahebringen, die in der Diskussion meines
Wissens noch keine Erwähnung fand.

Durch meinen Wohnort Gießhübl im Bezirk Mödling verläuft die A21. Der größte
Teil des PKW- und LKW-Verkehrs vom Osten (Ungarn, Rumänien etc.) nach Westen
(Deutschland, etc.) und umgekehrt verläuft im Süden von Wien von der A4
kommend über die südliche S1 zum Knoten Vösendorf und dann über die A21 zur
Westautobahn. Die A21, die sogenannte "Allander Autobahn" durch den
Wienerwald, hat viele Steigungen, wodurch die Fahrzeuge wesentlich mehr
Energie verbrauchen als auf der Ebene und entsprechend mehr Abgase
produzieren. Die Steigung auf der Autobahn zwischen Brunn am Gebirge und
Gießhübl mit ca. 5% ist angeblich die größte auf einer Autobahn in Europa.

Eine derzeit einzige Möglichkeit, um diese Steigungen zu vermeiden ist über
die Tangente (A23) und die Donauuferautobahn (A22) also mitten durch die
Bundeshauptstadt Wien auszuweichen. Demgegenüber führt die geplante
Nordumfahrung über die Ebene im Norden außerhalb von Wien ohne eine einzige
Steigung und verursacht dadurch entsprechend weniger Spritverbrauch und
Umweltbelastung. Diese Nordstrecke (nördliche S1/S5/S23 bis St. Pölten) ist
zwar einige Kilometer länger, führt dafür aber nicht durch die Stadt. Ich
denke diese Strecke wäre eine interessante Alternative für den
Schwerverkehr, womit Staus auf der Tangente und die vielen Hügeln durch den
Wienerwald vermieden werden könnten. Eine Nordumfahrung von Wien, ohne
Steigungen und ohne Probleme im Winter, wäre sicher umweltschonender als die
derzeitige Südumfahrung und sollte damit eigentlich auch ein Anliegen der
Grünen sein. Der Transitverkehr würde dadurch nicht mehr werden, sich aber
besser aufteilen. Allerdings müsste man dafür irgendwo die Donau queren.
Dafür wurde nach Prüfung vieler Möglichkeiten die Tunnelvariante als
umweltschonendste beurteilt.

Die Bedenken gegen den Tunnel als ein Großprojekt kann ich verstehen, teile
sie aber nicht in der Dramatik, wie sie von den Grünen in Wien dargestellt
wird. Ich sehe in dem geplanten Tunnel keine Bedrohung der Au. Schließlich
haben wir in Österreich jede Menge an Erfahrung beim Tunnelbau.

Die Sichtweise die in der Diskussion gepflegt wird richtet sich
offensichtlich nach dem Motto "Jede Straße ist schlecht" und erscheint mir
zu simpel. Sicherlich sind z. B. die Straßen zu den Einkaufszentren auf der
grünen Wiese, zu deren Erreichung ein Auto erforderlich ist, eine der vielen
Fehlentwicklungen, die auf Grund der Klimaveränderungen nachhaltig behoben
werden müssen. Dennoch ist nicht jede Straße schlecht für die Umwelt wie
viele Ortsumfahrungen zeigen. Wie bei Allem und Jedem müssen die Vorteile
und Nachteile im Sinne der Umwelt und der Klimaauswirkungen abgewogen
werden. Es ist jedoch zu einfach, die Betrachtungen, die im Großen richtig
sind, eins zu eins auf jeden Einzelfall anzuwenden.

Die Entscheidung von Min. Gewessler ist sicher ein grüner Erfolg bei einem
Prestigeprojekt. Ich glaube es geht dabei aber mehr darum, grüne
WählerInnen, die von vielen Kompromissen in der Regierung mit der ÖVP tief
enttäuscht sind, wieder zufrieden zu stellen. Für die Umwelt bringt sie
meiner Meinung aber nichts.

Noch eine Anmerkung zur Agitation: Als jemand der seinerzeit viel Energie,
Zeit und Geld in den Kampf gegen das AKW-Zwentendorf gesteckt hat stört mich
der Vergleich von Zwentendorf mit dem Lobau-Tunnel auf Inseraten der Grünen
gegen Bürgermeister Ludwig ("Lernen sie Geschichte ..") ungemein und finde
ihn perfide.

PS: Für jene die nicht wissen wer ich bin, einige Infos: Ich war in den
Tagen des Kampfes gegen das AKW-Zwentendorf auf fast allen Demos mit meinem
grünen VW-Bus dabei, auf dem ich mit Kurti Winterstein Musik gemacht und
agitiert habe. Ich zahle seit ca. 45 Jahren jährlich einen Beitrag von EUR
130,- an die AUGE und EUR 175,- an die FÖJ. Seit 1975 bin ich auch in der
lokalen SPÖ tätig, weil ich zur Überzeugung kam, dort mehr für meine
politische Überzeugung tun zu können, als nur bei Wiener Demos mitzulaufen.
###



Anmerkung der Redaktion: Eigentlich war im Pro-Contra-Stil geplant, hier
auch schon eine Entgegnung von Wolfgang Rehm abzudrucken. Die ging sich aber
leider nicht mehr aus, weil Buchners Statement zu knapp vor Redaktionsschluß
eintrudelte. Das werden wir bei der nächsten Ausgabe in zwei Wochen
nachholen.



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.redaktion@gmx.at abbestellen.


*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
postadresse a-1170 wien, lobenhauerngasse 35/2
redaktionsadresse: dreyhausenstraße 3, kellerlokal, 1140
vox: 0665 65 20 70 92
https://akinmagazin.at/ oder https://akin.mediaweb.at
blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
mail: akin.redaktion@gmx.at
bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
bank austria, zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW