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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 6. Januar 2022; 00:04
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Glosse/Zeitgeschichte:

> Attentäter sind die besseren Staatsdiener

Vor 32 Jahren in der akin, der Silvesteranschlag 2021 und so einiges Anderes


Der Brandanschlag auf eines der Anti-Stadtstraßen-Camps hat schockiert.
Schockierender war nur noch die Reaktion des Wiener Bürgermeisters mit
seiner Andeutung "daß ein rechtsfreier Raum in einer Stadt kein Vorteil"
sei -- mit anderen Worten: 'Gschiecht denen scho recht, des haums jetzt
davon'!

Diverse Alternativprojekte und Besetzungen haben aber schon seit jeher sich
nicht nur vor der Polizei fürchten müssen. Auch Brandanschläge gab es immer
wieder -- so 1977 beim sich gerade entwickelnden Kulturzentrum am
Konstantinhügel im Prater oder 2013 auf die Wagenburg Gänseblümchen. Das was
diverse Bürgerwehren so unter Recht verstehen, das sie in die eigene Hand
nehmen wollen, ist oft genug aber sehr wohl von der hohen Politik
angestachelt -- die Klagsdrohungen gegen Besetzer und Unterstützer der
Lobaubleibt-Initiative sowie die massive Propaganda-Schiene, die da
natürlich von Wiens unnötigster Stadträtin gefahren wird, hat schon für die
passende Stimmung gesorgt. Derlei erinnert nicht umsonst an den Versuch der
Gewerkschaft Bau-Holz 1984, Bauarbeiter als Hilfspolizisten in die
Hainburger Au zu beordern.

Zu diesen Zeiten hatte die Politik nämlich noch nicht einmal einen Genierer,
offen zu Gewaltakten aufzurufen. Ein akin-Cover von vor ziemlich genau 32
Jahren macht das deutlich -- es zeigt eine zerstörte Holzbehausung, sehr
ähnlich den Bildern, wie wir sie jetzt von der Hirschstettener Straße
gesehen haben.

Damals wurde die Baustelle eines Murkraftwerks in der Fischinger Au in der
Obersteiermark besetzt. Mitte Dezember 1989 tauchte in der Nacht eine
Bürgerwehr mit Elektro-Schlagstöcken und Strumpfmasken auf, um die Besetzer
aufzumischen -- obwohl in der Gegend, wo jeder jeden kennt, wohl auch der
Polizei klar gewesen sein mußte, wer die Täter sein dürften, wurde nie
deswegen irgendwer belangt.

Einen Monat später um 6 Uhr morgens fingen Bauarbeiter an, ohne Vorwarnung
der drinnen noch schlafenden Menschen, deren Unterstand einzureissen. Nur um
Haaresbreite verfehlte eine durch die Wand schlagende Spitzhacke den Kopf
eines Besetzers. Um das Ganze abzusichern stand daneben eine gut zwei
Dutzend Mann starke Abteilung der Gendarmerie. Diese schritt nicht einmal
ein, als die Bauarbeiter mit laufenden Kettensägen andeutenden, auf die
Besetzer losgehen zu wollen. Rechtliche Folgen hatte dieser
lebensgefährliche Angriff daher natürlich auch nicht.

Nur war das damals abgelegen mitten im Wald in einer einsamen Gegend ohne
Zeugen und auch ohne überregionalen medialen Interesse, schon gar nicht wie
in Hainburg von ORF und Kronen-Zeitung. Die Welt starrte da gerade auf den
zerbröselnden Ostblock, mehr noch wie heute auf Corona.

Die Zeiten mögen sich geändert haben, aber es ist noch etwas Anderes, daß
beim jetzigen Silvesteranschlag in der Donaustadt doch die Polizei (wie
ernsthaft, wird sich noch zeigen) diesen Angriff untersucht: Die Besetzungen
haben ein enormes Medienecho und dabei auch sehr viel öffentliche Sympathie,
die der SPÖ-Propaganda zumindest ein starkes Gegengewicht setzt. Da kann so
ein Angriff nur nächtens und anonym passieren, denn eine Mehrheit, die eine
lebensgefährliche Attacke goutieren würde, gibt es nicht einmal in
Österreich, geschweige denn in Wien.

Die Klagsdrohungen und der Anschlag mögen einige Stadtstraßengegner
tatsächlich eingeschüchtert haben, die allgemeine Stimmung aber wohl eher
für sie verbessert haben. Denn solche Geschütze gehen oft nach hinten los,
wenn einmal eine große Öffentlichkeit davon erfährt.
*Bernhard Redl*




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