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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 16. Dezember 2021; 04:38
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Corona / Stimmen der Anderen:
> Ungeimpft: "Ich bin jetzt eine von den Bösen"
Nachfolgender Text stammt aus der Berliner Zeitung und behandelt die
Corona-Stimmung in Deutschland. Die pflichtschuldigen Anmerkungen der
Redaktion stammen auch von dieser deutschen Tageszeitung.
Von *Susanna Zacharias* (Pseudonym), 7.12.2021
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Wir haben unterschiedliche Ängste in diesen Zeiten, meine Schwester und ich.
Sie hat Angst vor dem Virus, ich vor der Impfung. Meine Schwester ist
inzwischen dreimal geimpft, ich keinmal. Im ersten Lockdown fühlen wir uns
beide wie gelähmt. Ich bin entsetzt über die Härte der Maßnahmen. Ich denke,
wenn ich jetzt alt wäre, wovor sollte ich mich mehr fürchten, vor dem Virus
oder der Isolation? Beides kann töten. Meine Schwester hat große Angst, am
Virus zu sterben. Sie ist sicher, dass sie eine Ansteckung nicht überleben
wird. Sie kann nicht verstehen, warum ich diese Angst nicht habe. Wenn wir
darüber sprechen, spüre ich eine Distanz zwischen uns. Klein, aber spürbar.
Ich bekomme Angst um meine Schwester
Ich besuche meine Schwester. Wir stehen unsicher voreinander. Wir sind beide
ganz gesund. Ich sage: "Besser nicht umarmen, oder?" Sie überlegt einen
Moment und breitet dann ihre Arme aus. Wir halten uns fest. Einmal sagt
meine Schwester: "Manchmal wünschte ich, das Virus würde mich endlich
erwischen. Dann müsste ich mich nicht mehr die ganze Zeit fürchten. Dann
wäre endlich Ruhe." Angst ist anstrengend. Angst macht müde. Und ich bekomme
Angst um meine Schwester. Sie arbeitet in einer Berliner Arztpraxis, dort
ist es immer überfüllt. Kein Homeoffice möglich. Zuerst eine Flut von
Menschen, die sich testen lassen wollen. Dann zusätzlich eine Flut von
Menschen, die sich impfen lassen wollen.
Meine Schwester ist sehr pflichtbewusst. Trotz ihrer Angst arbeitet sie
immer weiter. Meine Schwester sagt: "Quarantäne fände ich nicht schlimm. Ich
könnte mich mal ausruhen." Für mich ist Quarantäne eine schreckliche
Vorstellung. Ich weiß nicht, wie ich das psychisch schaffen soll,
eingesperrt zu sein.
Ich lese über die neuen Impfstoffe. Versuche, mich zu orientieren. "Die
Impfstoffe sind sicher", sagt Herr Spahn. Viele Menschen vertragen sie gut.
Dann lese ich von einer Krankenschwester, die nach der Impfung mit
AstraZeneca an Hirnvenenthrombose stirbt. Eine Psychologin wird von ihrer
Mutter tot aufgefunden. "Das sind sehr seltene Fälle", lese ich. Den
entsprechenden Impfstoff sollen jetzt nur noch Ältere bekommen. (Anmerkung
der Redaktion: Der Impfstoff von AstraZeneca wird nach Bekanntwerden dieser
Nebenwirkungen nicht mehr an Menschen unter 60 Jahren geimpft.)
Ich weiß nicht, was richtig für mich ist
Ich höre von anderen Menschen in meinem Umfeld, die die Impfung nicht gut
vertragen. Manche berichten von Schüttelfrost und rasenden Kopfschmerzen.
"Das sind harmlose Nebenwirkungen. Sie zeigen, dass der Körper gut auf den
Impfstoff anspricht", lese ich. Ich lese und lese. Und weiß nicht, was
richtig für mich ist.
Meine Schwester ist jetzt geimpft und erleichtert darüber. Sie hat die
Impfung gut vertragen. Darüber bin ich sehr froh. Ich lese in der Resolution
des Europarates. Da steht, dass niemand politisch, sozial oder anderweitig
unter Druck gesetzt werden soll, sich impfen zu lassen. Dass niemand
diskriminiert werden darf wegen Sich-nicht-impfen-Lassen. Eine Kollegin
schreibt mir, dass sie im Krankenhaus ist. Sie hat eine doppelseitige
Gesichtslähmung und starke Schmerzen nach der Impfung. (Gesichtslähmungen
sind extrem seltene Nebenwirkungen von Impfungen. d. Red.) Sie ist mehrere
Wochen arbeitsunfähig. Ich bin schockiert.
Ich weiß jetzt: Ich bin nicht bereit, diese Risiken auf mich zu nehmen. Wer
kann mir garantieren, dass alles gut geht? Ich lese von abgebauten
Intensivbetten und Krankenhausschließungen. Von Pflegepersonal, das zwischen
den Wellen mit letzter Kraft streiken muss, um bessere Arbeitsbedingungen zu
bekommen. Ich gehe zur Kundgebung der Berliner Krankenhausbewegung am Roten
Rathaus. Höre flammende Apelle der Menschen, die in Berliner Kliniken
schuften. Ich bin wütend. Ich frage mich: Wie kann das alles zusammenpassen?
Meine Schwester und ich, wir telefonieren, treffen uns weiter. Das brauchen
wir beide. Das machen wir seit Jahren so. Die Distanz zwischen uns
verschwindet wieder. Wir sprechen viel über das Virus und über die
Maßnahmen. Wir haben weiterhin unterschiedliche Ängste und Wahrnehmungen.
Manchmal schweigen wir ratlos und bedrückt. Dann stoßen wir miteinander an.
Meine Schwester ist empört, als Ungeimpfte für die Tests zahlen sollen
Nie hat meine Schwester versucht, mich zur Impfung zu überreden. Sie sagt,
das müsse jeder Mensch für sich entscheiden dürfen. Sie akzeptiert meine
Sorgen und redet sie nicht klein. Ich bin froh, dass sie nach ihrer Impfung
etwas leichter durchs Leben geht. Sie ist solidarisch mit mir. Sie ist
empört, als ungeimpfte Menschen für die Tests zahlen sollen. Vor dem Virus
liebte meine Schwester es, ins Kino oder Museum zu gehen. Sie sagt: "Ich bin
viel zu müde. Ich schaffe das gar nicht. Ich habe auch gar keine Lust mehr."
Ich kann das gut verstehen. Mir geht es ähnlich.
Der Hirnforscher Gerald Hüther hat das schon im ersten Lockdown erklärt:
Wenn uns etwas genommen wird, das wir gerne machen, dann verschwindet das
Bedürfnis danach mit der Zeit. Das ist eine Anpassungsleistung des Gehirns,
um den Schmerz über das unterdrückte Bedürfnis zu bewältigen. Ich will nicht
glauben, dass er recht hat. Mein liebstes Hobby, das ich jetzt schon so
lange nicht mehr ausüben darf, das werde ich doch wohl immer vermissen.
Es stimmt nicht. Wenn ich in mich hineinhorche, spüre ich inzwischen
Gleichgültigkeit. Ich sage zu meiner Schwester: "Lass uns trotzdem ins Kino
gehen. Jetzt darf ich noch mit Test rein." Wir gehen nicht ins Kino. Dann
kommt 2G. Dann der Aufruf von Dilek Kalayci, sich von Ungeimpften
fernzuhalten. Und wieder überflutet mich Angst. Was kommt als Nächstes?
Ich halte mich an die Vorschriften. Ich teste mich regelmäßig, zurzeit
nahezu täglich. Ich horche ständig auf meinen Körper, fahnde nach möglichen
Symptomen. Ich wasche und desinfiziere meine Hände regelmäßig. Ich trage
Maske. Ich denke: Bin ich wirklich eine größere Gefahr als die Geimpften?
Die sich dicht gedrängt in schlecht gelüfteten Restaurants und Clubs treffen
dürfen?
Zum ersten Mal in meinem Leben empfinde ich den Staat, in dem ich lebe, als
Bedrohung
Ich lese, dass Thrombosen oder Embolien möglich sind. (Siehe Anmerkung der
Redaktion zu AstraZeneca oben) Dass die Impfung nicht so lange wirkt wie
erhofft. Und ich lese, dass die Viruslast bei Geimpften genauso hoch sein
kann wie bei Ungeimpften. (In den meisten Fällen ist nach dem aktuellen
Stand der Wissenschaft die Viruslast bei Geimpften geringer. d. Red.)
Michael Müller sagt, Menschen wie ich sind egoistisch und gleichgültig. Ich
verstehe nicht, wie er das meint. Ich darf nicht mehr an Kultur teilhaben,
nicht mehr ins Restaurant, meinen Sport nicht mehr ausüben. Ich bediene ein
Feindbild. Ich bin jetzt eine von den Bösen. Vielleicht denkt Herr Müller,
dass mir das Spaß macht und dass ich deshalb egoistisch bin. Für mich steht
die Welt Kopf. Ich kann in all dem keine Verhältnismäßigkeit mehr erkennen.
Was ich lange nicht für möglich gehalten habe, wird wohl wahr werden: eine
allgemeine Impfpflicht. Von vielen herbeigesehnt und lautstark gefordert.
Zum ersten Mal in meinem Leben empfinde ich den Staat, in dem ich lebe, als
Bedrohung. Doch egal, wie es weitergeht, wir werden uns weiter treffen,
meine Schwester und ich. Wir halten zusammen. Wir lassen uns nicht
gegeneinander aufhetzen.
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Die Autorin hat diesen Text unter einem Pseudonym veröffentlicht. Ihr Name
ist der Redaktion der Berliner Zeitung bekannt. Das ist ein Beitrag, der im
Rahmen der Open-Source-Initiative der Berliner Zeitung eingereicht wurde. Er
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Quelle:
https://www.berliner-zeitung.de/open-source/ungeimpft-ich-bin-jetzt-eine-von-den-boesen-li.198530
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