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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 1. Dezember 2021; 21:12
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  Kommentierte Presseschau (1):
  
  > Hetzerischer Vogelgesang
  
  Zu einem Kommentar vom 17.11. und einem Bericht vom 18.11.2021 im "Kurier"
  über die konstituierende Sitzung des neuen Grazer Gemeinderats
  
  Der Geschäftsführer eines christdemokratischen Think Tanks namens
  "Karl-von-Vogelsang-Institut" gibt der künftigen kommunistischen
  Bürgermeisterin von Graz die folgende Zeilen mit auf den Weg in ihre erste
  Legislaturperiode:
  
  "Kommunismus bedeutet, permanent umzuverteilen, Leistung zu unterbinden,
  Neid zu schüren und die Verbrechen, die im Namen der eigenen Ideologie
  begangen wurden, von sich zu weisen und zu bagatellisieren. Schließlich geht
  es immer und überall gegen den Klassenfeind. Gibt es im Moment keinen, dann
  muss einer gefunden werden: Also 'Feindbilddenken'."
  
  Die vorangehenden Zeilen sind natürlich nicht das Resultat von
  Feindbilddenken, sondern Ausdruck einer völlig ideologiefreien
  Geschichtsbetrachtung. Letztere ist sicherlich auch der Hintergrund für die
  Skepsis der Grazer ÖVP angesichts der neuen Stadtregierung. Man ist
  irritiert, weil im Programm dieser "linkslinken Koalition ... die
  Distanzierung der KPÖ von den kommunistischen Regimen" fehlt.
  
  Dabei folgt die KPÖ hier bloß dem guten Beispiel der ÖVP. Die hat sich auch
  in keinem der Programme der vielen Koalitionsregierungen, an denen sie in
  den letzten Jahrzehnten beteiligt war, vom austrofaschistischen Regime ihrer
  Vorgängerpartei in der Ersten Republik distanziert.
  
  Übrigens distanziert sich auch das Karl-von-Vogelsang-Institut weder auf
  seiner Homepage noch in jedem der Kommentare seiner Geschäftsführung vom
  Feindbilddenken seines Namenspatrons Karl Freiherr von Vogelsang. Dieses
  äußerte sich zum Beispiel in dem folgenden Gedankengang: "Das wahrhaft
  christliche Volk wird die Juden in sich aufnehmen und absorbieren können,
  ohne zu verjuden; das vom Christentum in Glauben, Recht und Sitte
  Abgefallene aber muß rettungslos unter dem kaudinischen Joch der
  Knechtschaft hindurchkriechen, es wird von den Juden ausgeplündert,
  beherrscht, zum Paria gemacht."
  
  Da lob ich mir doch den Klassenfeind der Linkslinken in Graz.
  
  Zeitungsleser: *Karl Czasny*
  
  
  ***
  
  > Konstruiertes Konstruktives
  
  Unter dem Titel "Verlust des guten Willens" schrieb Chefredakteur Walter
  Hämmerle in der "Wiener Zeitung" am 29.11. in seinem Leitartikel über
  instabile Regierungen in der EU: "Was derzeit in Europa neben dem
  Coronavirus grassiert, ist jedoch destruktives Misstrauen, das die
  Leistungsfähigkeit der gesamten Politik untergräbt -- und damit zugleich
  auch das Vertrauen in die demokratischen Verhältnisse."
  
  Sehr geehrter Herr Hämmerle, erfreulich, Ihre (länder-)vergleichende, mit
  konkreten Beispielen "unterfütterte" Darstellung.
  
  Hervorgehoben ist der Satz "Demokratie bedeutet organisiertes Misstrauen.
  Doch dieses Misstrauen muss konstruktiv sein.", was erinnert, dass
  erfolgreiche Wissenschaft (z.B. in Universitäten als "Gelehrten-Republik")
  Skepsis zur Voraussetzung hat. (Egal, ob es Sozial-,
  Wirtschafts-Wissenschaften, Medizin, Statistik oder sonst ein Bereich ist,
  der wissenschaftlichen Ansprüchen international gerecht werden will.)
  
  WER oder WAS bestimmt - wie und wann, was "konstruktiv" oder "destruktiv"
  ("guten Willens") ist?!?
  
  Ihr Beitrag geht vom Begriff "Politik" aus. Mich erinnert das an "der
  Westen" oder "die Wirtschaft", als ob nicht in Letztere zwischen z.B.
  "Konsumgüter-" und "Rüstungs-Industrie" zu unterscheiden wäre. Wir leben
  m.E. noch in einer Phase des "Post-Feudalismus" -- auch wenn die Staatsform
  "Republik" genannt wird und der 1. Artikel unseres
  Bundesverfassungs-Gesetzes aus 1920 das Verhältnis "Volk" und "Recht"
  bestimmt.
  
  Es gibt nicht nur die "verfasste Politik" -- das politisch-administrative
  System -- und deren (auch mediale) "Priester- bzw. Expertenschaft" sondern
  auch Menschen (inkl. Analphabeten), die an evidenzbasierten Entscheidungen
  und deren jeweiliger Begründung interessiert sind. Da macht die Frage -- wie
  Sie, s.g. Herr Hämmerle, thematisieren -- "Verhältnis- ODER
  Mehrheits-Wahlrecht" m.E. nicht den wichtigen Unterschied! Im 'aufgeklärten
  Absolutismus' ("Josephinismus", Kaiser Josef II.) galt "Alles für das Volk,
  nichts durch das Volk." Das ist noch nicht so lange her.
  
  Hämmerles Leitartikel:
  https://www.wienerzeitung.at/meinung/leitartikel/2129424-Verlust-des-guten-Willens.html
  
  Zeitungsleser: *Georg Becker*
  
  
  
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