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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 3. November 2021; 22:45
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  Corona:
  
  > Zahlenspiele
  
  Wie jeden November stellen wir auch heuer auf Corona-Zeit um
  
  Die Inzidenzen steigen und es ist im Herbst des Jahres 2 nach Corona wieder
  sehr beliebt auf steigende Kurven zu gucken. Also mache ich das auch wieder
  mal. Tatsächlich sind die Zahlen bedenklich: Am 31.Oktober hatten wir laut
  AGES eine 7-Tagesinzidenz von 331,8 an Infektionen, 265 Corona-Patienten
  lagen auf der Intensivstation, 1602 auf der Normalstation. Im gesamten
  Oktober sind 310 Menschen mit dem Virus verstorben. Das wirklich
  Erschreckende an diesen Zahlen ist: Sie sind vom Vorjahr, vom Oktober 2020.
  Sie ähneln sehr den Zahlen von heuer, nämlich 391 / 280 / 1164 / 348.
  
  Und noch so eine Zahl: Am 31.Oktober 2021 lag die Infektions-Inzidenz bei
  den 18-59jährigen bei 219 -- allerdings bei den vollständig Geimpften! Das
  ist in etwa der Wert aller Altersgruppen, bei dem letztes Jahr der zweite
  Lockdown ausgerufen worden ist. Da war aber noch niemand geimpft.
  
  Ja, ich weiß schon, die Delta-Variante ist schuld und Geimpfte erkranken
  seltener schwer und so weiter und so fort. Aber trotzdem: Was heißt das für
  die Zukunft? Für die nächste Zeit bedeutet das wohl wieder Lockdown --
  entweder wie angekündigt nur für die Ungeimpften oder doch für alle. Sprich:
  Entweder werden die Ungeimpften zu Pariern oder es gibt die
  Kollektivbestrafung wie beim Bundesheer -- mit den auch beim Bundesheer
  üblichen Folgen für die wenigen Bösen, wegen denen alle anderen leiden
  müssen. So oder so, die FPÖ wird sich freuen.
  
  
  Zuckerbrot und Peitsche
  
  Die jetzt in Österreich in Kraft tretenden und die angekündigten Maßnahmen
  gehen schon sehr in die Richtung von Zuckerbrot und Peitsche: Wer sich brav
  impfen läßt, wird belohnt, wer nicht, wird bestraft -- denn mit
  Infektionsschutz ist es nur mehr bedingt argumentierbar, siehe die
  Weiterverbreitungsrate auch durch Geimpfte. 3G am Arbeitsplatz hat ja sogar
  das erklärte Ziel, die Impfrate zu erhöhen. Die Tests macht man noch gleich
  ein bisserl umständlicher bis letztlich unpraktikabel -- man führt eine
  soziale Impfpflicht ein, weil man sich vor einer expliziten fürchtet. Und
  mit den anderen Einschränkungen bekommt man auch gleich eine generelle
  Ausweispflicht dazu, da freuen sich Polizeistaat und private Datensammler.
  
  
  Neoliberales Schulbeispiel
  
  Entsolidarisierung ist auch das Mittel, über das man in Deutschland
  nachdenkt. Dort ist in mehreren Bundesländern schon beschlossen worden, daß
  es keine Lohnfortzahlungen für Ungeimpfte in Quarantäne mehr geben soll. Das
  liegt genau im Trend der Neoliberalen, die risikobehaftetes Verhalten mit
  Einschränkungen der Krankenfürsorge beantworten möchten. Wie sagte
  Karl-Josef Laumann, CDU-Landesgesundheitsminister von NRW: "Wer sich also
  die Freiheit herausnimmt, sich nicht impfen zu lassen, obwohl medizinisch
  nichts dagegenspricht, steht für die Folgen seiner Entscheidung selbst
  ein -- nicht der Arbeitgeber, nicht die Solidargemeinschaft." Ähnliche
  Forderungen haben wir schon für Raucher, Fettleibige und Risikosportler
  gehört -- mit Corona allerdings geht das durch und es steht zu befüchten,
  daß das auch in den anderen Bereichen Schule machen wird. Und das versteht
  man dann unter "Solidargemeinschaft"!
  
  Bezeichnend dabei ist aber auch die Meldung von Karl Lauterbach. Der immer
  für schärfere Maßnahmen eintretende SPD-Gesundheitssprecher hält von den
  jetzigen Beschlüssen nämlich gar nichts, weil die Infektion dann halt
  verschleiert wird, und bringt als Beispiel die USA, wo es keine bezahlte
  Quarantäne gibt: "Die erkrankten Menschen versuchen so durchzukommen. Das
  birgt zwei Risiken: Sie können andere anstecken und es drohen auch
  gesundheitliche Gefahren, wenn eine Corona-Erkrankung verschleppt wird."
  
  
  Und danach?
  
  Was wird längerfristig passieren? Obige Zahlen sagen aus, daß es wohl noch
  viele Corona-Wellen geben wird. Covid wird wie die Grippe jedes Jahr im
  Herbst ausbrechen. Mittlerweile sind Dutzende Varianten des Virus
  dokumentiert und es wird bald neue hochansteckende Mutanten geben. Schon ist
  davon die Rede, daß demnächst nur mehr als vollständig geimpft gilt, wer den
  dritten Stich bekommen hat. So wird es auch bald ähnlich sein wie bei der
  Grippe, bei der jedes Jahr neue Kombinationspräparate eingesetzt werden
  gegen verschiedene Stämme. Was dort aber auch nur bedingt nutzt, weil man
  nicht alle Varianten erfaßt. Nur ist es halt so, daß wir mit der Grippe
  leben gelernt haben, anstatt sie zum Politikum zu machen. 2022 wird das
  Thema noch nicht vom Tisch sein, aber werden wir 2023, 24, 25 noch mit
  Masken und Impfpässen herumlaufen müssen und die Gesellschaft in Geimpfte
  und Ungeimpfte einteilen? Wenn es nach den Inzidenzen geht, wohl schon, das
  wäre nur konsequent. Aber wollen wir so eine Gesellschaft?
  
  *Bernhard Redl* (1.11.2021)
  
  
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