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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 16. September 2021; 00:36
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Medien/Glosse:
> Wir Aufgeklärten
Covid, die Impfung und Moses Mendelssohn
Ich habe ja auch -- horribile dictu -- Verschwörungstheoretiker unter meinen
Freunden. Erstens, weil man halt manchmal Leute sympathisch findet, trotz
oder vielleicht gerade weil sie anders denken, und zweitens weil ich gerne
streite. Ja, manchmal ist es mühsam, wenn sie beispielsweise behaupten, die
Covid-Impfung mache magnetisch, und man dann versuchen muß, den Begriff
"Adhäsion" zu erläutern. Aber immerhin sind das Leute, die zweifeln, wenn
eine Autorität was behauptet. Natürlich ist es ein Problem, wenn sie
andererseits Leute als Autorität ansehen, die keine Ahnung von dem haben,
wovon sie reden, aber gut im Verkaufen sind. Aber da kann und muß man halt
streiten.
Und daher kriege ich auch so manches Mail aus dieser Ecke. Und in einem
stand folgendes Statement: "Wenn Impf-Werbung so oft wiederholt werden muß,
dann steckt was anderes dahinter, nämlich Betrug. Allgemein ist es so, auf
alles, was du brauchst, kommst du von selbst. Werbung braucht es, wenn dir
was angedreht werden soll."
Auch wenns wehtut, aber das ist ein Argument. Und dieses Argument wird
tagtäglich untermauert. Es gibt derzeit kaum eine Nachrichtensendung im ORF,
in der nicht darüber gejammert wird, daß die Impfquote zu gering ist. Wenn
einmal ausnahmsweise Nichtmediziner zu diesem Thema interviewt werden, geht
es nur darum, wie man die Impfverweigerer überzeugen könnte. Die
Einschätzung dieser Impfverweigerer in den Massenmedien geht von Vollidioten
über unsolidarische Ignoranten bis hin zu Verbrecher -- glaubt man wirklich,
daß man mit dieser Charmeoffensive Überzeugungsarbeit leisten kann?
Das Problem ist die Dogmatik der Impfkampagnen. Egal, wie gut oder schlecht,
wie notwendig oder gefährlich die Impfungen auch seien, das von staatlicher
Seite gezeichnete Bild ist katastrophal -- und zwar nicht nur, was die
Spaltung der Gesellschaft angeht, sondern auch, was eben dieses
Kampagnenhafte angeht: "Despotismus von jeder Art reizt zur
Widersetzlichkeit" hat der Moses Mendelssohn einmal gemeint und das trifft
es. Wer sich jetzt noch impfen läßt, muß das Gefühl haben, das nur wegen des
öffentlichen Drucks zuzulassen. Das erzeugt ein Selbstbild, das man nicht
mag. Das kann man dann rationalisieren und sublimieren, und meinen, man tue
es, weil es doch vernünftig ist und trotz der Propagandamaschinerie. Aber
der Grant bleibt doch. Jede einzelne ORF-ZiB erzeugt das Gefühl, daß einem
da etwas -- bildlich und buchstäblich -- reingedrückt werden soll. Ob das
richtig oder gerechtfertigt ist, stellt sich da als Frage gar nicht mehr.
Sondern nur mehr, ob man gefügig und gehorsam gegenüber dem Staat und dem
von ihm massiv fabrizierten "Common Sense" ist. Und da wird es nicht wenige
geben, die sich nicht impfen lassen, weil sie sich dann besser fühlen, wenn
sie morgens in den Spiegel schauen.
Nebenbei: Mendelssohn zitiere ich nicht ganz ohne Hintergedanken: Der
berühmte Satz stammt von ihm als kranken, aber immer noch hellwachen
grantigen alten Mann, der sich über eine (zu seiner Zeit seiner Meinung
nach) Raum greifende Philosophie beschwerte, die immer nur das (scheinbar)
Rationale sehen wollte und alles andere als "Schwärmerey" begriff. Zwischen
damals und heute gab es aber nicht nur einen Sigmund Freud, wir sollten also
inzwischen begriffen haben, daß ein dogmatischer Rationalismus -- noch dazu
einer, der auf dem Stille-Post-Prinzip medialer Vermittlung basiert und
nicht aus eigener Anschauung entsteht -- ganz automatisch Widersetzlichkeit
evoziert.
Mendelssohn war ein Aufklärer. Sein Kollege und Zeitgenosse Kant, den er
schätzte und gleichzeitig kritisierte (er nannte ihn "alles zermalmend"),
gab das Diktum aus: "Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes
zu bedienen!" Nun, angeblich ist die Aufklärung die Grundlage unserer
modernen demokratischen Gesellschaft. Gerade die Verschwörungstheoretiker,
aber auch viele andere skeptische Menschen halten dieses Banner hoch --
während die Regierungen und Spießer dieser Welt es herunterreissen wollen.
Der autoritäre Charakter feiert fröhliche Urständ -- gerade mit dem Verweis
auf Vernunft und Wissenschaftlichkeit. So sieht die veröffentlichte Meinung
dann halt aber auch aus. Man behandelt die Impfverweigerer wie trotzige
kleine Kinder. Und deswegen reagieren die auch so -- eben trotzig.
Wenn diese hegemoniale Meinung dann auch noch von Politikern verbreitet
wird, denen ganz allgemein keine Ehrlichkeit zugetraut wird -- was ja nicht
unbedingt jeglicher Grundlage entbehrt --, braucht man sich nicht zu
wundern, daß manche Leute nur mehr Verbrecher in Politik und Massenmedien
sehen wollen.
Als einziger Effekt dieser Kampagne bleibt dann nur noch, daß sich diese
Leute abgewöhnen, sich die ZiB anzuschauen. Denn wer läßt sich schon gerne
täglich beschimpfen?
*Bernhard Redl*
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