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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 24. Juni 2021; 06:26
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Kapitalismus/Arbeit:

> MAN Steyr - Friß oder Stirb 2

Jetzt hat der VW-Konzern das MAN-Werk in Steyr überraschend doch an
Siegfried Wolf verkauft. Warum? MAN-VW und Siegfried Wolf kamen mit dem
Versuch, mit leeren Versprechungen und der Methode "Friss oder stirb" eine
schnelle Zustimmung für den Ausverkauf des MAN-Steyr-Werkes bei der
Urabstimmung zu erreichen, nicht an ihr Ziel. Der jetzige überfallsartige
Verkauf von MAN-Steyr durch den VW-MAN-Konzern ohne Einbeziehung der
Belegschaft an Siegfried Wolf - nachdem man zwei Monate offensichtlich mit
"nachgebesserten" Plänen Scheinverhandlungen mit der Belegschaft geführt
hat, ist eine Flucht nach vorne des MAN-VW-Konzerns, weil

· MAN-VW mit seinen Schließungsplänen und Siegfried Wolfs erstem Angebot
nicht durchgekommen ist,

· Die Belegschaft, gestützt auf ihr 2/3-NEIN der Urabstimmung, sich nicht
auf leere Versprechungen eingelassen hat und auch dem Druck und den
Drohungen und einer Meinungsmache von Politik und Medien nicht gewichen ist.

Die Belegschaftsvertretung hat völlig berechtigt in ersten Stellungnahmen
nach dem Verkauf von MAN-Steyr an Siegfried Wolf darauf hingewiesen, dass

· man das alles schon im Jänner hätte angehen können, es jetzt eben eine
Betriebsübergabe ist, bei der der neue Eigentümer alle Rechten und Pflichten
übernehmen muss - also auch den Standortsicherungsvertrag bis 2030,

· vieles, das als "Rettung" in den Medien kursiert wie ein Sozialplan nach
deutschem Vorbild mit Turboprämie usw. nur vage ist, nur irgendwie in
irgendeiner Art und Weise einfließen soll,

· es derzeit nicht um Kündigungen gehe, weil es mehr als weniger Arbeit im
Werk gibt und dafür eher mehr als weniger Beschäftigte benötigt werden. So
braucht MAN-VW auch mit Siegfried Wolf als Eigentümer die Arbeitskraft bis
2023 für die MAN-LKW-Produktion und Lackierung.

Nach wie vor gilt:

· Die Belegschaft hat frei zu 2/3 gegen Wolfs "Angebot" abgestimmt. Doch die
Medien verbreiten Wolf-Interviews, dass die Beschäftigten nicht frei
abgestimmt hätten bei der Urabstimmung, ihnen ein Nein empfohlen wurde, sie
zu teuer arbeiten, deshalb für die drohende Schließung selbst verantwortlich
seien und endlich zur Vernunft kommen sollten. Doch bekanntlich sind die
Schließer MAN-VW, die die LKW-Produktion ins billige Polen verlagern.

· Siegfried Wolf ist das - nun aufgetauchte - U-Boot des MAN-VW-Konzerns,
mit dem er engstens durch Sitz in verschiedenen Gremien von VW, MAN, Traton
verbunden ist.

· Statt MAN-VW soll jetzt der neue Eigentümer Siegfried Wolf FÜR MAN
produzieren lassen - mit nur mehr der Hälfte der ursprünglichen Belegschaft
und 15 % Kürzung des Nettogehalts für die Verbleibenden.

· das Risiko der Einhaltung bzw. Abgeltung des 1 bis 2 Milliarden schweren,
einseitig von MAN-VW gekündigten Standortsicherungsvertrages bis 2030 für
das MAN-Steyr-Werk ist nach wie vor ungelöst, nur hat es der MAN-VW-Konzern
nun an Siegfried verkauft:

· Auf die Fragen (Ö1-Mittagsjournal, 11.6.2021), ob ihn die Ankündigung der
Einklagung des Standortsicherungsvertrages Kopfzerbrechen bereite und warum
diesmal gleich ohne Abstimmung der Eigentümerwechsel unterzeichnet wurde,
sagte Wolf: "Ich weiß nicht, wer hier schon wieder zum Schüren beginnt. Ich
habe kein Problem, mit jedem Mitarbeiter ein Einzelgespräch zu führen .
"Weil wir mit jedem Einzelnen eine maßgeschneiderte Lösung finden müssen."
MÜSSEN? Klar, denn nur so kann Wolf "maßgeschneidert" bei jedem Einzelnen
versuchen, die in Summe milliardenschweren Ansprüche aus der
Standortsicherung nicht bezahlen zu müssen.

· Die Nachbesserung sah und sieht so aus, dass nicht der neue Eigentümer
Wolf, sondern die öffentliche Hand, also die steuerzahlenden arbeitenden
Menschen selbst, die Kosten für allfällige Ex-MAN-Steyr-Beschäftigte über
Stiftungen, AMS oder Altersteilzeit übernimmt.

· Im Prinzip hat sich an der Ausgangslage für die MAN-Steyr-Beschäftigten
nichts geändert: Siegfried Wolf will mehr denn je Einzelgespräche führen,
also ein "nachgebessertes" FRISS-oder-STIRB-2-Programm. Denn da geht es vor
allem darum, in "maßgeschneiderten Einzelgesprächen" mit den Arbeitern und
Angestellten von MAN-Steyr für reine Fortführungs-Versprechungen im Gegenzug
Lohn- und Gehaltskürzungen, einvernehmliche Kündigungen mit "Turboprämien
für Schnellentschlossene", jedenfalls Verzicht auf alle alten Ansprüche, die
milliardenschwere Standortsicherung "maßgeschneidert" wegzubekommen.

Bezeichnend ist auch, dass alle Parteien und alle Medien so tun, als sei das
Werk gerettet, Siegfried Wolf der Retter und als hätte man sich geeinigt und
die Belegschaft das nun endlich eingesehen. Zum Beispiel schreibt Georg
Wailand in der Kronen-Zeitung, 12.6.2021: "Es hat einige Zeit gedauert, bis
die Mehrheit der Belegschaft diesen geraden Weg verstanden hat." Widerlich!
Er tut so, als seien die Arbeiter und Angestellten zu blöde um zu
"verstehen", dass Wolf der Retter sei und alles was er anbietet, zu
akzeptieren sei. Hier wird absichtlich für die nicht eingebundene
Öffentlichkeit so getan, als sei alles unter Dach und Fach, daher brauche es
auch keine Aufmerksamkeit mehr für die Anliegen der Steyr-Beschäftigten,
keine Solidarität mehr mit ihnen. Doch geeinigt haben sich vorerst nur
Verkäufer (MAN-VW-Konzern) und Käufer (Siegfried Wolf) über den
Eigentümerwechsel und dass vorerst weiterhin in Steyr LKW für MAN-VW
produziert werden sollen, weil MAN-VW ohne die Produktion in Steyr schnell
Lieferprobleme bekäme. Auch das ist nichts Neues, das wollte und will MAN-VW
immer schon - solange bis die billigere Produktion in Polen starten kann.


Alle sollen bluten für MAN-VW und Siegfried Wolf

Was der "harte Arbeiter" Siegfried Wolf (Selbstdefinition, Ö1,
Mittagsjournal, 11.6.2021) vorhat, kann man im Wolf-Interview in der
"Kronen-Zeitung" vom Sonntag, 13.6.2021 (die folgenden Zitate sind daraus)
erfahren. Wolf, für den angeblich Geld "längst keine Motivation mehr" ist,
der "genügend Geld habe" und sich "freut . jetzt ein Werk zu besitzen",
über:

· Garantien: ". kein Arbeitgeber kann Garantien geben"

· Erfolg und Zukunft: "Wenn mich die Mannschaft bei der Umsetzung unserer
[von wem, welche?] Visionen unterstützt, wenn die Zurufer, die es immer
besser gewusst haben, alle ein Produkt von Steyr kaufen, und wenn mir das
Glück noch ein bisschen hold ist, dann gibt es über den Erfolg dieses
Unternehmens keine Zweifel." Aha: Wenn, wenn, wenn - also Konzept
Kristallkugel!

· Schuld an der Situation? "Es hat seinen Grund gehabt, warum das Werk mit
seiner Kostenstruktur nicht mehr wettbewerbsfähig war . Ich gebe niemandem
die Schuld . Zuletzt hat man es ein bisschen überreizt." Tatsache ist, dass
die VW-LKW- und Bustochter Traton für 2021 einen Auftragsrekord verzeichnet
und eine operative Umsatzrendite von 5,0 bis 7,0 Prozent erwartet. (Die
Presse, 10.5.2021). Auch MAN-Steyr machte immer Gewinne! MAN-VW will nur
noch billiger produzieren und noch mehr Profit machen - jetzt schon mit Wolf
als Eigentümer in Österreich, dann erst recht mit dem neuen VW-MAN-Werk in
Polen.

· Belegschaft und Zulieferer:

Schon im ZIB-Nacht-Interview am 10.6.2021 wiederholt Siegfried Wolf zum
x-ten Mal zur Urabstimmung, dass viele dagegen waren, weil es ihnen
angeordnet worden wäre.

"Auch wenn es . zu Lohneinschnitten von 15 Prozent netto kommt, liegen wir
immer noch mehr als ein Drittel über dem Kollektivvertrag. Da kann ich nicht
mit der Motorsäge kommen und auf das zurückgehen, was das Gesetz mir
vorschreibt." Aber Ziel von Wolf ist offensichtlich Lohn- und
Gehaltsdumping. Mittels "Einzelgesprächen" statt einer "Motorsäge". Nur der
Widerstand von Belegschaft und Betriebsrat lässt das bislang nicht zu. Und:
"Für Betriebe im Zulieferbereich gilt: Bitte erhaltet euch die
Wettbewerbsfähigkeit. Sonst kriegt ihr keine Aufträge mehr."


Was nach 2023 kommt, steht also in den Sternen.

Aber Ja und Amen sagen soll man schon jetzt. Selbst die auf der Seite von
MAN-VW und Wolf stehende und stets gut vernetzte "Kronen-Zeitung" datiert
"Die Pläne für das Werk in Steyr" nur bis 2024! (Kronen-Zeitung, 12.6.2021,
Seite 8-9)

Dass MAN-VW das Werk in Steyr jetzt an Siegfried Wolf verkauft hat, hat
damit zu tun, dass sich der VW-Konzern nicht nur der Milliardenzahlungen aus
der Standortsicherung bis 2030 entledigen will, sondern durch die
Kooperation noch zusätzlich Profite herausholen will.

Wolf nützt MAN-Steyr für seine russischen GAZ-Fahrzeugproduktion als
Plattform, um in den Westen liefern zu können; MAN-VW nutzt Wolfs GAZ als
Sprungbrett, um in den Osten expandieren zu können. Beide wollen so mehrfach
profitieren. Geopfert dafür sollen die Steyr-Arbeiter werden. Sie sollen
durch Lohn- und Gehaltsverzicht oder Jobverlust all diese Geschäftemacherei
finanzieren.

Das war und ist der Plan von MAN-VW und Siegfried Wolf - ohne Garantien für
die Steyr-Beschäftigten:

"Weiters wäre der MAN-VW-Konzern durch den Eigentümerwechsel an keine
Garantie zum Erhalt des Standorts und der Arbeitsplätze mehr gebunden, was
für den VW-Konzern eine zusätzliche Milliardenersparnis bedeutet. Und:
"Sollte das ganze schiefgehen, könnte man das Werk Steyr immer noch einfach
in Konkurs schicken." (Branchen-Magazin "Traktuell", 25.3.2021).

Diese Einschätzung des Brancheninsiders beweist, dass das schon immer der
Plan war!


Wie kann es weitergehen?

· Alter wie neuer Eigentümer betrachten das Werk Steyr mehr als
Spekulationsobjekt denn als Produktionsstätte. Es zeigt, dass sie keine
Verantwortung übernehmen, ja sich ihrer Verpflichtungen entschlagen wollen.
Ihnen allen ist kein Vertrauen entgegenzubringen.

· Die Belegschaft hat gezeigt, dass sie mit sich nicht einfach so fuhrwerken
lässt, sich kein X für ein U vormachen lässt und weiß, was sie kann und wert
ist. In Wirklichkeit führen sie tagtäglich den Betrieb. Ohne sie würde kein
einziger LKW das Werk verlassen.

· Gestärkt durch die Urabstimmung können die Beschäftigten und ihre
Betriebsrät*innen leichter den Begehrlichkeiten und Einflüsterungen aus
Politik, Wirtschaft und mancher "Sozialpartnern", die es alle "gut mit ihnen
meinen", widerstehen, diese entkräften und zurückweisen und so Wege finden,
die ihren Interessen entsprechen.

Was die Steyr-Belegschaft auf ihrer Seite hat ist:

· Ihre Kampfbereitschaft und Organisationskraft, die sie im Warnstreik und
bei der Protestkundgebung mit 5.000 Teilnehmer*innen bewiesen haben,

· die Unterstützung aus der ganzen Region und von tausenden
Betriebsrät*innen aus Betrieben aus ganz Österreich,

· ihr kräftiges Nein aus der Urabstimmung,

· das Damoklesschwert der Fälligstellung der milliardenschweren
Standortverpflichtung für den Eigentümer Wolf,

· dass MAN-VW Steyr jedenfalls bis 2023 zur LKW-Produktion benötigt,

· am Standort Steyr die Komponentenherstellung im internationalen
MAN-Produktionsverbund,

· den Betrieb Europas größter Lackieranlage für Lkw-Kunststoffanbauteile,

· nicht zuletzt einen Streikbeschluss der Gewerkschaften, der jederzeit
eingesetzt werden kann.

Wie sagte es der früherer MAN-Steyr-Betriebsratsvorsitzende Erich Schwarz:
"MAN produziert im Verbund. Sollte es nötig sein abzustellen, dann steht die
ganze MAN." Das gilt nach wie vor und mehr denn je.


Was bislang sichtbar fehlt

Aufruf und Mobilisierung der Mitglieder von ÖGB, AK, SPÖ österreichweit zu
öffentlichen Kundgebungen. Denn der Erhalt von Steyr und der Kampf um jeden
Arbeitsplatz gegen die Profiteure - und seien sie als Wolf im Schafspelz -
ist im Interesse der ganzen Region, im Interesse ganz Österreichs. Denn:
Gehen diese Machenschaften von Konzernen und Investoren in Verein mit der
Politik in Steyr durch, geht es wo anders auch leichter durch.

(Österreichisches Solidaritätskomitee, 14.6.2021 / bearb.)

Quelle: http://prosv.at/zum-verkauf-des-man-werkes-in-steyr/



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