**********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 10. Juni 2021; 08:38
**********************************************************
Frankreich / Strahlende Zukunft: > Der Staat braucht linke Übeltäter
von *Luc S.*, 09.05.2021, Archipel 303
Wie in vielen europäischen Ländern nutzt der Staat sein schärfstes Schwert gegen
unliebsame Bewegungen. Überall werden "kriminelle" Gruppen in unseren Reihen
gebastelt, während Rechtsradikale mit Bewährungsstrafen davon kommen, wenn sie
nicht gleich erfolgreich von Geheimdiensten und Polizei gedeckt werden.
In Bure hat sich der Widerstand gegen das geplante Atommüllendlager CIGEO seit
2015 verstärkt. Zahlreiche Demonstrationen und teilweise militante Aktionen
wurden besonders in 2016 und 2017 zum Alltag in der Lothringer Provinz im südlichen
Maastal. Die Antwort des französischen Atomstaates liess nicht lange auf sich
warten. Im Zuge einer förmlichen Militarisierung des Landkreises mit der Stationierung
von Gendarmerie-Hundertschaften verschärften sich Überwachung und Repression.
Manch eine·r wurde wegen des Besitzes eines Tortenhebers festgenommen, doch
es gab auch weit weniger amüsante Repressionsschläge. Viele tausend Stunden
der Telefonate von Umweltaktivist·inn·en wurden abgehört, Verurteilungen wegen
Nichtigkeiten durch das Gericht in Bar-le-Duc nahmen zu, und Aufenthaltsverbote,
teils über mehrere Jahre, wurden in rund 50 Fällen verhängt.
Das Ganze gipfelte 2018 in der Eröffnung eines Verfahrens wegen "Bildung einer
kriminellen Vereinigung". Nach einem Dutzend Razzien im Juni desselben Jahres,
wenige Tage nach der Demonstration von 3000 Atomkraftgegner·inne·n in der Hauptstadt
des Departements 55, wurde schrittweise gegen zwölf Linke - Gärtner·innen, Student·inn·en,
Arbeitslose, Lebenskünstler·innen, Arbeitende, Journalist·inn·en und ein Anwalt
- ermittelt. Schon die Auflagen im Zuge der Ermittlungen, die bis Dezember 2020
andauerten, waren eine schwere Bestrafung. Die Betroffenen durften nicht zueinander
in Kontakt treten, Teile der Region nicht betreten und Frankreich wegen angeblicher
Fluchtgefahr nicht verlassen.
Repression wird und wirkt zunehmend grenzüberschreitend und überall ist das
Muster dasselbe: Wenn es keine harten Fakten gibt, aber die Gesinnung zu deutlich
wird, konstruiert der Staat kriminelle Vereinigungen. Landein-, Landaus suchen
die politischen Ermittlungsbehörden Gründe, die Justiz auf den Plan zu rufen,
die dann mit spektakulären Prozeduren den Alltag engagierter Aktivist·inn·en
schikanieren und aus Silvesterraketen, Kloputzmitteln, Rangeleien, Flugblättern
und ein paar leeren Flaschen Wein schnell mal "Terrororganisationen" schmieden
- egal ob es sich um Antifaschist·inn·en, Anarchist·inn·en oder Umweltschützer·innen
handelt. Das Ziel ist die Einschüchterung, die Überwachung und letztlich wohl
auch die Bestrafung, sei es für tatsächliche Handlungen oder die Vertretung
von unliebsamen Meinungen.
Vom 1. bis 3. Juni 2021 findet nun gegen drei Personen aus dem Bure-Widerstand,
die als "Übeltäterbande" angeklagt sind, der Prozess statt. Gegen vier weitere
wegen vermeintlichem Besitz von "Sprengmitteln" oder/und der Beteiligung an
nicht genehmigten Versammlungen im Jahr 2017. In Solidarität mit den sieben
Beschuldigten wird zu zahlreichen Aktivitäten nach Bar-le-Duc eingeladen.
Mehr Informationen zum Verfahren findet ihr unter bureburebure.info und unter
noussommestousdesmalfaiteurs.noblogs.org.
###
Quelle: https://forumcivique.org/artikel/atomstaat-frankreich-der-staat-braucht-linke-uebeltaeter/
*
Anmerkungen akin:
An den drei Tagen fand eine Art Volksfest vor dem Gericht statt, Urteile dürfte
es noch keinen gegeben haben.
Die französische 83-Seelen-Gemeinde Bure liegt etwa 33 Kilometer südöstlich
von Bar-le-Duc und 64 Kilometer südwestlich von Nancy.
Etwa eineinhalb Kilometer südlich der Dorfmitte entsteht auf freiem Feld das
Atommüllendlager Bure für die am stärksten strahlenden Abfälle, insbesondere
abgebrannte Atombrennstäbe aus Frankreich. Seit 2000 untersucht die französische
Atommüllbehörde ANDRA die Eignung des 130 Meter mächtigen Tonsediment-Stocks,
der sich hier erstreckt.
***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen Wiener
Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht wortidentisch mit
den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck von Eigenbeitraegen
mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete Beitraege stehen in der Verantwortung
der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von Texten mit anderem Copyright als dem unseren
sagt nichts ueber eine anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd
wird nur als Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten
ist, kann den akin-pd per formlosen Mail an akin.redaktion@gmx.at abbestellen.
*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
postadresse a-1170 wien, lobenhauerngasse 35/2
redaktionsadresse: dreyhausenstraße 3, kellerlokal, 1140
vox: 0665 65 20 70 92
http://akin.mediaweb.at
blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
mail: akin.redaktion@gmx.at
bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
bank austria, zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW