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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 11. März 2021; 00:17
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  glosse:
  
  > die aufklärung ist tot
  
  wir leben in bubbles. in grossen und in kleinen. in manchen jener bubbles,
  in denen ich mich bewege, macht sich leise hoffnung breit:
  
  in einer findet zum beispiel folgendes statt: wenn erst einmal alles an den
  unglaublichkeiten rund um ibiza, casino, novomatic, sobotka, blümel und kurz
  aufgeklärt ist, wenn also einmal alle fakten auf dem tisch liegen, ja dann.
  (hier kommt dann entweder ein hoffnungsvoller blick oder zumindest ein
  kurzes aufziehen der augenbrauen, die zwar nicht optimismus, aber immerhin
  aufkeimende erwartung signalisieren könnte.)
  
  in einer anderen höre ich: wenn wir nur endlich klar machen, dass das
  verrotten lassen von menschen nicht geht, dann werden wir sie schon
  überzeugen. "sie" sind jene, die sich erstaunlich standhaft seit jahren
  gegen jegliche menschlichkeit stellen und tatsächlich sich von ertrinkenden,
  verzweifelten, zerstörten menschen nicht beeindrucken lassen. die "anderen",
  sind jene, die immer noch glauben, dass es nur drastisch genug dokumentiert
  werden müsse, was die "bei uns nicht"-politik tatsächlich für kinder,
  mütter, väter oder überhaupt für geflüchtete menschen bedeutet.
  
  in einer deutschen bubble hoffen manche nun nach jahren endlich beweise
  rechtsgültig werden zu lassen, dass die AfD rechtsextrem ist. das ist zwar
  längst keine frage mehr, aber die geduldige, rechtskonforme aufarbeitung von
  beobachtungen und analysen soll beweisen, dass das auch wirklich so ist.
  
  wieder eine andere bubble: in den usa glauben viele, dass nach minutiöser
  rekonstruktion der ereignisse vom sturm auf das capitol klar werden müsste,
  dass trump der verantwortliche und die hetze der republikaner nicht mehr
  wählbar sein dürften.
  
  alle die menschen in den hier geschilderten bubbles übersehen aber etwas
  entscheidendes. aufklärung war vorgestern, wissenschaft war vorvorgestern
  und faktenbasiertes arbeiten ist ein nogo. unsere schulen sollten im sinne
  eines zukunftssicheren erziehungskonzeptes nicht mehr "1+1=2" verbreiten.
  denn was ist, wenn das kind das einfach nicht will? haben wir nachgedacht,
  ob das kind nicht viel lieber wie pippi langstrumpf sagt: "zwei mal drei
  macht vier, widewidewitt und drei macht neune, ich mach mir die welt,
  widewide wie sie mir gefällt."
  
  was astrid lindgren als sinnbild für kindliche verspieltheit und lust am
  kreativen jonglieren verstanden hat, wird in unseren zeiten zur rache an der
  aufklärung.
  
  wer will sich schon von fakten zwingen lassen?! wer will sich von greta
  thunberg sagen lassen, dass endlich was zu unternehmen sei, dass es so nicht
  weitergehen kann?
  
  vielleicht sollten die schulen nicht "1+1=2"-aufgaben stellen, sondern:
  "1+1=? - suche ein ergebnis, das dir gefällt, und überzeuge mindestens ein
  drittel deiner klassenkamerad*innen davon." das wäre dann vorbereitung auf
  eine politische laufbahn.
  
  wenn wir alle sms offen lesen können werden, wenn wir alle geschredderten
  platten rekonstruiert und von jedem kinderwagen-laptop das backup kennen
  werden: was wird dann wirklich geschehen?
  
  wenn wir dann wissen, wo strache die wahrheit gesagt hat und wo gelogen,
  wenn nehammer eingestehen müsste, dass es pannen gegeben hat, wenn gesetze
  tatsächlich auf bestellung von spender*innen beschlossen worden sind: was
  wird geschehen? die fakten werden so erdrückend nüchtern und ermüdend sein,
  dass von vielen einer, der das als "medienhype" und "lügeninszenierung"
  zusammenfassen wird, gewählt werden könnte.
  
  wenn einmal menschen in flüchtlingslagern sterben und neben den ertrunkenen
  auf see bestattet werden müssen, was wird passieren? es wird grausam und
  ernüchternd sein, aber viele werden jenen recht geben, die angst vor "noch
  mehr terror" haben. das zieht immer.
  
  die AfD könnte mit brief und siegel als rechtsextrem bestätigt werden: was
  ändert es? die einen haben sie sowieso nie gewählt und so manche werden sie
  dann erst recht genau deswegen wählen.
  
  wie chancenlos die verfolgung eines praktisch nachweislichen hochverrats
  durch einen abgewählten präsidenten bleiben wird, erleben wir gerade live
  auf den us-channels.
  
  beweise, die auf dem tisch liegen, für korruption, bestechlichkeit,
  menschenverachtung, faschismus und rechtsextremismus, hochverrat und hetze,
  sind nichts mehr wert. jede*r darf sich aussuchen, wie diese fakten zu
  bewerten sind, jede*r schafft sich seine eigene wahrheit, seine alternative
  facts.
  
  die aufklärung ist tot.
  
  *bernhardjenny.blog* 
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