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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 14. Januar 2021; 02:33
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  Corona:
  
  > Zahlenspiele
  
  Die Jahresbilanz: Still confused but on a higher level
  
  
  2020 war auch das Jahr der Statistikkurven: Tägliche Neuinfektionen,
  Wocheninzidenzen, Todesfälle, Bettauslastungen, Impfwirksamkeit,
  Arbeitslosigkeit, Wirtschaftsnegativwachstum, Staatsschulden usw. usf.. Jede
  Kurve und Statistik wurde heftig diskutiert, jede Zahl als Beweis für
  irgendwas verwendet oder skeptisch beäugt.
  
  Auch der Redakteur dieses Blattes hat sich an dem Spiel beteiligt. Am
  2.April schrieb ich: "Wenn sich die zusätzliche Sterblichkeit übers Jahr
  gesehen tatsächlich in Grenzen gehalten haben sollte, wird das entweder
  niemanden mehr interessieren oder es wird heissen, die strengen Maßnahmen
  hätten uns gerettet."
  
  Das Jahr ist jetzt um, wie sieht es mit der Übersterblichkeit aus? Die
  Statistik Austria hat noch keine Daten für das komplete Jahr 2020
  veröffentlicht, dennoch ist ein Vergleich bereits möglich -- und zwar mit
  den jeweils ersten 50 Kalenderwochen dieses Jahres mit denen der Jahre
  2017-2019.
  
  Wenn die Zahlen des Gesundheitsministeriums richtig sind, sind bis Ende der
  50.KW 2020 rund 6000 Coronainfizierte verstorben. Da ein nicht geringer
  Anteil dieser Personen heuer wahrscheinlich auch ohne Covid gestorben wäre,
  müßte also eine Übersterblichkeit von etwas unter 6000 Menschen zu
  verzeichnen sein. Wäre hingegen, wie die Corona-Skeptiker behaupten, die
  Erkrankung nicht schlimmer als die Grippe, dürfte es überhaupt keine
  Übersterblichkeit geben. Dazu kämen allerdings noch die Effekte, daß durch
  die Corona-Maßnahmen generell die Sterblichkeit hätte gedrückt werden
  müssen: Weniger Autoverkehr, weniger Arbeitsunfälle, weniger Ansteckung mit
  anderen Infektionskrankheiten.
  
  Und: Die Signifikanz der Zahl müßte wohl gegeben sein, denn die Schwankung
  der Sterblichkeit in den Jahren 2017 bis 2019 beträgt knapp weniger als 1%.
  
  Das Ergebnis ist überraschend. Die Übersterblichkeit von 50 Kalenderwochen
  des Jahres 2020 beträgt zum gemittelten Vergleichszeitraum der drei Vorjahre
  8922 Personen. Es sind also rund 50% mehr Menschen verstorben als das
  Maximum an coronabedingter Übersterblichkeit ausmachen dürfte.
  
  So, da haben wir jetzt eine Zahl, die genau gar nichts beweist, aber zu
  Mutmaßungen Ende nie Anlaß gibt: Sind nicht alle Covid-Toten registriert
  worden? Oder sind wegen der Maßnahmen mehr Menschen gestorben? Viel Spaß
  beim Spekulieren!
  
  Themenwechsel: Corona-Skeptiker und Impfgegner haben ein neues Thema: Die
  Zahl der "Impftoten". Die Redaktion erreichen jetzt täglich Meldungen über
  verstorbene Geimpfte. Denn natürlich sterben auch Geimpfte, wie wir halt
  alle irgendwann sterben. Dadurch, daß zuerst die Risikopersonen geimpft
  werden, ist auch klar, daß von denen mehr sterben als im Durchschnitt der
  Bevölkerung. Die Impfgegner halten damit aber den Coronawarnern einen
  Spiegel vor: Während die Debatte das ganze Jahr über darum geführt wurde, ob
  die Todeszahlen Menschen ausmachten, die am oder nur mit dem Coronavirus
  verstorben sind, kommen jetzt die Impfgegner daher und unterscheiden
  genausowenig, ob jemand mit oder an der Impfung verstorben wäre.
  
  Mit anderen Worten: Auch 2021 werden wir uns wechselseitig Statistiken an
  den Schädel hauen, um den eigenen Standpunkt zu untermauern. Hans Weigel
  veröffentlichte schon 1977 ein Bücherl mit dem Titel: "Der exakte Schwindel
  oder Der Untergang des Abendlandes durch Zahlen und Ziffern." Was würde er
  da wohl heute sagen?
  
  Eine Prognose eines Statistikers allerdings, die auch im April in der akin
  zitiert worden war, nämlich ein Blogbeitrag des US-Professors Wesley Pegden,
  sei hier dennoch noch einmal angeführt: "Die Dauer der Eindämmungsbemühungen
  spielt keine Rolle, wenn sich die Übertragungsraten am Ende wieder
  normalisieren und sich die Sterblichkeitsraten nicht verbessert haben. Dies
  liegt einfach daran, dass, solange eine große Mehrheit der Bevölkerung nicht
  infiziert ist, die Aufhebung von Eindämmungsmaßnahmen zu einer Epidemie
  führen wird, die fast so groß sein wird, wie dies ohne Abhilfemaßnahmen der
  Fall gewesen wäre."
  
  Das hat sich anscheinend bewahrheitet. Wenn die veröffentlichten Zahlen
  stimmen. Aber die kann man bekanntlich anzweifeln.
  *Bernhard Redl*
  
  
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