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Sende-Uhrzeit:  12.17.2020 02:11:36 AM
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Betreff:  [akinabo] Waffen/Rechtsextreme: Chronologie der Waffenfunde der letzten eineinhalb Jahre
 
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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 17. Dezember 2020; 02:04
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Waffen/Rechtsextreme:

> Chronologie der Waffenfunde der letzten eineinhalb Jahre

Von *Stopptdierechten.at*

Bei der Pressekonferenz vom 12. Dezember meinte der Wiener Polizeipräsident
Pürstl, die rezenten Waffenfunde bei Neonazis zählten zu den größten der
letzten Jahrzehnte. Nun, wenn wir uns ansehen, wie viele Waffenarsenale -
wir sprechen hier nur von großen Funden! - alleine in den letzten eineinhalb
Jahren in Österreich ausgehoben wurden, und welche Mengen da dabei waren,
dann könnte sich Pürstls Aussage etwas relativieren. Eines scheint klar zu
sein: Es wird aufgerüstet, und wie! Bei der nachfolgenden Auflistung besteht
kein Anspruch auf Vollständigkeit, da hier nur Funde gelistet sind, über die
wir durch Medienberichterstattung - manchmal zufällig - Kenntnis erlangt
haben.


Dezember 2020/Wien und Niederösterreich: Waffenhandel bei Neonazis

Sieben Festnahmen im Neonazimilieu - fünf Österreicher*innen und zwei aus
Bayern -, darunter einer, der vermutlich seit Jahrzehnten nicht viel anderes
getan hat, als mit Waffen zu dealen. Bestens vernetzt in Österreich und
außerhalb, besonders nach Deutschland, organisierte Peter B. Waffen vom
Balkan, die angeblich zum Aufbau einer Neonazi-Miliz in Deutschland dienen
hätten sollen. Was erstaunt: B. saß in der Haft, angeblich in der
Justizanstalt Wien-Simmering, die als besonders liberale Vollzugsanstalt
gilt. Im Juni 2018 hatte er zweieinhalb Jahre wegen Wiederbetätigung und
Vergehen nach dem Waffengesetz ausgefasst. Knapp davor war B. in Passau zu
zehn Monaten bedingt verurteilt worden. Das Delikt: Waffenhandel!

Nach einem Hinweis seitens der deutschen Polizei im Oktober zu
Suchtmittelhandel sei man im Zuge der Ermittlungen auf die Nazi-Truppe und
den Waffenhandel gestoßen. Bei Hausdurchsuchungen der letzten Woche in Wien,
Baden, Krems und Tulln stellte die Polizei neben Wehrmachtsutensilien,
kiloweise Drogen und Bargeld ein riesiges Waffenarsenal sicher: Uzis, AK 47,
Skorpion-MP, Sturmgewehre - insgesamt 76 voll- und halbautomatische
Langwaffen, 14 Faustfeuerwaffen, 6 Handgranaten, Zündstoff, Sprengstoff und
mehr als 100.000 Schuss Munition und massenhaft Zubehör.

Der Drahtzieher Peter B. soll die Waffengeschäfte vom Gefängnis aus und/oder
bei seinen Freigängen organisiert haben - zum Schluss wohl unter Beobachtung
der ermittelnden Behörden.


September 2020/Wien: NS-Devotionalien und Waffenlager

Dass Waffenlager in Österreich regelmäßig ausgehoben werden, dass deren
Besitzer vielfach aus der rechtsextremen Ecke kommen, ist nichts Neues. Das
im September im Zuge einer Razzia ausgehobene Lager, fällt jedoch auch
dadurch auf, dass es sich am Czerninplatz, unweit vom Haus befand, in dem
sich in den 1990er- und 2000er-Jahren Gottfried Küssel samt Kameraden
ausgebreitet hatten. Küssel und ein weiterer verurteilter
Alpen-Donau-Aktivist besitzen dort noch immer drei Wohnungen.

SS-Dolche, Hitlerdolche, ein Nazihelm und das Eiserne Kreuz: Das ist nur
eine Auswahl der NS-Memorabilia, die Polizisten am Mittwoch in einer Wohnung
in Wien gefunden haben. Dazu kam eine Vielzahl an Waffen, deren Herkunft
jetzt überprüft wird. Nachbarn bezeichneten die Wohnung als wahres
Waffenlager, der Besitzer hatte offenbar auch vor einem größeren
Personenkreis mit seiner Sammlung geprahlt. (.) Geprüft wird, ob er Teil
eines größeren Netzwerks war. (.). Außerdem soll der Verdächtige in den
vergangenen Jahren geschäftliche Beziehungen zum Bundesheer und zu Wiener
Behörden gehabt haben. (derstandard.at, 17.9.20)

Seither wurde in dieser Causa nichts mehr publik.


Juli 2020/Deutschland und Österreich: Waffenhandel im Neonazi-Milieu

Viel wissen wir, zumindest was den Österreich-Bezug betrifft, noch nicht
über die Razzien, die am 8. Juli in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und
Österreich in der Neonazi- und Reichsbürgerszene stattgefunden haben.
Hierzulande gab's bloß eine APA-Meldung, die aus deutschen Berichten
zusammengestöpselt wurde.

"Anlass der Ermittlungen waren mutmaßliche Verstöße gegen das
Kriegswaffenkontrollgesetz sowie das Waffengesetz - konkret geht es um
Waffenlieferungen aus Kroatien nach Deutschland mit Bezügen nach Österreich
und in die Schweiz. (.) Schwerpunkt der Durchsuchungen war Bayern, wo die
Ermittler im Großraum München sowie in den Landkreisen Rosenheim, Erding und
Deggendorf im Einsatz waren. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Österreich wurde
jeweils ein Objekt durchsucht; in welchen Regionen genau, wollte ein
Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft unter Verweis auf
ermittlungstaktische Gründe nicht sagen." (APA, 8.7.20)

Am 8. Dezember berichtete das ZDF-Magazin Frontal 21, dass in dieser Causa
gegen den früheren NPD-Mann Alexander R. ermittelt würde. Und noch mehr: Die
Waffen könnten für die AfD bestimmt sein.

Belastet wird R., neben den Waffenfunden, durch ein Geständnis eines
Mittelsmannes, der gegenüber kroatischen Behörden die Waffendeals mit dem
Deutschen gestanden hatte. Demnach habe R. erklärt, die Waffen "seien für
die AfD, eine rechte Partei" bestimmt. Im Geständnis heißt es, R. habe
Interesse an "automatischen Waffen, Kurzwaffen, Pumps, Skorpione und
Kalaschnikows". (.) Auslöser der Ermittlungen war ein Amtshilfeersuchen der
kroatischen Behörden. Im März 2018 flog in dem Balkanstaat eine Lieferung
mit illegalen Waffen für Empfänger in Deutschland auf. Über Monate hatten
kroatische Fahnder Waffenschieber überwacht und deren Kommunikation
entschlüsselt. Bei Razzien stießen sie auf zahlreiche automatische Gewehre,
Munition, Handgranaten und einen Raketenwerfer. (Frontal 21, Waffen vom
Balkan. Wie Rechtsradikale aufrüsten)

Über die österreichische Beteiligung, wo die Hausdurchsuchung mit welchen
Ergebnissen stattgefunden hat, ist weiterhin nichts bekannt. Auch nicht, ob
es Bezüge zu Peter B. und dessen Deals gibt.


Juli 2020/Niederösterreich: Waffen und NS-Devotionalien

In seinem Büro in Gmünd hatte ein 35-jähriger Ex-FPÖ-Funktionär
NS-Merchandise ausgestellt. Nach einer Anzeige fand die Polizei im Zuge
einer Durchsuchung diverse Waffen, darunter "auch illegale Waffen in Form
von Kriegsmaterial (zwei Maschinenpistolen mit Schalldämpfer), einer
verbotenen Waffe (schießender Kugelschreiber) sowie Munition in größerem
Ausmaß (.), Sprengkapseln und NS-Devotionalien" (noen.at, 3.7.20).


April 2020/Oberösterreich: Riesiges Waffenarsenal und Nötigung

Diese Meldung hat es sogar in die internationalen Medien geschafft: Nachdem
ein 65-jähriger Pensionist aus Rainbach im Mühlkreis seiner Ex-Freundin mit
einem Killer und einer Schusswaffe, die er immer bei sich trüge, drohte,
weil die deren langjährige Affäre der Ehefrau des Mannes gesteckt hatte,
ging die Ex-Freundin zur Polizei und zeigte den Mann an. Die Cobra rückte
aus und fand im Keller ein Waffenarsenal, das dazu geeignet sei, die gesamte
oberösterreichische Polizei etwa vier Jahre auszustatten. Es war nach
Angaben der oberösterreichischen Polizei einer der größten Waffenfunde der
letzten Jahrzehnte.

"Nach bisherigem Ermittlungsstand wurde Folgendes sichergestellt und in drei
Klein-Lkw abtransportiert:
. mehr als 1 Million Stück Munition aller Kaliber
. mindestens 20 vollautomatische Waffen
. mindestens 100 Faustfeuerwaffen
. mindestens 30 Langwaffen (u.a. auch Scharfschützengewehre)
. mindestens 100 Schalldämpfer (laut Angaben des Beschuldigten selber
hergestellt)"
(Landespolizeidirektion Oberösterreich, 6.4.20)

Der Mann wurde 20. Mai aus der Untersuchungshaft entlassen. Im Zuge des
Prozesses im November wurde er im Punkt der Nötigung freigesprochen, für den
illegalen Waffenbesitz erhielt er gerade einmal acht Monate bedingt und eine
Geldstrafe über 960 Euro. Er sei ja nur einer Sammlerleidenschaft
nachgegangen.


Jänner 2020/Niederösterreich: Schusswaffen und Suchtgift

Im Jänner wurde ein Waffenlager bei einem 60-Jährigen aus dem Bezirk Baden
ausgehoben.

Im Zuge der Ermittlungen und der daraufhin durchgeführten Hausdurchsuchung
konnten an der Wohnadresse neben legal besessenen Schusswaffen auch eine
große Anzahl an illegalen Schusswaffen und Waffen sowie Munition im [sic!]
größerem Ausmaß als auch Suchtmittel in geringer Menge vorgefunden und
sichergestellt werden. (noen.at, 22.1.20)

Die Polizei sei auf der Suche nach diversen Hintermännern, hieß es im
Jänner. Seither war in dieser Causa nichts mehr zu vernehmen.


September/Dezember 2019/Niederösterreich: Waffen und Chemikalien

Nach einem simplen Ladendiebstahl und einer darauf folgenden
Hausdurchsuchung flog das Waffenlager eines 50-Jährigen aus dem Bezirk Baden
auf.

"Insgesamt fand man fünf verbotene Waffen, wie Maschinenpistolen, 58
genehmigungspflichtige Faustfeuerwaffen und 16 Waffen, die registriert
hätten werden sollen. Zudem hatte der Mann auch ein großes Arsenal an
Chemikalien. Darunter Aceton, Wasserstoffperoix, Salzsäure, Schwefelsäure,
Kaliumnitrat, gelber Phosphor. 'Die Chemikalien sind an sich nicht verboten.
Man kann damit aber Sprengstoff herstellen', erklärt ein Beamter gegenüber
der NÖN." (noen.at, 23.12.19)

Die Erklärung des Mannes: Er sei ein Waffennarr und habe Interesse an
Chemie.


Juli 2019/Juni 2020/Niederösterreich: Schusswaffen und Sprengkapseln

Ende Juni 2020 stand ein 78-jähriger Waldviertler vor Gericht. Er habe 80
illegale Waffen bei sich zu Hause gelagert - zusätzlich 24 legale Waffen.

"Darunter stellten die Ermittler Pistolen, Revolver sowie Langwaffen und
auch Teile von Schusswaffen, Krieg[s]material, Sprengkapseln und an die
tausend Schuss sicher. Unter anderem zählten 25 Stück (halb- und
vollautomatische Waffen sowie eine Panzerbüchse) der illegal besessenen
Waffen zu der Kategorie A des Waffengesetzes und sind in Österreich
verboten." (noen.at, 29.6.20)

Die Erklärung vor Gericht: Er habe vor Jahren zwei Waffentester kennen
gelernt, und die hätten ihm beim Aufbau eines Schießstandes unterstützt. Er
habe sich revanchiert: "Damit sie die Waffen und die Munition für die Tests
nicht immer transportieren müssen, habe ich sie halt bei mir gelagert. Als
sie dann überraschend verstorben sind und keiner Interesse an den Waffen
angemeldet hat, blieben sie halt bei mir", erklärte er. (noen.at)

Das (noch nicht rechtskräftige) Urteil von sechs Monaten Haft auf Bewährung
und ein Waffenverbot fiel sehr milde aus. Ob der Mann gefragt wurde, mit
welchem Ziel die bei ihm aufgefundenen Sprengkapseln getestet werden
sollten, geht aus dem Medienbericht nicht hervor.

(bearb.)


Quelle (mit weiterführenden Links):
https://www.stopptdierechten.at/2020/12/14/chronologie-der-waffenfunde-der-letzten-eineinhalb-jahre/


***

> Zitate von der polizeilichen Präsentation der Dezember-Funde


"... die entsprechenden Verbindungen in extreme Kreise hinein, sei es, ob in
linksextreme oder in diesem Fall rechtsextreme Kreise..."

Gerhard Pürstl, Wiener Polizeipräsident, O-Ton ORF


"Innenminister Nehammer mutmaßt, dass mit den Erlösen aus dem Suchtmittel-
und Waffenhandel die illegalen Aktivitäten der Verdächtigen finanziert
wurden, da dieses Vorgehen auch bei islamistisch motivierten Terror üblich
sei."

https://www.derstandard.at/story/2000122445163/



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