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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 29. April 2020; 08:34
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Linke/Glosse:
> Querfronten
Die linke Social-Media-Blase in Zeiten von Corona: Des nenn i Brutalität
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Eine Kundgebung beim "Mahnmal gegen Krieg und Faschismus". Eine Frau wird
von einem Polizisten am Arm gepackt und um ihren Ausweis "gebeten". Sie
verlangt eine Begründung dafür. Es entspinnt sich ein längerer Disput.
Andere Demonstranten kommen hinzu und werden von weiteren Polizisten
abgetrennt. Ein weißhaariger Mann versucht dem Polizisten das
Sicherheitspolizeigesetz zu erklären, daß ein solches Einschreiten begründet
sein muß. Der Polizist ignoriert ihn zuerst und schreit dann etwas, was man
für "Gusch!" halten konnte. Die Polizei sollte später erklären, es hätte
"Pulk!" geheissen, also der Ruf nach einem Schulterschluß seiner Kollegen.
Gesichtsmasken tragen ja nicht unbedingt zu einer Verbesserung der verbalen
Verständlichkeit bei. Schließlich stößt der Polizist ohne Diskussion den
offensichtlich älteren Mann weg, tritt dann aber auf ihn zu, nimmt ihn in
den Schwitzkasten und wirft ihn zu Boden. Seine Kollegen stürzen sich
ebenfalls auf den Weißhaarigen und fesseln den ohnehin Wehrlosen am
Rücken -- der nichts anderes getan hatte, als den Polizisten mit Worten zu
nerven. Noch mehr Polizisten kommen hinzu und verstellen die Sicht auf die
Amtshandlung.
Das alles ist zu sehen auf einem Handyvideo, daß das Internetportal
zackzack.at veröffentlichte. Die österreichische Linke ist empört. Großteils
aber nicht über die Polizeigewalt, sondern über die Demonstranten. Weil
manche von denen "Wir sind das Volk" skandiert haben und "Wir sind die
Juden". Und weil Ober-Idi Martin S. auch anwesend war, wie man auf orf.at
unbedingt betonen mußte. Überhaupt haben sich die Demonstranten ja nicht an
die Vorschriften gehalten und das sind ja, sofern keine Rechtsextremen,
alles nur "Aluhüte", die nicht glauben, daß Corona gefährlich ist. So laufen
die Debatten derzeit auf Facebook und Twitter.
Aber es noch viel ärger: Es waren auch gestandene Linke auf dieser Demo! Und
andere Linke, quasi die gefühlte Minderheitsfraktion auf Social Media,
meint, man könne doch nicht wegen Corona das Demonstrationsrecht stanzen und
alte Männer, die Polizisten lästig sind, einfach zu Boden schmeissen.
Uijegerl, da tut sich eine Querfront auf, das ist ja noch schlimmer als
gedacht!
Der Veranstalter der Kundgebung war der Mediziner Christian Fiala, das ist
sowieso ein schlimmer Finger, der hat ja gesagt, HIV hätte nichts mit AIDS
zu tun. Hat er das? Gibt es dafür irgendeinen Beleg? Nein, aber man sagt
halt so, schließlich habe er den südafrikanischen Präsidenten Mbeki beraten
und das sei ein HIV-Leugner!
Und so weiter und so fort. Mittlerweile ist auf Facebook unter Linken ein
verbales Gemetzel im Gang, das stark an die Debatte um Israel und Palästina
erinnert, nur viel heftiger, weil man sich derzeit nicht auf ein Bier
zusammensetzen kann, um das Face to Face auszudiskutieren.
Viel ist derzeit davon die Rede, daß man jetzt schon die Frage stellen muß,
wie denn Österreich und die Welt im Allgemeinen nach der Pandemie aussehen
werden. In den Debatten der Massenmedien geht es da zumeist um
Wirtschaftsfragen, seltener, aber doch, um psychische Wunden und
rechtsstaatliche Paradigmen. Bisweilen auch um künftige Wahlergebnisse. Ich
hingegen mache mir vor allem Sorgen um die Linke und um mir wichtige
Freundschaften mit echten Genossen, die ja hinter diesen Internet-Accounts
real existieren.
Ich muß da jetzt, nur ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen, Angela Merkel
zitieren, daß eine solche Situation wie die derzeit nur erträglich sei,
"wenn Kritik und Widerspruch nicht nur erlaubt, sondern eingefordert und
angehört werden". Das ist nämlich der Unterschied in Herangehensweise und
Kommunikation zwischen der CDU-Kanzlerin und dem hiesigen Gesalbten. Das
müßte doch auch die österreichische Linke verstehen: Seids nicht wie Basti!
Und ja: Das gilt für beide Seiten in dieser Debatte.
*Bernhard Redl*
(27.4.2020)
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