********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 29. April 2020; 08:43
**********************************************************

Wien:

> Kein Koplenig-Platz

Am 27.April 1945 unterzeichneten die Sozialdemokraten Karl Renner und Adolf
Schärf, der Christlichsoziale Leopold Kunschak und der Kommunist Johann
Koplenig die österreichische Unabhängigkeitserklärung. Für Renner, Schärf
und Kunschak gibt es in Wien öffentliche Verkehrsflächen, die nach ihnen
benannt sind. Für Koplenig gibt es nichts. Und das soll nach dem Willen des
Rathauses auch so bleiben.

Die Versuche, den Brigittenauer Höchstädtplatz (1899 benannt nach einer
Schlacht unter Prinz Eugen 1704), der Jahrzehnte lang auch der Hauptsitz der
KPÖ war, nach Koplenig umzubenennen, reichen zurück bis 1976.

Abgeschmettert wurden diese Versuche immer mit dem Argument, daß man dann
zuviele Adressen hätte ändern müssen. Aber noch zu Zeiten der KPÖ-Zentrale,
als Alfred Hrdicka auf KPÖ-Grund einen Koplenig-Gedenkstein dort errichtete,
kam die Idee auf, lediglich einen Teil des Platzes nach Koplenig zu
benennen. Da wäre höchstens die Adresse der KPÖ zu ändern gewesen, was diese
wohl nicht gestört hätte.

Das KPÖ-Haus gibt es nicht mehr, den Gedenkstein aber schon. Und 2018 ging
(ähnlich wie übrigens schon im Gedenkjahr 1988) in der Brigittenauer
Bezirksvertretung ein Beschluß zur Teilumbennenung durch. Dieser wurde vom
Wiener Rathaus wieder erstmal lang ignoriert. Zum Jubiläum der 2.Republik
sollte es dann aber doch soweit sein. Aber nein, nichts da, eine unter
Geheimhaltung tagende Unterkommission des Gemeinderats, die sich auf ein
nichtöffentliches Papier von namentlich unbekannten Historikern der
Magistratsabteilung 9 (Wiener Bibliotheken) beruft, lehnte das ab. Dem
Vernehmen nach wäre der Beschluß dazu einstimmig erfolgt.

Was aus diesem Papier bekannt geworden ist, ist eine Passage, daß zu
bedenken sei, "dass Johann Koplenig zeit seines Lebens die totalitäre
Ideologie des Kommunismus sowie die Politik der Sowjetunion auch unter der
Terrorherrschaft Stalins bedingungslos unterstützt hat und sein Ziel die
,Diktatur des Proletariats' war". Darüber hinaus war von einer
SPÖ-Sprecherin zu erfahren, daß man vermeiden möchte, daß "die
außergewöhnliche Situation von zwei direkt aneinandergrenzenden
Platzbenennungen geschaffen" werde.

Der KZ-Verband/VdA Wien sieht das anders und schreibt in einer Aussendung:
"Diese 'Platz in Platz'-Lösung ist nichts ungewöhnlich, es gibt dazu einige
Beispiele in Wien." Und: "Braucht es bei Kunschak eine Zusatztafel um auf
seine Tätigkeit im Austrofaschismus hinzuweisen, wird Johann Koplenig eine
Straßen/ Platzbenennung komplett verwehrt."
(akin)


Mehr zur unendlichen Geschichte einer gescheiterten Benennung:
http://volksstimme.at/index.php/blog/item/384-75-jahre-befreiung-oesterreichs-kein-platz-fuer-johann-koplenig.html



***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.redaktion@gmx.at abbestellen.


*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
postadresse a-1170 wien, lobenhauerngasse 35/2
redaktionsadresse: dreyhausenstraße 3, kellerlokal, 1140
vox: 0665 65 20 70 92
http://akin.mediaweb.at
blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
mail: akin.redaktion@gmx.at
bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
bank austria, zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW