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  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 15. April 2020; 23:27
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  > Venezuela: Die Pandemie als Druckmittel
  
  Die EU nutzt die Covid-19-Pandemie als Druckmittel gegen die Regierung
  Venezuelas. Hintergrund sind die US-Sanktionen gegen das Land, die die
  venezolanische Wirtschaft massiv schädigen und den Kampf gegen das
  Covid-19-Virus erheblich behindern. Washington will die Sanktionen nur
  aussetzen, wenn die Regierung in Caracas zurücktritt. Wolle Caracas
  "verheerende Auswirkungen auf die Menschen" verhindern, müsse es die
  US-Forderung erfüllen, verlangt auch die Europäische Union. Brüssel ist
  seinerseits nicht bereit, seine Sanktionen gegen Venezuela zu beenden,
  obwohl UN-Generalsekretär António Guterres seit Ende März explizit fordert,
  wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen umgehend auszusetzen, um den Kampf gegen die
  Pandemie nicht zu behindern. Mehr als zwei Drittel aller Staaten
  unterstützen das, ausgenommen vor allem die Länder der EU und Nordamerikas.
  
  Die Vereinigten Staaten hatten ihre Sanktionen gegen Venezuela zuletzt im
  Februar verschärft. Bereits zuvor hatten sie wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen
  gegen Caracas verhängt, die vor allem auf die Erdölbranche, die
  Goldförderung und den Bankensektor zielten. Sie sind grundsätzlich als
  extraterritoriale Sanktionen konzipiert, betreffen also auch Bürger von
  Drittstaaten, die mit Venezuela Geschäfte treiben. Im Februar hat Washington
  weitere Sanktionen verhängt, die nun die staatliche Fluggesellschaft
  Conviasa bzw. alle treffen, die mit Conviasa zu tun haben. Ebenfalls im
  Februar folgten weitere Sanktionen, die konkret die Wirtschaftsaktivitäten
  des russischen Ölkonzerns Rosneft ins Visier nehmen; das Unternehmen müsse
  binnen drei Monaten jegliche Tätigkeit in Venezuela einstellen, hieß es
  ultimativ. Rosneft hat sich daraufhin gezwungen gesehen, sein gesamtes
  Venezuela-Geschäft an ein namentlich unbekanntes russisches
  Staatsunternehmen zu veräußern, um den Sanktionen zu entgehen.
  
  Auf zunehmende Kritik an seiner Sanktionspolitik hat Washington zu
  Monatsbeginn reagiert: Die Trump-Administration behauptet nun, unter
  Umständen zu einer Aufhebung der Sanktionen bereit zu sein, dann nämlich,
  wenn Caracas eine lange Reihe von Forderungen erfüllt. Dazu gehören der
  Rücktritt von Präsident Nicolás Maduro, die Schaffung eines "Staatsrates",
  der das Land vorläufig regieren soll, die Freilassung sämtlicher angeblich
  "politischen Gefangenen", die Abhaltung von Neuwahlen und nicht zuletzt das
  Kappen jeglichen Einflusses von Staaten, die den USA nicht genehm sind -
  insbesondere Russland sowie Kuba. Faktisch handelt es sich um die für keinen
  souveränen Staat akzeptable Forderung, sich den Vereinigten Staaten zu
  unterwerfen. Die EU unterstützt die US-Anmaßung und nutzt ausdrücklich die
  Covid-19-Pandemie, um den politischen Druck auf Caracas zu erhöhen.
  Venezuela erfahre derzeit "beispiellose Herausforderungen mit der
  Coronavirus-Pandemie", die "verheerende Auswirkungen auf die Menschen" haben
  könne - in einem Land, "das mit einer schon jetzt ernsten ökonomischen,
  sozialen und humanitären Situation kämpfe", heißt es in einer Erklärung der
  Union vom 3. April. Weit davon entfernt, angesichts der Covid-19-Pandemie
  die Aufhebung der Sanktionen zu fordern, die einen erfolgreichen Kampf gegen
  das Virus beinahe unmöglich machen, verlangt die EU, die gleichfalls
  wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen gegen Venezuela verhängt hat, die Regierung
  in Caracas müsse sich den US-Forderungen fügen.
  
  Die transatlantische Umsturzpolitik gegenüber Venezuela hindert das Land
  noch auf andere Weise am Kampf gegen die Pandemie: Sie führt dazu, dass
  Caracas einen dringend benötigten Kredit des Internationalen Währungsfonds
  (IWF) nicht erhält. IWF-Chefin Kristalina Georgiewa hatte Mitte März
  mitgeteilt, die Institution sei bereit, mit all ihren Kapazitäten Kredite zu
  mobilisieren, um bedürftigen Staaten beim Kampf gegen "die wirtschaftlichen
  und humanitären Auswirkungen" der Covid-19-Pandemie zu helfen. Dazu stehe
  das Rapid Financing Instrument bereit, das finanzielle Nothilfe ermöglichen
  soll. Venezuela beantragte deshalb entsprechende Finanzunterstützung. Mitte
  März waren die ersten Covid-19-Infektionen in dem Land offiziell bestätigt
  worden; gleichzeitig war klar, dass die Regierung nur begrenzte
  Handlungsspielräume besitzt: Der Staat ist in den vergangenen Jahren durch
  westliche Sanktionen ökonomisch empfindlich geschwächt worden; hinzu kommt,
  dass der zur Zeit extrem niedrige Erdölpreis Venezuelas Einnahmen weiter
  kollabieren lässt. Caracas sah sich daher gezwungen, für den Kampf gegen die
  Pandemie IWF-Hilfen zu beantragen. Die Institution verweigert das, weil "in
  diesem Augenblick keine Klarheit über die Anerkennung" der venezolanischen
  Regierung durch die "internationale Gemeinschaft" bestehe. Hintergrund ist,
  dass zahlreiche Regierungen Europas und Nordamerikas sowie rechtsgerichtete
  Regierungen in Lateinamerika eigenmächtig den (gescheiterten) Putschisten
  Juan Guaidó als Präsidenten Venezuelas anerkennen -- auch die deutsche und
  die österreichische Regierung.
  (german foreign policy/bearb., 9.4.2020)
  
  https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8242/
  
  
  > Orbán lässt Kranke aus Spitälern werfen
  
  Im Ungarnland sind eigenartige Entwicklungen im Gange. Der Superminister
  Miklós Kásler hat befehligt, dass im Zeichen des "Kampfes gegen das Virus"
  so ziemlich alle Patienten und chronisch Kranken, auch die ausführlicher
  Pflege bedürfen, aus den Krankenhäusern und Rehabkliniken geworfen werden.
  Es würden morgen, Dienstag, alle Patienen, bei denen häusliche Pflege
  möglich sei und die bis dahin nicht von den Angehörigen abgeholt wurden, mit
  der Rettung an die Adresse gebracht, die bei der Einlieferung angegeben
  wurde. Informiert wurden die Angehörigen am Freitagnachmittag telefonisch.
  
  Die krebskranke, im Sterben liegende Mutter im Csepeler Krankenhaus, oder
  der nicht mehr gehfähige demente Vater sind nur zwei Einzelfälle von vielen
  hunderten, deren Angehörigen sich bei hvg, index.hu und Népszava, drei der
  letzten unabhängigen Zeitungen gemeldet haben. Kásler hat im Zusammenhang
  damit auch gleich zwei Krankenhausdirektoren entlassen, weil sie sich
  weigerten, der Ministerialverordnung Folge zu leisten. Einer davon ist der
  Leiter der staatlichen Rehabilitationsklinik (Országos Orvosi Rehabilitációs
  Intézet) Péter Cserháti, weil er sich weigerte, frisch an der Wirbelsäule
  operierte Patienten nach Hause zu schicken. Diese Wahnsinnsaktion hat ihren
  Ursprung in einem Orbán-Dekret, laut dem mindestens 60%(!) der
  Krankenhausbetten für Coronaviruskranke zur Verfügung stehen müssen.
  (Pusztastranger auf Facebook, 13.4.2020)
  
  
  > Italien, Iran: Gefängnisaufstände
  
  Wegen der Gefahr einer Ausbreitung des Coronavirus in Gefängnissen hat
  Italien bereits vorzeitig Häftlinge entlassen oder in Hausarrest geschickt.
  Anfang März kam es zu Aufständen in 27 Haftanstalten mit mehreren Toten und
  Verletzten. Berichten zufolge waren der Grund für die Proteste Maßnahmen
  gegen das Virus, bei denen etwa Besuche in Gefängnissen ausgesetzt wurden.
  Die Menschenrechtsorganisation "Amnesty International" forderte, dass die
  Überlastung von Gefängnissen aufgrund der kritischen Lage in der
  Corona-Krise "so schnell wie möglich" vermindert werden soll.
  (Frankfurter Rundschau, 2.4.2020)
  
  Ende März sind aus dem Gefängnis der kurdisch-iranischen Stadt Seqiz etwa 80
  Gefangene aus Angst vor dem Coronavirus geflohen. Die Gefangenen bemängelten
  fehlende Schutzmaßnahmen gegen eine Einschleppung des Virus. Fünf
  geflüchtete Gefangene seien bereits gefasst worden.
  
  Einer der Geflüchteten, der Kurde Mostafa Salimi, ist mittlerweile im Iran
  hingerichtet worden. Salimi hatte sich nach seiner Flucht offenbar in die
  südkurdische Stadt Silêmanî abgesetzt. Dort soll er festgenommen und von den
  Autonomiebehörden (also von Garden der dem Iran nahestenden PUK) an das
  iranische Regime ausgeliefert worden sein. Am 11.April wurde er gehängt,
  berichtet die Menschenrechtsorganisation Kurdistan Human Rights Network
  (KHRN).
  
  Salimi saß 17 Jahre lang im Todestrakt. Im April 2003 war er wegen
  "Feindschaft gegen Gott" aufgrund der angeblichen Ausübung "terroristischer
  Akte" verhaftet worden. Diese Anklage wird gegen Personen erhoben, die man
  beschuldigt, den Staat mit Waffengewalt zu bekämpfen. Im Fall von Salimi
  stand die Anklage im Zusammenhang mit einer Mitgliedschaft in der
  Demokratischen Partei Kurdistans-Iran (PDK-I). Außerdem war er wegen
  bewaffnetem Raubs und der Ermordung von zwei Polizisten verurteilt worden.
  (anfdeutsch.com / akin)
  
  https://anfdeutsch.com/kurdistan/kurdischer-gefangener-im-iran-hingerichtet-18455
  
  
  
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