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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 25. März 2020; 20:25
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> Ein Gespenst geht um in Europa

Von *Rosalia Krenn*.

Wien im Ausnahmezustand. Das Wort Ausgangssperre wird von den derzeit
verantwortlichen Regierungspolitiker_innen (noch) nicht in den Mund
genommen. Von Ausgangsbeschränkungen ist die Rede. Das klingt nicht so
faschistisch. Es wird alles für unsere Gesundheit getan. Für einen gesunden
Volkskörper in einem gesunden Staat? Der Bundeskanzler wendet sich in allen
Reden, die ich per Internet verfolgt habe, explizit an die
"Österreicherinnen und Österreicher". Schon komisch. Immerhin hat in Wien
ein Drittel der Bevölkerung keine österreichischen Staatsbürgerschaft.
Aber der nationale Schulterschluß in dieser Ausnahmesituation wendet sich
ausschließlich als Appell an die Österreicher und Österreicherinnen.

Die Polizei arbeitet wiedereinmal mit dem Bundesheer zusammen. Innen- und
Verteidigungsministerium beteuern sich gegenseitig der guten bis
hervorragenden Zusammenarbeit. Damit mehr Polizisten Streife fahren können,
werden sie u.a. von ihren Botschaftsbewachungspflichten entbunden, diese
Dienste übernimmt das Bundesheer ganz selbstverständlich und sehr gerne.

Gruselige Szenen habe ich selber erlebt. Ein kleiner romantischen Park im
17. Bezirk in Wien, in dem sich Kinder, Kleinkinder mit ihren Eltern und ein
kartenspielender Männerstammtisch regelmäßig versammelt hatten, ist
plötzlich wie ausgestorben. Vereinzelt sitzen einige ältere Leute auf
Parkbänken und genießen die Nachmittagssonne. Bis ein Polizeiauto mitten in
den Park hineinfährt. Forsch klingen die Stimmen der Polizisten. Der Park
sei sofort zu räumen. Es sei unzulässig, sich auf eine Parkbank zu setzen.
Eine Frau protestiert. Wenn die Polizei auf einer Ausgangssperre beharrt,
sollte dies auch in dieser Form mitgeteilt werden, sie sehe keinerlei
rechtliche Handhabe. Die wenigen Parkbesucher_innen sind eingeschüchtert und
gehen ihrer Wege.

Es mag nicht geplant gewesen sein, die Menschen zu verunsichern und ihnen
klar vor Augen zu führen, wozu Staatsmacht fähig ist. Aber es funktioniert.
Menschen gehen vor der Staatsmacht in die Knie und diese lotet ihr Potential
aus. Bewußt oder unbewußt. Innen- und Verteidigungsministerium rüsten auf.
Um auf ein Gesundheitsproblem zu reagieren. Ich dachte immer, dafür braucht
man Ärzt_innen, Krankenhäuser, Pflegepersonal und ein funktionierendes
Sozial- und Gesundheitsnetz. Nachdem dieses infolge einer unverantwortlichen
Sozial- und Gesundheitspolitik seit Jahrzehnten kaputtgespart wurde und
wird, sollen jetzt Polizei und Militär für mehr Gesundheit sorgen. Das ist
doch ein Aberwitz. Von Herrn Nehammer und anderen wurde uns erklärt, es gäbe
etwa vier bis fünf Prozent uneinsichtige Bürger, die es wagen, sich in der
Öffentlichkeit "zusammenzurotten". Hans Bürger äußerte namens des ORF
"Unverständnis". Betont wurde, dass diese uneinsichtigen Bürger das massiv
verstärkte Polizeiaufkommen rechtfertigen würde. Damit sind gemeint:
verstärkte Streifenfahrten auf öffentlichen Straßen, verstärkte Kontrollen,
sogar das Eindringen in einen kleinen Park. Wer sich unerlaubt
zusammenrottet, darf sogar mit Geldstrafen bis zu etwa 3500 Euro rechnen.
Und den Grünen fällt nichts auf. Gar nichts.

Das hatten wir in Österreich schon einmal. Beliebige Verfolgung aus
fadenscheinigen Gründen, an den Haaren herbeigezauberte Ausgangsverbote,
Zusammenrottungsverbote, auch Lokalverbote, alles im Sinne der
Volksgemeinschaft und im Geiste eines gesunden Volkskörpers. Die, die keine
Österreicherinnen und Österreicher sind, werden nicht einmal mehr direkt
angesprochen. Die dürfen sich maximal an neue Regierungsvorlagen halten. Im
Eilverfahren wird ein neuerlicher Assistenzeinsatz des Bundesheeres
beschlossen. Krankheitsbekämpfung scheint ein Aufgabengebiet für Polizei und
Armee geworden zu sein.

Diese Bundesregierung versucht nicht nur, uns Menschen, die wir hier
zusammen leben, sei es ungarischer, serbischer, nigerianischer oder
deutscher Herkunft auseinanderzudividieren um damit Solidarität zu
verhindern, sie versucht einen Nationenbegriff neu aufzuladen. Das ist
gefährlich, weil es trennend wirkt. Ich warte auf einen empörten Aufschrei
der Grünen. Wer hier lebt, hat Recht auf bestmögliche Versorgung auch im
Krankheitsfall. Wer hier lebt, hat alle Rechte, die die allgemeine Erklärung
der Menschenrechte gewähren. Und da kann und darf es aus Gründen der
Menschlichkeit keinen Unterschied geben zwischen Österreicher_innen und
Menschen, die über andere Reisepässe verfügen.

Diese Bundesregierung versucht sich über ein Virus zu profilieren, sich als
stark und Beschützer der Nation aufzuspielen, allein wer die Absicht
erkennt, ist verstimmt. Diese Bundesregierung braucht sich momentan nicht um
das Elend auf den griechischen Inseln zu kümmern, es wird ihr wahrscheinlich
auch kein Versagen in ihrer Außenpolitik vorgeworfen werden, weil sie sich
ja so sehr um die "eigene" Bevölkerung bemühen mußte. Mit Polizei und
Bundesheer. Die helfen mehr als jede Krankenschwester. Oder?

Die Panikmache funktioniert. Wenn ich mir fassungslos an den Kopf greife,
sehe ich doch, wie Menschen von Menschen getrennt werden, Österreicher_innen
von Leuten mit anderen Pässen, wie eine auf wackeligen Beinen stehende
Bundesregierung aus diesem Virus alles herausholt, um sich wahlvorbereitend
als die beste Krisenregierung aller Zeiten der nächsten Wahl zu stellen. Ich
befürchte nur, dass dieses Vorhaben gelingen könnte. Ein Gespenst geht um in
Europa ...
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