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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 25. März 2020; 20:31
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> Die digitale Komponente
Die soziale Distanz in der Arbeitswelt könnte eine permanente werden
Jetzt hat man, soweit möglich, die in Büros arbeitenden Menschen ins
"HomeOffice" geschickt. Moment, was heißt denn das? Vor -- sagen wir -- 20
Jahren wäre das wohl nicht so leicht gegangen. Damals war die Ausstattung
mit IT-Infrastruktur in den meisten Privathaushalten noch weit davon
entfernt, für ein plötzliches Umschalten auf digitale Heimarbeit gerüstet zu
sein. Und dennoch warnten schon in den 80er-Jahren kritische Initiativen im
Umfeld des Hamburger Chaos Computer Clubs vor den Gefahren, die HomeOffice
mit sich bringen könnte. Damals steckten die Netzwerkverbindungen noch in
ihren Kinderschuhen, aber es war absehbar, daß nicht nur per Telefonmodem
gearbeitet werden kann, sondern bald auch stehende, schnellere Leitungen
vorhanden sein werden -- inclusive der Möglichkeit der digitalen Überwachung
der Arbeitnehmer.
Einmal abgesehen davon und auch davon, daß da sich Arbeitnehmer genötigt
sehen könnten, ihre Produktionsmittel selbst finanzieren zu müssen, ist vor
allem die Vereinzelung das Problem. Die Arbeiterbewegung wurde vor allem
deswegen so schlagkräftig -- und das besonders im Bereich der Industrie --,
weil eine unmittelbare Kommunikation zwischen den Lohnabhängigen möglich
war. Mit der Verschiebung großer Massen an Lohnabhängigen weg von der Fabrik
hin zu Dienstleistungen und Büroarbeit fiel vieles an dieser
Kommunikationsebene weg -- allerdings waren auch Menschen im Büro durchaus
noch gewerkschaftlich organisierbar. Aber was ist, wenn Menschen
zusammenarbeiten, die sich nie wirklich sehen? Das fängt schon an bei der
Betriebsratswahl -- nachdem man niemanden mehr kennt, wird es dann
vielleicht derjenige, der vom Chef empfohlen wird?
Jetzt schon sind Gewerkschaftsvertreter oft Bürokraten, die mit der
Arbeitswelt nichts mehr zu tun haben. Wer von den Lohnabhängigen kennt schon
die Tarifverhandler seiner Branche persönlich? Aber was ist, wenn man
persönlich nicht einmal mehr den Betriebsrat kennt? Oder wenn gar kein
Betriebsrat eingerichtet wird, weil man sich eben nicht kennt?
Die jetzigen HomeOffice-Auslagerungen könnten dauerhaft sein. Ad hoc hat man
schnell was gebastelt, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, aber viele Firmen
richten sich darauf ein, ihre Systeme jetzt rasch zu perfektionieren. Wenn
das läuft, wird man dann nachher vielleicht draufkommen, daß diese
Investitionen sich doch auf Dauer auszahlen sollen? Konkret hat die
Regierung für Büros, die in der jetzigen Situation auf HomeOffice umstellen,
großzügige Förderungen angeboten. Und das nur für ein paar Wochen? Wieviele
Arbeitgeber werden dann feststellen, daß sie eigentlich gar kein Büro mehr
brauchen, sondern lediglich einen Serverraum. Büromieten sind schließlich
teuer und wenn es auch so geht, kann man da vieles einsparen.
Die Tendenzen per HomeOffice die Kosten für Infrastruktur einzusparen resp.
auf die Beschäftigten überwälzen zu können, waren immer da. Das hat ja auch
den Vorteil, daß man die unselbständig Erwerbstätigen viel leichter zu
Selbständigen oder "freien Dienstnehmern" machen kann -- auch eine Tendenz,
die unleugbar in den letzten 20 Jahren vorhanden ist.
Das temporäre HomeOffice könnte also in vielen Fällen in ein permanentes
übergehen. Die Folgen für die Arbeitswelt wären äußerst einschneidend.
Hallo, ÖGB, macht Ihr Euch darüber vielleicht auch einmal etwas Gedanken
anstatt nur darüber glücklich zu sein, daß die Regierung jetzt wieder die
Sozialpartner am nationalen Schulterschluß teilhaben läßt?
-br-
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