*********************************************************
  akin-Pressedienst.
  Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 25. März 2020; 20:27
  **********************************************************
  
  > Ich fühle mich geschmeichelt
  
  Gedankenspiele in der Quarantäne.
  
  Von *Karl Czasny*.
  
  Ich stehe derzeit in meinem zweiundsiebzigsten Lebensjahr. Damit zähle ich
  zu jener privilegierten Bevölkerungsgruppe, um derentwillen man nun die
  globalisierte Ökonomie in eine Weltwirtschaftskrise schickt, die sich
  gewaschen hat. Danke, ich fühle mich geschmeichelt! Darüber hinaus bin ich
  ziemlich erleichtert, weil langsames Ersticken eine der schlimmsten für mich
  vorstellbaren Todesarten ist und sich nun meine Chance erhöht, nicht schon
  demnächst auf diese Weise mein Löfferl abzugeben. Denn durch die jetzt
  getroffenen Maßnahmen kann die Verlaufskurve der Pandemie vermutlich so
  deutlich gestreckt werden, dass jederzeit genügend Intubationsgeräte
  vorhanden sind.
  
  Dann fällt mir ein, dass derselbe Herr Kurz, der jetzt mich und viele andere
  SeniorInnen vor dem Erstickungstod bewahrt, ohne mit der Wimper zu zucken,
  tausende Flüchtlinge (im Vorjahr waren es 1.900) im Meer ersticken (sprich:
  ersaufen) lässt, weil andernfalls angeblich ein für unseren Staat nicht
  verkraftbarer Migrantenzustrom droht. Und abermals fühle ich mich
  geschmeichelt. Wie unglaublich hoch muss der Wert meiner Person sein, wenn
  die nur mehr verhältnismäßig kurze Spanne des mir noch verbleibenden Lebens
  um so viel schützenswerter ist als das potentiell noch sehr lange Leben
  eines in ein Flüchtlingsboot steigenden Kindes.
  
  Noch meditiert meine rechte Gehirnhälfte über diese Werterelation, als die
  linke schon wieder mit neuen Berechnungen beginnt. Die gehen davon aus, dass
  künftig womöglich alle paar Jahre eine Pandemie über die Welt fegt und der
  Staat jedes Mal die Spendierhose anziehen muss (Stichwort: "Whatever it
  takes"), was nur möglich sein wird, wenn er sich entsprechend hoch
  verschuldet. Weil aber die berühmten "Märkte" allzu hoch verschuldete
  Staaten so gar nicht mögen, wird man dann wohl wieder rigorose Sparprogramme
  im Sozialsystem starten, um für die nächste Pandemie gerüstet zu sein. Keine
  besonders rosigen Aussichten für das Leben zwischen den Pandemien .
  ###
  
  
  
  ***************************************************
  Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
  Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
  wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
  von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
  Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
  Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
  anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
  Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
  den akin-pd per formlosen Mail an akin.redaktion@gmx.at abbestellen.
  
  
  
  *************************************************
  'akin - aktuelle informationen'
  postadresse a-1170 wien, lobenhauerngasse 35/2
  redaktionsadresse: dreyhausenstraße 3, kellerlokal, 1140
  vox: 0665 65 20 70 92
  http://akin.mediaweb.at
  blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
  facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
  mail: akin.redaktion@gmx.at
  bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
  bank austria, zweck: akin
  IBAN AT041200022310297600
  BIC: BKAUATWW