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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 25. März 2020; 20:40
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> Daniel, Corona und der Namenlose

Das Corona-Virus setzt einen US-Amerikaner in einer kleinen albanischen
Küstenstadt fest. Dort trifft er auf einen namenlosen Einheimischen. Was
nach einer Filmidee klingt, ist eine wahre Geschichte. Die sich gerade jetzt
in Ksamil abspielt. Von *Christoph Baumgarten*, Balkan Stories (18.3.2020)
(Originaltext mit Links:
https://balkanstories.net/2020/03/18/daniel-corona-und-der-namenlose/)


Vor ein paar Tagen wusste Daniel Jones nicht weiter. Er würde in Ksamil
feststecken. Auf unbestimmte Zeit. Wegen der Corona-Pandemie waren alle
Busverbindungen aus der albanischen Küstenstadt eingestellt worden. Und das
gesamte öffentliche Leben runtergefahren.

Da trifft er jemanden, den er vom Sehen kennt. Einen Albaner, dessen Namen
er nicht kennt.

"Ich weiß immer noch nicht wie er heißt", sagt Daniel über seinen Gastgeber.
"Wir nennen uns eigentlich immer Bro und Man". "Ich glaub, er kennt auch
meinen Namen nicht. Jetzt kennen wir uns aber schon so lange, dass es uns
peinlich ist, zu fragen."

Wer braucht schon Namen, wenn er einem Fremden in einer Notsituation helfen
kann? Ein Albaner, der etwas auf sich hält, jedenfalls nicht.
Gastfreundlichkeit ist ein wichtiger Bestandteil albanischer Kultur. Und die
albanische Mama.

Öffentliches Leben steht still

Sonst gibt es auch nicht viel zu tun im Ort. Das war vermutlich vor Corona
schon so. Ksamil ist eine Kleinstadt mit 3.000 oder knapp 8.000 Einwohnern,
je nachdem, wenn man fragt. Die Stadt an Albaniens südlicher Adriaküste lebt
heute vom Tourismus. Und der ist Mitte März nicht so besonders. "Ich bin der
einzige Ausländer hier", sagt Daniel.

Wegen Covid-19 haben nur Supermärkte offen. Cafes sind geschlossen. "Leider
kann ich mich nur schlecht mit den Leuten unterhalten. Es gibt hier nicht
viele, die gut Englisch können", schildert der 29-jährige US-Amerikaner.
Mindestens noch eine Woche wird der Zustand dauern. "Ich hoffe, dass ich bis
dahin etwas finde, wo ich mithelfen kann".

Ein Reisender mit Bedacht

Unterwegs ist Daniel, geboren und aufgewachsen in Los Angeles, seit Mai
2019. Er will per Anhalter von Frankreich nach Vietnam reisen. Eilig hat er
es nicht. "Wenn es mir wo gefällt, bleibe ich gerne länger." Von Frankreich
ist er über Italien, Slowenien, Kroatien, Bosnien, den Kosovo und Montenegro
bisher nur nach Albanien gekommen.

Das Anhalten biete ihm die Möglichkeit, Land und Leute kennenzulernen wie es
normale Reisende kaum könnten. Das dokumentiert Daniel auch auf seinem
Youtube-Kanal und seinem Instagram-Kanal. Auf beiden stellt er das vor, was
man im Englischen als "off the beaten path" bezeichnet: Die Ecken, Nischen,
Skurrilitäten, die man in Reiseführern kaum findet.

Wann, wenn nicht jetzt?

Bis vor zehn Monaten hat er zuhause Solaranlagen verkauft. Und für seinen
Traum, per Anhalter von Frankreich nach Vietnam zu kommen, alles
hingeschmissen. "Jetzt bin ich noch jung. Wann soll ich das machen, wenn
nicht jetzt?" Langfristig hofft Daniel, von seinen Videos leben zu können.
Von den meisten Reiseblogs unterscheiden sie sich durch Tiefe und dadurch,
dass auch die Einheimischen zu Wort kommen. "Vielleicht hab ich hier eine
Nische gefunden", zeigt sich Daniel optimistisch.

Sicher ist, über Albanien wird er eine Geschichte erzählen können wie wenige
Menschen vor ihm. Egal, wie lange ihn Corona hier festsetzt.

Übrigens, Daniel ist nicht der Einzige, an dem Albanien dieser Tage Größe
beweist. Das Land will 30.000 Flüchtlinge aufnehmen, von denen der Großteil
an der griechisch-türkischen Grenze festsitzt. Damit macht eines der ärmsten
Länder Europas etwas, was die EU nicht zustande gebracht hat.


Daniels Abenteuern könnt ihr hier folgen:

YOUTUBE: THUMB LIFE

INSTAGRAM: _THUMBLIFE



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