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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 2. April 2020; 17:12
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> TESTEN, TESTEN, TESTEN!

Unsere Gesellschaft wird jetzt auf den Prüfstand gestellt. Mit der COVID -
19 Epidemie tritt eines deutlich ins Blickfeld: Die Verunsicherung über die
tatsächlichen aktuellen Erkrankungsraten und der generelle Zustand der
immunologischen Abwehrkräfte der Bevölkerung.

Gedankensplitter zur Erhebung und Befundung des Status Quo.
Von *Rudi Gabriel* (26.3.2020)
*

Die Mutation des Virus aus der Gruppe der Coronaviren, die COVID-19 genannt
wurde, trifft jetzt auf eine immunologisch unvorbereitete Weltbevölkerung
und lässt bei uns die Räder still stehen. Solange das Virus sich durch einen
letalen Mutationsschritt nicht selbst terminiert, haben wir damit zu
rechnen, dass immer wieder neue Virusstämme auftreten werden, die die
Gesundheit der Menschen beeinträchtigen - wie wir das vom Grippe-Virus
kennen. Das bedeutet, dass in regelmäßigen Abständen neue Varianten
auftauchen, die die Forschung für Impfstoffe beschäftigen wird. Die
Erforschung eines geeigneten Impfstoffes wird bis zu seiner Einsatzfähigkeit
mindestens ein Jahr dauern - bis dahin gilt: Nichts ist mehr so wie es bis
jetzt war. Die von der WHO vorgegebenen Schritte auf Basis der Erfahrungen
aus dem asiatischen Raum sind bekannt: Soziale Distanzierung der Menschen
und darüber hinaus die möglichst "dichte" Erkundung der Infektionsketten
bzw. die Isolierung der Neuinfizierten.

Weltweit wird darüber nachgedacht, wie es mit Corona weitergehen soll.
Zunächst geht es ganz basal um verlässliche Daten, um überhaupt den Verlauf
der Epidemie auch nur annähernd prognostizieren zu können. Und das ist auch
der Grund, warum jetzt die berechtigte und notwendige Forderung nach
umfassenden Testungen so massiv in die Öffentlichkeit getragen wird.

Virusschleuder Arbeitsplatz

Eine verpflichtende aussagekräftige Testung in Bezug auf die Neuinfektionen
müsste - wenn auch nur in Stichproben - überall dort erfolgen, wo Menschen
aufgrund ihrer Arbeitsverhältnisse in den noch aktiven Betrieben und
Dienstleistungsfirmen noch immer gezwungen sind aufeinander zu treffen. Das
müsste gelten für die ArbeiterInnen der Sozialwirtschaft, der
Gesundheitsberufe, der Lebensmittelproduktion und des -verkaufs bis hin zu
den Polizeieinsatzkräften. Wir hören zwar immer wieder über Schließungen von
Teilbereichen in Spitälern und Ambulanzen - aber über Schließungen in der
Produktion aufgrund von aufgetretenen COVID-Infektionen hören wir nichts -
weil dort bisher auch nicht getestet wurde. Das muss also verpflichtend
gemacht werden, weil eben genau diese Arbeitsstellen die höchste Gefahr für
die Weiterverbreitung des Virus darstellen.

Die Abwehrlage in der Klassengesellschaft

Abgesehen von den Daten über Neuinfektionen kann nur ein möglichst gut
abgesicherter Informationsstand über die Immunlage vernünftige Planungen
über die Lockerung von bereits getroffenen Maßnahmen begründen. Die Testung
auf den Antikörperstatus gegen COVID-19 bei den Menschen wird also für die
weiteren Epidemie-Verordnungs-Schritte erforderlich. Ähnlich wie derzeit in
China könnte dann bei einer validen Datenlage verantwortungsvoll Schritt für
Schritt das Prinzip der sozialen Distanzierung heruntergefahren werden.

Für die Ressourcenplanung in der gegenwärtigen Kriese ist das Erheben dieser
Daten unerlässlich. Es muss aber darüber hinaus gewährleistet sein, dass
diese Daten entpersonalisiert (pseudoanonymisiert) verwendet und eingesetzt
werden.

PassaGIERschein in die Normalität ?

Die etablierte Lobby der kapitalistischen Wirtschaftsweise rüstet sich zur
Rückkehr in den althergebrachten Modus. Tagesaktivitäten der Einzelnen und
Einsetzbarkeit der individuellen Arbeitskraft zu regulieren ist auf Basis
von derzeit noch fragwürdigen Antiköpertests sowieso äußerst prekär. Aber
selbst im Fall von gut abgesicherten, validierten Testverfahren droht eine
missbräuchliche Verwendung, die uns ArbeitnehmerInnen wieder gegeneinander
ausspielt: Eine Kategorisierung in nichtimmune, kranke, mehr oder weniger
immune Menschen? Wer von uns Lohnarbeiterinnen darf jetzt wieder hoch
offiziell von den FabrikantInnen in die Mangel genommen werden und wer
nicht? Wie hoch darf dann unser Antikörpertiter nun sein, damit wir wieder
akzeptierte Teile der Post-Corona-Arbeitsgesellschaft werden dürfen? Divide
et impera: Laborwerte als Grundlage ?

Seit mittlerweile mehr als 50 Jahren neoliberaler Hegemonie haben alle
Lohnabhängigen permanent erleben müssen, wie ihre Rechte und
Schutzbestimmungen in der Arbeitswirklichkeit sturmreif geschossen wurden.
Es darf nicht sein, dass diese Auftrennung der Menschen in eine
Mehrklassengesellschaft widerstandslos hingenommen wird. Die Guten ins
Töpfchen, die Schlechten ins Abseits weiter festzuschreiben - so stellen wir
uns unsere gemeinsame Zukunft sicher nicht vor, oder ?

Testen, testen, testen - ist also unerlässlich zur Validierung und
Bewältigung der aktuellen Krisensituation, wir müssen aber darüber hinaus
Sorge tragen, dass die erhobenen Daten nicht individualisiert gegen die
Mitglieder unserer Gesellschaft verwendet werden können.
*

Rudi Gabriel ist Mediziner und Gesundheitssprecher der KPÖ



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