*********************************************************
akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 20. Februar 2020; 01:32
**********************************************************

Oe/Glosse:

> Verluste der Gesundheitskasse: Nichts ist harmonisch

Einer parlamentarischen Anfragebeantwortung ist zu entnehmen, dass für die
ersten 12 Monate der neuen ÖGK ein Verlust von 175,3 Millionen Euro erwartet
wird. Kumuliert berechnet wird bis 2024 ein Bilanzverlust von 1,7 Milliarden
Euro prognostiziert. Statt der von Kurz versprochenen "Patientenmilliarde"
soll jetzt der "Gürtel enger geschnallt" werden.

Eines vorweg: Es darf nicht sein, dass jetzt die Gelder, welche die
Versichertengemeinschaft über 60 Jahre auf Grund eines gesetzlichen
Auftrages zurückgelegt haben für die teuren Aufwendungen der Kassenfusion
der ehemaligen Gebietskrankenkassen herangezogen werden. Die Bundesregierung
Kurz I hat ohne Not die Fusion gewollt - die Bundesregierung Kurz II und der
Finanzminister müssen jetzt Verantwortung übernehmen und den Karren selbst
aus den Dreck ziehen!

Die gesetzlichen Grundlagen dazu sind vorhanden: Auch wenn der
Krankenkassenstrukturfond seit 2018 nicht mehr dotiert worden ist, ist
dieser nach wie vor rechtsgültig und Sozialminister Anschober und
Finanzminister Blümel haben damit die gesetzliche Grundlage, die durch eine
nicht zu Ende gedachte Kassenfusion entstandenen Finanzlöcher aufzufüllen.

Der Vorsitzende im Dachverband der Sozialversicherungsträger, der
Arbeitgebervertreter Peter Lehner, macht hingegen für die steigenden
Defizite ÖGK "unter anderem die Beschlüsse der roten Selbstverwaltung"
verantwortlich. So seien unter anderem in den letzten Jahren zu hohe
Vertragsabschlüsse mit den VertragsärztInnen paktiert worden. Hier muss aber
daran erinnert werden, dass der nunmehrige Dachverband bereits seit über 10
Jahren mit erheblichen Nachbesetzungsproblemen bei den LandärztInnen
konfrontiert ist. Andreas Huss, Arbeitnehmerobmann der Österreichischen
Gesundheitskasse legte dazu in einer OTS Aussendung vom 14. Februar
detailliert dar, dass seit Mitte 2018 bei den ehemaligen
Gebietskrankenkassen nichts ohne Zustimmung der VertreterInnen der
Wirtschaft beschlossen wurde und bezeichnet die Vorwürfe als ,Lügenmärchen'.

Dass für das "Roll-Out" der ÖGK Kosten im dreistelligen Millionenbereich
anfallen; dass die Regierung KURZ I den Krankenkassenstrukturfond lediglich
bis 2018 dotiert hat; dass per Gesetz erhebliche finanzielle Mittel zur AUVA
und zu den Privatkliniken verschoben wurden, findet eher nur verschämt
Erwähnung. Dass bei einer lohnsummenbasierten Einnahmen-Struktur
Konjunktureinbrüche, wie diese in den kommenden Jahren prognostiziert
werden, zu einer deutlichen Einnahmens-Erosion bei den Kassen führt, erklärt
sich dagegen von selbst, erinnert Rudi Gabriel.

Die Quantität bei den Honorarabschlüssen ist außerdem ein wichtiger
Bestandteil bei der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, die Flächenversorgung
im Primärversorgungssektor (HausärztInnen, Niedergelassene, .) sicher zu
stellen. Zusätzlich wurde begonnen in einigen Bereichen der
Kassen-Facharztpraxen die oftmals schwer kritisierten schweren Lücken auch
in der städtischen Versorgung zu füllen und dazu auch neue zusätzliche
Kassenverträge abgeschlossen.

"Den Gürtel enger schnallen"

Die Devise der ÖGK-Zuchtmeister lautet jetzt: "Den Gürtel enger schnallen".
Es soll bei den Verhandlungen mit der Ärztekammer bezüglich des neuen
Gesamtvertrages zu moderateren Abschlüssen kommen. Die ÄrztInnen sitzen
allerdings auf einem sehr langen Ast. Der Erfolg bei der Kassenfusion steht
und fällt mit dem Abschluss eines "harmonisierten" Honorar-Gesamtvertrag.
Wenn es zu keiner Einigung kommen sollte, bleiben die alten länderweise
abgeschlossen Verträge mit den ehemaligen Gebietskrankenkassen weiter
rechtlich wirksam. Dem Hauptverband bliebe nur mehr die Option des
vertragslosen Zustandes - und den wollen weder die Patientinnen, die
Ärztinnen noch die Politk. Zu befürchten ist aber, dass noch mehr Ärzte in
Zukunft als Wahlärzte ordinieren und dass es im Bereich notwendiger
Untersuchungen zu noch längeren Wartezeiten kommt.

Der angekündigte Konsolidierungskurs bei der ÖGK lässt Verschlechterungen
für die Versicherten befürchten. Den Versprechungen, dass es zu keinen
Beitragserhöhungen, Selbstbehalten oder Leistungskürzungen kommen wird, ist
wohl ebenso wenig zu trauen, wie der vormals versprochenen
Patientenmilliarde.

*Rudi Gabriel, Arzt und gesundheitspolitischer Sprecher der KPÖ*


http://kpoe.at/sozialpolitik/gesundheit/2020/verluste-der-gesundheitskasse-nichts-ist-harmonisch


***************************************************
Der akin-pd ist die elektronische Teilwiedergabe der nichtkommerziellen
Wiener Wochenzeitung 'akin'. Texte im akin-pd muessen aber nicht
wortidentisch mit den in der Papierausgabe veroeffentlichten sein. Nachdruck
von Eigenbeitraegen mit Quellenangabe erbeten. Namentlich gezeichnete
Beitraege stehen in der Verantwortung der VerfasserInnen. Ein Nachdruck von
Texten mit anderem Copyright als dem unseren sagt nichts ueber eine
anderweitige Verfuegungsberechtigung aus. Der akin-pd wird nur als
Abonnement verschickt. Wer versehentlich in den Verteiler geraten ist, kann
den akin-pd per formlosen Mail an akin.redaktion@gmx.at abbestellen.


*************************************************
'akin - aktuelle informationen'
postadresse a-1170 wien, lobenhauerngasse 35/2
redaktionsadresse: dreyhausenstraße 3, kellerlokal, 1140
vox: 0665 65 20 70 92
http://akin.mediaweb.at
blog: https://akinmagazin.wordpress.com/
facebook: https://www.facebook.com/akin.magazin
mail: akin.redaktion@gmx.at
bankverbindung lautend auf: föj/BfS,
bank austria, zweck: akin
IBAN AT041200022310297600
BIC: BKAUATWW