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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 19. Dezember 2019; 13:12
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Flucht/EU/Bosnien:

> Es war einmal das schlimmste Lager Europas

Das illegale Flüchtlingslager Vucjak bei Bihac in Bosnien ist geräumt. Die
bosnische Polizei brachte am Dienstag etwa 600 Flüchtlinge in eine Kaserne
in der Nähe von Sarajevo. Das Lager galt als das schlimmste Europas und war
ohne Genehmigung vom Bürgermeister von Bihac eingerichtet worden.
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Am späten Vormittag kam ein gutes Dutzend Busse die enge Straße voller
Schlaglöcher den Hügel hinauf, auf dem die ehemalige Mülldeponie der Stadt
Bihac liegt. Begleitet wurden sie von zahlreichen Polizeiautos. In ihnen
saßen maskierte Polizisten. Sie sollten sicherstellen, dass das
Flüchtlingslager Vucjak auf der ehemaligen Mülldeponie mit 600 Flüchtlingen
geräumt werden konnte. Beobachtet wurde das Geschehen offenbar von
Mitarbeitern der UN-Organisation IOM.

Wie die Räumung ablief, ist nicht bekannt. Die zahlreichen Journalisten und
Journalistinnen bosnischer und internationaler Medien mussten hunderte Meter
vom Lagereingang entfernt Stellung beziehen. Die Polizei verwehrte ihnen und
Helfern den Zutritt zum Lager. Das kann auch der engen Zufahrtsstraße
geschuldet sein. Dutzende Medienvertreter und ihre Autos hätten die Zu- und
Abfahrt von Bussen erheblich behindert. Möglicherweise geschah es auch, um
zu verhindern, dass eher unschöne Bilder in die Welt gelangen.

So sehr die Flüchtlinge von Vucjak das Lager verlassen wollten - in ihre
neue Unterbringungsstätte hunderte Kilometer von der kroatischen Grenze
entfernt, in eine Kaserne bei Usivak in der Nähe von Sarajevo wollten die
wenigsten.

Die Menschen im Lager kamen zuletzt vorwiegend aus Afghanistan, Pakistan und
dem indischen Teil von Kashmir. Sie wollen alle in die EU - deren Grenzen
liegen nur wenige Kilometer von ihrem bisherigen Standort entfernt.

Die meisten von ihnen sind über Serbien und mutmaßlich über Sarajevo in
diese Ecke Nordwestbosniens gekommen, um ihr Glück zu versuchen. Und man
kann in jedem Einzelfall von Glück sprechen, wenn es ein Flüchtling gesund
über die Grüne Grenze nach Kroatien geschafft hat. Die kroatische Polizei
und das kroatische Militär bewachen die Grenze scharf. Erwischen sie einen
Flüchtling, verprügeln sie ihn und verletzen ihn oft schwer. Sie nehmen ihm
alles Überlebensnotwendige ab, das er für einen weiteren Versuch brauchen
könnte, um nach Kroatien zu gelangen und bringen ihn illegal über die Grüne
Grenze zurück nach Bosnien. Oft setzen die kroatischen Grenzwächter ihre
Opfer irgendwo im bosnischen Wald aus.


Flüchtlinge wollen in EU

Die Flüchtlinge selbst bitten darum, dass EU-Länder sie aufnehmen oder sie
wenigstens in einem der offiziellen Lager innerhalb von Bihac untergebracht
werden. Gegen Letzteres hat Suhret Fazlic alle Maßnahmen ergriffen, die ihm
zur Verfügung stehen. Erst am 7.Dezember verhinderte er, dass die
Flüchtlinge von Vucjak ins offizielle Lager Bira in seinem Stadtgebiet
verlegt werden. Das Lager wird von der IOM betrieben. Anders als Vucjak
besteht es nicht aus Zelten, die auf einer nackten Erdschicht errichtet
werden, die einen halben Meter über einer ehemaligen Mülldeponie liegt. Es
besteht aus Containern in einer ehemaligen Fabrikshalle. Alles andere als
komfortabel, aber wenigstens muss niemand fürchten, zu erfrieren.

Auch wenn mit der Schließung die wichtigste Forderung von
Flüchtlingshelfern, der EU und der UN-Organisation IOM erfüllt wurde,
bleiben zahlreiche Fragen offen. Der deutsche Flüchtlingshelfer und
Journalist Dirk Planert etwa kündigt an, bis auf Weiteres in der Region
Bihac bleiben zu wollen. Es seien hier noch zahlreiche Flüchtlinge
unterwegs, die keine Unterkunft hätten. Außerdem befürchtet er, dass etliche
Flüchtlinge beim Versuch, die kroatische Grenze zu überqueren, geschnappt
und illegal nach Bosnien zurückgebracht wurden. Auch sie werden Betreuung
brauchen.


Nächster Brennpunkt Tuzla

Außerdem befürchten Flüchtlingshelfer, dass sich viele Flüchtlinge aus dem
Lager in der Nähe von Sarajevo wieder auf den Weg zur kroatischen Grenze
machen werden. Und während die Schließung des schlimmsten Flüchtlingslagers
Europas zumindest eine Zwischenlösung ist, kündigt sich in der ostbosnischen
Stadt Tuzla die nächste Misere an. Dort campieren dutzende Flüchtlinge am
Busbahnhof oder in der Nähe des Bahnhofs in Zelten, die bosnische
Freiwillige organisiert haben. Was mit ihnen passieren soll, ist ungewiss.
*Christoph Baumgarten, Balkan Stories (gek.)*


Volltext mit Links:
https://balkanstories.net/2019/12/10/es-war-einmal-das-schlimmste-lager-europas/



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