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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 14. November 2019; 02:17
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Tuerkei/Oe:

> Noch eine Österreicherin in Türkei festgehalten

Seit fast vier Monaten wird die österreichische Staatsbürgerin Mülkiye Laçin
ohne Begründung in der Türkei festgehalten und mit einem Ausreiseverbot
belegt.

Am 17. Juli wurde die Mutter von zwei Kindern, die seit mehr als 30 Jahren
in Wien lebt und als Freizeitpädagogin arbeitet, während ihres Sommerurlaubs
in ihrem Geburtsort in der Türkei aus heiterem Himmel festgenommen. Nach
einer Leibesvisitation und mehreren Verhören ohne Rechtsbeistand, wurde sie
über Nacht in eine Zelle gesperrt, ohne zu wissen, wie es mit ihr
weitergeht. Nachdem ihr am nächsten Tag endlich ein Telefonat mit der
österreichischen Botschaft gewährt wurde, wurde sie aus der Haft entlassen.
Im Anschluss wurde ein Ausreiseverbot auf unbestimmte Zeit verhängt.

Während den Verhören wurde die Festnahme mittels willkürlicher Vorwürfe
gerechtfertigt. Mülkiye wurde dabei vorgehalten, dass sie am 1. Mai 2016 in
Wien ihre Redefreiheit genutzt, auf die Missstände in den kurdischen
Gebieten in der Türkei hingewiesen sowie dass sie kurdische Lieder auf
Social Media geteilt und "Biji Newroz" (kurdisch: "Hoch lebe das
Neujahrsfest") gepostet habe.

Vor sechs Wochen haben sich Mülkiyes erwachsene Kinder, Arbeits- und
Theaterkolleg*innen, Eltern der von ihr betreuten Kinder sowie Freund*innen
und Bekannte in einem Free Mülkiye-Solidaritätskomitee zusammengeschlossen.
Das Solidaritätskomitee ist unermüdlich darum bemüht, auf Mülkiyes Lage
hinzuweisen und öffentlichen Druck auf die zuständigen Stellen aufzubauen.

Das Ausreiseverbot ist in mehrfacher Weise für Mülkiye existenzbedrohend und
emotional belastend. Je länger ihr erzwungener Aufenthalt in der Türkei
andauert, desto gravierender sind die Folgen für ihre Lebensgrundlage in
Österreich. Ohne langfristig abgesichertes Einkommen wird sie
Lebenserhaltungskosten wie Miete, Strom, Gas u.v.m. sowie die anfallenden
Anwaltskosten nicht tragen können. Das Ausreiseverbot und der drohende
Prozess können für Mülkiye den finanziellen Ruin und Obdachlosigkeit
bedeuten. Mülkiye selbst sagt zur aktuellen Situation: "Ich will wieder
meinen Alltag haben. Ich will wieder zu meinem Job, zu den Kindern und zu
meinen eigenen Kindern. Ich will nach Hause, nach Wien!"

Mülkiye ist seit vielen Jahren auch Schauspielerin beim "Wiener
Vorstadttheater - integratives Theater Österreichs".

Am 20. November muss das Stück "Einer flog über das Kuckucksnest" in der VHS
Ottakring ohne Mülkiye stattfinden. Sämtliche Einnahmen dieser Vorstellung
gehen in die Solidaritätskassa für Mülkiye.

Solidaritätsvorstellung "Einer flog über das Kuckucksnest", 20. November,
19:30, VHS Ottakring (Ludo-Hartmann-Platz 7, 1160), Eintritt EUR 14

*Verena Corazza*
(Free Mülkiye Solidaritätskomitee)

Weitere Informationen findet ihr unter: https://freemuelkiye.wordpress.com/
oder auf https://www.facebook.com/freemuelkiye

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Interessant diesbezüglich auch die Aussendung des ÖGB dazu, der die
Untätigkeit der österreichischen Regierung kritisiert und generell die
Verhältnisse im neuen Osmanischen Reich anprangert:


"Der ÖGB beobachtet die politische Entwicklung in der Türkei wie viele
andere Gewerkschaftsverbände in Europa mit großer Sorge. Die Situation der
Gewerkschaften im Land verschlimmert sich ständig. Mit der Absetzung
beziehungsweise Verhaftung von demokratisch gewählten Bürgermeistern und
Gemeinderäten steige auch der Druck auf die im Kommunalbereich tätige
Gewerkschaft KESK. Der Generalsekretärin des
Arbeiter-Gewerkschaftsdachverbands DISK droht von der offensichtlich
politisch gesteuerten Justiz ein Prozess, der mit terroristischer Propaganda
und Agitation begründet wird. 'Freie Meinungsäußerung in der Türkei ist ganz
offensichtlich nicht mehr möglich', sagt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. ...
'Die bisherige Vorgangsweise der türkischen Behörden, vor allem die ständige
Unwissenheit darüber, ob es zu einer Anklage kommt, verunsichern Frau Lacin
massiv', appelliert der ÖGB-Präsident in einem Brief an Außenminister
Schallenberg, im Fall der Wienerin noch aktiver aufzutreten, um die Rechte
der österreichischen Staatsbürgerin zu wahren. Der ÖGB ist jederzeit bereit,
diplomatische Bemühungen in jeder Hinsicht zu unterstützen, heißt es in dem
Brief: 'Auch hoffen wir, dass die Republik Österreich nicht nur im Fall
Lacin, sondern allgemein im Sinne der Wahrung der Menschenrechte und des
Friedens gegenüber der Türkei kritisch und in Kooperation mit europäischen
Partnern tätig wird.'"
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20191106_OTS0061/oegb-fordert-mehr-engagement-fuer-freilassung-einer-in-der-tuerkei-festgehaltenen-wienerin


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