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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Mittwoch, 30. Oktober 2019; 15:01
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Internationalismus/Glosse:
> Die Solidaritätsfalle der Linken
Bei den Rojava-Protesten zeigt sich deutlich das Dilemma eines kritischen
Internationalismus
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Es gibt viele Fallstricke in der Linken, derzeit vielleicht noch mehr als
sonst. Ich sehe im Moment, dass es einige kurdische FreundInnen gibt, die
sehr enttäuscht sind, dass sich nur wenige nichtkurdische Linke an den
Demonstrationen für Rojava beteiligen. Einige sind es ja schon, allerdings
deutlich weniger als es sein könnten und es gibt einige linke Gruppen, die
auffallend laut zur türkischen Invasion in Nord- und Ostsyrien schweigen. Es
wird kein Zufall sein, dass das auch genau jene Gruppen sind, die in den
letzten Jahren Bündnisse mit nationalreligiösen türkischen Gruppierungen im
Kampf gegen die "Islamophobie" geschlossen haben und offenbar die
internationale Solidarität mit linken Gruppierungen in der Türkei und im
Nahen Osten für dieses Bündnis zu opfern bereit waren. Es sollte eine
Selbstverständlichkeit für Linke sein, dass sie sowohl antirassistisch als
auch internationalistisch ist, also mit linken, antiautoritären Bewegungen
in reaktionären Regimen solidarisch sind. Wir brauchen keine
"Islamophobie"-Berichte AKP-naher Think Tanks um uns gegen alle Formen des
Rassismus, selbstverständlich auch gegen antimuslimischen Rassismus zu
engagieren.
Umgekehrt ist es allerdings auch eine Falle, sämtliche
religiös-praktizierenden Muslime zu verdächtigen, sich von der Türkei
instrumentalisieren zu lassen. Auf den Rojava-Demonstrationen waren sehr
wohl auch traditionell praktizierende Muslime, u.a. auch Frauen mit Hijab
und es gibt schließlich auch unter KurdInnen genug konservative Muslime, die
vielfach ebenso Opfer des Krieges werden wie ihre linken Verwandten. Einige
davon unterstützen das türkische Regime, aber eben nicht alle. Hier ist
genaues Hinsehen ebenso gefragt, wie bei der Frage der türkischen Linken.
Leider haben sich viele türkische Linke, v.a. jene die sich vom Kemalismus
nicht lösen können, mehr oder weniger deutliche hinter den Krieg gestellt
und sind damit einmal mehr den KurdInnen in den Rücken gefallen. Die
Konstruktion der islamisch-türkischen Volksgemeinschaft durch Krieg
funktioniert. Deshalb greift Erdogan ja auch so gerne zum Krieg um damit
jene Unterstützung zu erhalten, die ansonsten zunehmend schwindet.
Allerdings funktioniert das nicht bei allen und gerade jene, die sich hier
quer stellen, sind umso mehr zu respektieren. Wir müssen auch hier
aufpassen, nicht selbst in die Ethnisierungsfalle zu tappen und damit
letztlich auch der autoritären Erzählung der türkischen Regierung noch
zuzuarbeiten.
Linke Gesellschaftskritik hat sich immer dadurch ausgezeichnet, dass sie die
Komplexität gesellschaftlicher Verhältnisse nicht populistisch vereinfacht
und Zusammengehörigkeit nicht durch billige Feindbilder herstellt. Deshalb
kann es doch nicht zu kompliziert sein, sich sowohl mit allen Opfern des
Rassismus zu solidarisieren (auch dann wenn diese ansonsten politisch
reaktionär sind) und zugleich uns mit dem Kampf um Befreiung linker
Befreiungsbewegungen, mit dem Kampf gegen Genozid und Vertreibung z.B. in
Kurdistan, zu solidarisieren und dabei auch Gruppierungen politisch
anzugreifen, die man zwar gegen rassistische Übergriffe verteidigen würde,
deren politisch reaktionäre Positionen und deren Solidarität mit einer
kriegstreiberischen Diktatur sie aber eben nicht zu politischen
Bündnispartnern machen.
P.S.: Das selbe gilt übrigens auch für Antisemitismus. Wir würden doch auch
selbst die verrücktesten Jüdinnen und Juden gegen den Antisemitismus
verteidigen und deshalb aber weder mit rechtsextremen zionistischen
Siedlerorganisationen, dem Likud oder mit irgendwelchen
reaktionär-frauenfeindlichen und homophoben Ultraorthodoxen politisch
zusammen tun. Genau so ginge das eigentlich mit Muslimen auch, oder?
*Thomas Schmidinger*
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