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akin-Pressedienst.
Aussendungszeitpunkt: Donnerstag, 14. November 2019; 03:08
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> Stimmen zu Bolivien
War es ein Putsch? Ja, offensichtlich. Wenn Polizei- und Militärgeneräle
einen Präsidenten zum Rücktritt auffordern, ist das üblicherweise
anzunehmen. Harald Neuber berichtet auf Heise.de aber auch noch anderes:
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[...] Morales bat ausdrücklich darum, Angriffe auf Privathäuser
einzustellen. Zuvor war auch das Haus seiner Schwester Esther in Brand
gesteckt worden. Das war kein Einzelfall: In sozialen Netzwerken beklagten
vor allem Angehörige der nun gestürzten Bewegung zum Sozialismus (MAS)
Angriffe auf ihre Privathäuser.
Zuletzt wurde in der Stadt Cochabamba das Haus von Präsident Morales
gestürmt und geplündert. "Hurensohn", sprühten die Regierungsgegner in den
Treppenaufgang.
Víctor Borda, der MAS-Präsident des Abgeordnetenhauses, trat von allen
Posten zurück und legte sein Mandat nieder, nachdem sein Haus angezündet und
sein Bruder von oppositionellen "Bürgerkomitees" entführt worden war.
Am vergangenen Mittwoch brannte ein Mob das Bürgermeisteramt der
bolivianischen Stadt Vinto nieder. Die Demonstranten zogen die
Bürgermeisterin Patricia Arce (MAS) aus dem Gebäude, schnitten ihr die Haare
ab, übergossen sie mit roter Farbe und trieben sie durch die Straßen. Arce
wurde schließlich von Polizisten in Sicherheit gebracht.
In Quillacollo entführte eine radikale Oppositionsgruppe den ehemaligen
Vorsitzenden der Gewerkschaft CSUTCB, Feliciano Vegamonte. In einem online
verbreiteten Handyvideo ist zu sehen wie 15 Regierungsgegner den Mann
zwingen, sich auf den Boden zu knien und um Vergebung zu bitten.
In den meisten Fällen zielten diese oft rassistisch motivierten Angriffe der
meist weißen Regierungsgegner darauf ab, Funktionsträger der indigen
dominierten MAS einzuschüchtern und zum Rücktritt zu bewegen. Motorisierte
Kommandos wie die Gruppierung Resistencia Cochala fuhren (und fahren) durch
die Straßen und machen Jagd auf mutmaßliche Regierungsanhänger.
In ihr Visier gerät, wer indigen aussieht. Die politische Gewalt und
Einschüchterung der sogenannten Bürgerkomitees ist damit ein zentraler
Aspekt dieses Putsches.
https://www.heise.de/tp/features/Warum-es-in-Bolivien-einen-Putsch-gab-4584644.html
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Aber war die Absetzung von Evo Morales gerechtfertigt? Vielleicht nicht in
dieser Form und nicht von diesen Leute, aber Gründe dafür gab es genug gute.
Die Schweizer Zeitschrift "Republik" berichtete im Mai diesen Jahres über
den seltsamen Personenkult den Morales um seine Person zumindest zugelassen
hat. Wenn fast jeder neue Fußballplatz nach dem Präsidenten heißt und der
Staat in dessen Heimatort ein Geschichtsmuseum aufbaut, dessen Inhalt
hauptsächlich die Lebensgeschichte des Staatschefs ist, dann stimmt nämlich
irgendwas nicht. Michael Ebmeyer und Rery Maldonado schrieben damals, als
Morales seine vierte Kandidatur ansteuerte, unter anderem Folgendes:
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Movimiento al Socialismo (MAS) heisst Evos Partei: «Bewegung zum
Sozialismus». Ihre frühen Kampagnen zur Alphabetisierung, zur
Armutsbekämpfung und zur Emanzipation der indígenas schienen eine solche
Bewegung zum Sozialismus tatsächlich einzuläuten; desgleichen die
Verstaatlichung der Erdöl- und der Gasindustrie, die den Einfluss der
weissen Oligarchie zurückstutzte. Und auch kleinere visionäre Projekte wie
der Bau des teleférico, eines Seilbahn-Liniennetzes, um den öffentlichen
Nahverkehr im zerklüfteten La Paz zu entlasten, zeugten von einem Land auf
einem eigenwilligen und vielversprechenden Weg in die Zukunft.
Hätte sich Evo Morales mit den verfassungsgemäss erlaubten zwei Amtszeiten
als Präsident begnügt, wäre er heute ein Nationalheld. Ein
«Plurinationalheld» sogar. Und Bolivien könnte ein Modell für die
Nachbarstaaten sein. Aber Evo begnügte sich nicht.
Seine Kandidatur für eine dritte Amtszeit rechtfertigte er damit, dass es
erst die zweite unter der neuen Verfassung sei. Die Opposition tobte,
wiedergewählt wurde er dennoch. Zu Tränen gerührt wohnte er der Eröffnung
seines Museums bei. Es häuften sich die Anzeichen, dass der Präsident
mittlerweile in eigenen Sphären schwebte. So liess er sich mit Mitte fünfzig
allen Ernstes von einem Erstligafussballverein unter Vertrag nehmen -
Rückennummer 10, Ehrensache.
Nun hofft er also auf ein viertes Mandat. Um abermals antreten zu können,
wollte er den Verfassungsartikel, der das Regieren auf zwei Legislaturen
beschränkt, per Referendum streichen lassen. Diesmal spielten die
Wählerinnen nicht mehr mit, Evo verlor die Volksabstimmung. Da ihm das nicht
passte, rief er den obersten Gerichtshof an, und der befand - inzwischen
mehrheitlich mit MAS-nahen Richterinnen besetzt - sowohl das Referendum als
auch alle in der Verfassung festgelegten Amtszeitbegrenzungen für ungültig.
[...] «Von Morales' progressiver Agenda ist nichts mehr übrig», resümiert
der Politologe Diego Ayo, berühmt für die Hartnäckigkeit, mit der er
Mauscheleien der MAS-Regierung aufdeckt. Und Ana Rebeca Prada [Anm.
Literaturprofessorin in La Paz] sagt: «Was als Sozialismus proklamiert
wurde, schwenkte bald auf einen autoritären Populismus um, der die
Gewaltenteilung und die Justiz aushöhlt.»
[...] Besonders wütend darüber sind jene, die einst die grössten Hoffnungen
in Morales setzten: die indígenas. Vor allem die «Nationen» der tierras
bajas (des Amazonasbeckens, des Chaco und der Andentäler) fühlen sich
verraten und verkauft, seit ihre Lebensräume durch gigantische - vor allem
den Kokainschmuggel begünstigende - Strassenbauprojekte zerschnitten oder
mit der Parole «Mutter Erde bietet uns ihre Ressourcen dar» (O-Ton Morales,
März 2019) den Konzernen zum Plündern überlassen werden.
[...] Morales und seine MAS haben ihre Amtsjahre genutzt, um sich so breit
wie möglich zu machen. Das hat Tradition. «Die Oligarchie in Bolivien ist
wie eine Kapsel», sagt der Politologe Ayo: «Es gab Versuche, sie zu
zerschlagen, die aber jedes Mal darauf hinausliefen, dass die Revolutionäre
dann selbst mit in der Kapsel sassen.»
Und so sitzen dort heute auch die organisierten Cocabauern und
Minenarbeiter, die Evo an die Macht brachten - während die MAS, wiederum in
Ayos Worten, «zu einer konservativen Partei geworden ist, die den Status quo
festschreiben will».
https://www.republik.ch/2019/05/11/wird-bolivien-das-naechste-venezuela
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